Predigt zur Hochzeit - Licht
Zurück zur Übersicht von: Hochzeit
20. Juli 2013 - Église du Sacré-Coeur, Bourbon-Lancy
1. Licht
- Sonne! Sommer! Süden! Ein teutonisches Paar, das in der Sonne Frankreichs heiratet. Da braucht
es keine weitere Phantasie, um zu verstehen, warum die beiden auf der Suche nach einem
passenden Abschnitt aus dem Evangelium an diesem Text hängen geblieben sind. "Licht" ist darin
die Metapher, die Jesus verwendet und die auch wir noch problemlos verstehen.
Licht als Metapher bedeutet, es kann auch mal dunkel sein, und dennoch alles vom Licht
durchflutet. Wenn L. und C. miteinander im Dunkeln kuscheln, dann ist das eine ebenso
lichtvolle Situation: Denn Licht bedeutet hier, wie Jesus es gebraucht, ebenso Liebe, ja, alles, was
Leben lässt. So würde C. sagen: 'Niemand verliebt sich in L., wird von ihr geliebt, und
dann setzt er sich in einen Winkel, auch nicht unter einen Scheffel, sondern er strahlt von ganzem
Herzen, damit, wer zu Besuch kommt, das Licht sehe.'
- Deswegen braucht es keine Dunkelheit. Das Licht braucht nicht die
Dunkelheit, um Licht zu sein.
Denn ebenso wie die Liebe ist es einfach da - und wo sie fehlen fehlt
was. Keine dualistische Jing-Jang-Weltsicht könnte mich vom Gegenteil
überzeugen. Eure Liebe ist einfach nur schön, wenn
sie da ist, und wenn sie nicht da wäre, würde etwas fehlen. Darin ist
die Liebe und ist das Licht
göttlich. Denn Gott ist der Ursprung und ohne Gott ist nur Nichts. Sucht
ihr nach der Quelle und
dem Ursprung des Lichts und der Liebe, dann wird Euch in dieser Suche
der lebendige Gott
entgegenkommen.
- L. und C. haben dieses Evangelium ausgesucht, weil darin
etwas so allgemein Gültiges,
etwas so universal Verstehbares darin ausgedrückt wird, dass ein jeder
Mensch es im Blick auf
seine eigene Erfahrung ahnen und vielleicht sogar verstehen kann. Diese
Feier, das konkrete Ja-Wort, das die beiden sich geben, ist hier und
heute gleichsam der Brennpunkt dieser universalen
Erfahrung, die das Evangelium benennt: Licht drängt danach gesehen zu
werden, es liegt im
Wesen echter Liebe auszustrahlen.
2. Glauben
- Jesus hat die Sätze, die wir als Evangelium gehört haben, nicht bei einer Hochzeitspredigt
gesprochen. Vielmehr antwortet er mit diesem Bild vom Licht, das ausstrahlt, das die Herzen, die
es erreicht, verändert und das die Dunkelheiten wie von selbst erleuchtet, auf Leute, die zweifeln.
Es sind Leute, die erleben, dass Jesus Menschen heilt und Menschen aus Zwängen befreit; sie
wollen aber nicht glauben, dass darin Gott selbst am Werk ist.
- In der Tat ist das die zentrale Frage des christlichen Glaubens. Es gibt gute Gründe, nicht alles und
jedes, was ich Schönes erlebe, Gott zuzuschreiben. Es gibt gute Gründe, skeptisch zu bleiben,
wenn Gott zu sehr im Mund geführt wird. Genau deswegen gibt es in der jüdischen Tradition das
Verbot, den Namen Gottes auszusprechen.
Nur wenn ich diese Gründe kenne und verstehe, nur im Respekt davor, dass Gott und Welt
verschieden sind, kann ich es wagen, mich an den Glauben heranzuwagen, dass dieser Gott sich
offenbart, dass Gott sich hören und berühren lässt, dass Gott berührt wird durch unser Leben. Es
braucht den Glauben der Skeptiker, der uns lehrt, wie wenig selbstverständlich das ist. Eine
Kirche ohne Skeptiker wäre immer in Gefahr, Gott zu verharmlosen und zu instrumentalisieren,
- Und jetzt, erst jetzt, können wir davon sprechen, was wir heute hier feiern: Das Sakrament der
Gegenwart Gottes in dem, was zwei Menschen einander tun: Sich die Treue versprechen in guten
und in schlechten Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis dass der Tod sie scheidet.
