Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 13. Sonntag im Lesejahr A 2002 (Matthäus)

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30. Juni 2002 - Universitätsgottesdienst Frankfurt/Main,

1. Aufgepasst!

  • Es kostet höchste Aufmerksamkeit. Wer nicht schnell genug ist, geht leer aus. Den ersten Platz gibt es nur ein Mal. Die besten Ränge sind knapp. Wer vorne dabei sein will, muss flink sein. Flexibilität, Leistung, Erfolg sind gefragt. Wer sein Leben gewinnen will, muss es sich verdienen.
  • Es kostet höchste Aufmerksamkeit. Wer nicht achtgibt hat schnell verloren, was er sein nennt. Reichtum schmilzt wie Schnee in der Sonne und Einfluss vergeht wie ein Echo sich zwischen den Felsen verliert. Wer sein Leben nicht festhält, wird es verlieren.
  • Es kostet höchste Aufmerksamkeit. Die Botschaft ist so unwahrscheinlich. Sie widerspricht aller Erfahrung und Gesetzmäßigkeit: "Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen."

2. Paradox

  • Gute Gründe, das heutige Evangelium als für sich selbst irrelevant bei Seite zu schieben, gibt es genug.
    • Die Rede Jesu richtet sich an die auserwählten Zwölf. Beruhigend, dass es nur eine Auserwähltenbotschaft ist.
    • Überhaupt: In dieser Radikalität kann die Forderung Jesu gar nicht aufrecht erhalten werden.
    • Und zum Teil ist die Zumutung generell zurück zu weisen. Was bildet sich Jesus ein, wenn er die Liebe zu Vater und Mutter, zu Tochter und Sohn derart relativiert: "Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen."
  • Gegen all diese klugen Einwände hat Jesus nicht mehr vorzubringen als ein Paradoxon. Wer gewinnen will, wird verliert. Wer aber real den Verlust erleidet, trägt den Gewinn davon. Unterhalb der Messlatte dieses Paradoxon ist nicht nur der christliche Glaube nicht zu haben. Wer dieses Evangelium ignoriert, wer gar bewusst dagegenhandelt, gewinnt nicht besitzt nicht, sondern verliert.
  • Jesus will seine Jünger, die er ausschickt, nicht erschrecken und nicht entmutigen. Im Gegenteil!
    Die Erfahrung könnte mutlos machen. Gerade wenn man alle Kraft einsetzt, entgleitet allzu leicht das Wichtigste. Wer mit aller Kraft versucht, einen Menschen festzuhalten, dem entgleitet er. Einsamkeit lässt sich durch Geldeinsatz nur kaschieren, nicht überwinden. Wie ein Don Michael Corleone, nachdem er alles getan hat, um seine Familie zu bewahren, sich am End vereinsamt findet, weil er in seiner übermächtigen Rolle weder seiner Frau noch seinen Geschwistern Raum zum Leben gelassen hat.

3. Das Leben gewinnen

  • Jesus fordert nicht dazu auf, Vater, Mutter, Tochter, Sohn, gar das eigene Leben zu verwerfen. Er zeigt nur den Weg, diese zu gewinnen. Jesus kann dies, weil er selbst die Praxis lebt, Menschen zu begegnen und sie nicht zu benutzen.
    Das Leben ist nicht zu machen. How to make friends ist ein Irrweg. Liebe lässt sich so wenig machen wie Sinn. Wir kranken daran, dass alles keinen Sinn mehr ergibt. Es macht nur noch Sinn. Oberflächlich. Wo Sinn gemacht wird, da liegt er nicht in der Kraft der Sendung. Sinn ist dann zerronnen zur Bezeichnung des eigenen Vorteils.
  • Jesus sendet nicht und bleibt selbst zu Hause. Seine Botschaft ist sein Leben. Loslassen von der Geborgenheit des Elternhauses, Verzicht auf die Lebensversicherung, die Sohn und Tochter zur damaligen Zeit dargestellt haben, dieses Loslassen ist Bedingung, um das Leben und die Liebe der Familie zu gewinnen. Jesus verbindet seine Sendung und seine göttliche Autorität mit dieser Einladung zum Loslassen. In seiner Person bietet sich Gott an als Grund des Vertrauens.
  • Die Angst vor dem Verlust schafft den Verlust. Die Freiheit Jesu schenkt die Gemeinschaft. Die Angst vor dem Tod versklavt an den Tod. Der vertrauende Glaube an den menschgewordenen Gott, eröffnet das Leben. Amen.