Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 1. Fastensonntag Lesejahr C 2016 (Lukas / Hl. Valentin)

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14. Februar 2016 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Liebe pflegen

  • Der Ausdruck 'Liebe machen' ist unschön und vermutlich auch unzutreffend. Wessen Erfahrung das widerlegt, möge sich melden. So lange gehe ich davon aus, dass man Liebe nicht 'machen' kann, sondern nur als Geschenk empfangen (wie und von wem auch immer). Sehr wohl aber kann und sollte man Liebe pflegen und bewahren und alles dafür tun, dass sie wachsen kann.
  • Zum Beispiel 40 Tage in die Wüste gehen und fasten, wie Jesus. Der Vergleich ist nicht nur dem Umstand geschuldet, dass dieses Jahr das Fest des Heiligen Bischofs Valentin, des Patrons der Liebenden, mit diesem Evangelium vom Ersten Fastensonntag zusammen trifft. Vielmehr ist es ein bereits biblisches Bild, dass Gott sein Volk wie eine geliebte Braut aus Ägypten loskauft und - immer noch aus Liebe - in die Wüste führt, vierzig Jahre. Die Wüste 'macht' die Liebe nicht, aber sie ist der Ort der Vertiefung, der Neuentdeckung, der Belebung und der Erprobung - und dabei auch der heilsamen Relativierung. Deswegen kann es heißen: "Der Geist führte Jesus", und "erfüllt vom Heiligen Geist" ging Jesus in die Wüste. Es ist Liebe, die ihn dort hin führt, weil er bereit ist, sich dem Abgründigen im Menschen zu stellen, Mensch wie wir.
  • So ist dieses Jahr der Hl. Valentin am Beginn der Fastenzeit eine Einladung, sich vom Geist führen zu lassen; wenn es Zeit ist auch in die Wüste, in Stunden oder vielleicht auch mal Tage der Stille, mal ohne Programm und offline, sich dem stellen, was hoch kommt, wenn Sie in dieser Weise mit sich selbst Kontakt aufnehmen. Die Wüste kann in einer liebenden Beziehung auch die Zeit sein, in der zwei einander zutrauen über das zu sprechen, was ihnen sonst zu heikel scheint. Und am Anfang einer Zeit der Erprobung kann der von Gott geschenkte Segen stehen, mit dem man sich aufmacht.

2. Dreifacher Hunger

Nach vierzig Tagen Fasten habe Jesus Hunger gehabt. Das ist nachvollziehbar. Aber es meint mehr. Die vierzig Tage haben Jesus mit seinem tiefsten Hunger, mit Sehnsucht und Versuchbarkeit konfrontiert. Die drei Versuchungen stellen echte Erprobungen dar, weil sie nicht einfach Gut versus Böse, Schwarz versus Weiß sind, sondern erst im Gebet und Nachdenken erkannt werden kann, wann etwas zur Versuchung wird.

  • Die erste Erprobung ist, den geliebten Menschen zu umsorgen; im Bild: Als Beweis meiner Liebe, aus Steinen Brot machen zu wollen. Man müsste sich selbst fragen: Liegt vielleicht das Motiv für das Umsorgen nicht so sehr bei der Not des anderen, als vielmehr bei mir selbst? Habe ich möglicher Weise Angst vor den Steinen, die im Weg liegen, also vor dem Harten und Widerständigen in der Beziehung?
    Brot steht für all das, was Leben grundlegend ermöglicht. Brot zu geben ist gut. Aber es braucht auch den Sinn für die Grenze, wo nicht mehr alles mit einem guten Abendessen vergessen gemacht werden kann. Die Steine haben ihre Berechtigung, wenn sie uns helfen, gemeinsam aufmerksam zu werden auf "das Wort, das aus Gottes Mund kommt". Die Liebe wächst allein dort, wo sie auch fähig ist, sich selbst im Hören auf den Ruf zu vergessen, der über das Vertraute hinaus geht.
  • Der Lieblingssatz der zweiten Versuchung der Liebe ("All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben") lautet: 'Ich will ja nur dein Bestes'. Das ist ohne Zweifel gut gemeint und löblich. Aber es ist zugleich schnell übergriffig. Hier nimmt sich der eine heraus zu wissen, was gut für den anderen gut ist. Aber darin spielt weniger eine Rolle, was tatsächlich gut für andere ist, als die eigene Rolle und Bedeutung, dessen der es doch nur gut zu meinen scheint. Der Satan bietet Jesus "alle Reiche der Erde" an, dass der wohlmeinende Jesus allein sie beherrsche; aber es ist immer noch Satan, von dem das Angebot kommt.
  • Die dritte Versuchung ("Stürz dich von hier hinab; denn seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten") ist, die Liebe zu einem Menschen zu verabsolutieren. Dabei wird die Liebe und der Partner notwendig überfordert. Sie oder er wird quasi zu Gott gemacht. Die Versuchung sagt: Wenn du liebst, dann "stürze dich hinab", denn die Liebe verspricht dir doch, "dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt".

3. Allein Gott

  • Jesus weist alle drei Vorschläge des Versuchers zurück, indem er Gott im Spiel lässt. Der Versucher verdreht, was in sich gut ist. Ja, Gott hat die Welt gut geschaffen; doch dort wo wir die Dinge bewusst oder unbewusst gegen Gott kehren, wo wir das Endliche verabsolutieren, dort zeigt sich, dass wir beginnen, das in sich Gute und den anderen Menschen für unsere eigenen Zwecke zu missbrauchen.
  • Es ist gut, in der Liebe für einander da zu sein und zu sorgen. Es ist gut, für den anderen das Beste zu wollen. Es ist gut, sich einem geliebten Menschen ganz anzuvertrauen. All das ist gut und ein Geschenk des Gottes, dessen Wesen Liebe ist. Wir müssen es nur hinein nehmen in einen größeren Horizont als nur unsere emotionalen Bedürfnisse.
  • Wenn Sie all das Gute unter Gottes Segen stellen, dann haben sie durch diese Erprobung ihre Liebe neu begründet und gestärkt.
    Am Schluss des Evangeliums heißt es: "Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel eine gewisse Zeit von Jesus ab". Das hat etwas tröstlich Realistisches. Wo immer ein Mensch sich auf das Wagnis der Liebe einlässt, wird er auch immer wieder solchen Versuchungen begegnen. Doch man muss ihnen nicht erliegen. Es geht auch anders. Mit Gottes Segen. Amen.