Dies feiern
wir als Sakrament, weil wir daran glauben, dass hier Gott selbst am
Werke ist und hier Gott selbst
handelt. Zwei Menschen die durch die Taufe Königskinder geworden sind,
Erben des Himmelreichs und Kraft der Taufe im Glauben Prinz und
Prinzessin am Thron des Allmächtigen. Sie
tragen durch ihr menschliches Ja-Wort Gottes eigenes Ja-Wort zu uns,
weil sie ganz auf das Ja-Wort vertrauen, das ihnen in der Taufe
zugesprochen wurde. Sie beide leben als Glied der einen
Kirche Gottes und können so heute priesterlich für uns handeln und
einander dieses Sakrament
spenden.
3. Leben
- So weit die Theologie. Der Rest ist Euer Leben. Es soll wie eine Wohnung sein, bei der jeder, der
sie betritt, das Licht sieht, das bei euch zu Hause ist. Dazu legt diese Feier die Grundlage, aber
auch nur die Grundlage. Denn so wenig Gott nur in dieser Feier gegenwärtig ist und später nicht
mehr, so wenig ist das Sakrament der Ehe mit ein Paar Sätzen in der Kirche zu Ende. Vielmehr
kann und will Gott Euch jeden Tag tragen und mit Leben beschenken.
Ihr beide habt auf je verschiedene Weise den Glauben in Eurem Elternhaus erfahren und gelernt,
als eine Beziehung, die trägt. Ihr wollt auch Euren Kindern diese Erfahrung schenken. Das geht
aber weder durch einen Glauben, der auf ein paar selbstverständliche Werte ausgedünnt ist, noch
in der Nachahmung Eurer Eltern. Ihr müsst - und Ihr werdet! - Eure eigene Familie gründen und
Euere eigene Weise zu glauben finden.
- Gerade die Verschiedenheit Eures Zugangs zum Glauben kann dabei Hilfe sein. Die lutherische
und die katholische Tradition, die Taufe zu leben, sollen einander nicht ausschließen, sondern im
Gegenteil bereichern. Ich will das an der bekannten Frage deutlich machen, warum es bislang kein
gemeinsames Abendmahl zwischen Katholiken und Lutheranern gibt:
- In der Alltagsfrömmigkeit der meisten evangelischen Christen hat
die längste Zeit die Feier
des Abendmahls keine Rolle gespielt - in etwa so, wie für die Katholiken
früher die eigenständige Bibellektüre nicht bedeutend war. Wir
Katholiken verdanken den evangelischen
Christen, dass sie uns gedrängt haben, die Bibel neu zu entdecken.
- Ich bin überzeugt, wenn wir Katholiken heute einfachhin trotz aller Unterschiede einem
gemeinsamen Abendmahl zustimmen, würde uns gemeinsam etwas Wertvolles verloren
gehen. Denn dass in der evangelischen Kirche seit Jahren um ein neues und vertieftes
Verständnis des Abendmahles gerungen wird, ist wesentlich dieser katholischen Sperrigkeit zu
verdanken.
- Man kann das daran sehen, dass die in dem Punkt erheblichen Unterschiede zwischen
calvinistischen und lutherischer Abendmahlslehre überhaupt nicht mehr benannt werden - und
das Gespräch darüber verstummt ist. Ich wünsche aber uns Christen, dass wir uns mit unseren
Unterschieden nicht verschonen, sondern bereichern. Das setzt, ich weiß, Interesse und
Offenheit für einander voraus.
- C., löchere also Deine L., bis sie Sprache und Worte dafür findet, was die Heilige
Messe für sie bedeutet. Hilf uns Katholiken zu sehen, wie oft wir die Heiligen Dinge zu
selbstverständlich nehmen und nicht mehr fragen, was sie im realen Leben bezeichnen. -
L. bleib mit deinem C. auf der Suche, wie selbstbewusstes, in Freiheit gelebtes
Christentum all die Zeichen und Formen, die uns Katholiken so wichtig sind, mit Leben
erfüllt.
- Lasst Euch erfüllen von dem was ihr feiert. Lasst Euch in Licht und Liebe verwandeln von dem,
der Euer Licht und der selbst Liebe ist. Baut auf den Grund, der Euch als Erben zuteil geworden
ist, und baut ein Haus darauf, das so viel Licht ausstrahlt, dass es jedem, der eintritt, mit Freude
und Dankbarkeit erfüllt, dass es Euch gibt und das Ihr zueinander gefunden habt in der Heiligen
Ehe! Amen.