Predigt zum 3. Sonntag der Osterzeit Lesejahr C 2007 (Apostelgeschichte)
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22. April 2007 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius
1. Gehorsam kann eine Tugend sein
- Gehorchen kann eine hervorragende Tugend sein. Es kann auch ein
schreckliches
Laster sein. Das allein ist Grund genug, sich dies genauer
anzuschauen. Denn
je nachdem, ist gehorchen einfach das willenlose Ausführen von
Befehlen
oder "hörendes Tun". Denn eben dies dürfte der Grund der Wortbildung
"Ge-horchen" sein, dass es eine Form des Horchens ist.
- Das griechische Wort verschärft diesen Zusammenhang. Es könnte
wörtlich
gelesen werden als "dort den Anfang nehmen, wo ich überzeugt bin" oder
"aus Überzeugung Herrschaft annehmen", denn das griechische Wort setzt
sich aus den Stämmen für "Überzeugen" und "Anfang" zusammen,
letzteres kann dann auch Herrschaft bedeuten. Gehorchen ist also eine
innere
Einstellung, die zum Tun wird. Wenn dieser Tage öffentlich einem Täter
des Naziregimes aufgrund unterstellter innerer Haltung bescheinigt
wurde, "ein
Gegner" des Naziregimes gewesen zu sein, zeigt das, wohin die
Verwirrung führt,
wenn nicht mehr klar ist, was Gehorchen bedeutet.
- "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen". Diesen
Satz, der
von Ferne an Sokrates erinnert, halten Petrus die Apostel den
Sadduzäern
im Hohen Rat vor. Diese hatten sie wegen ihrer Predigt über die
Auferstehung
ins Gefängnis werfen lassen. Zu gefährlich schienen dem Rat Leute,
die öffentlich davon sprechen, dass Gott einen Menschen rechtfertigt
und
auferstehen lässt, der nach Recht und Gesetz als Verbrecher
hingerichtet
worden war. An der Auferstehungsfrage scheidet sich rechter von
falschem Gehorsam.
2. Falscher Gehorsam ist tödlich
- Falsches Gehorsamsdenken ist tödlich. Es tötet die Selbstständigkeit
und Würde des Menschen, weil das Handeln und die Überzeugung
auseinander
brechen, wenn ich etwas tue, nur weil es so im Gesetz steht und weil
es so befohlen
wird. Auch wenn ich vielfach in Strukturen und Abhängigkeiten lebe,
dort
wo dieses Denken bestimmend wird, ist etwas Wesentliches kaputt
gegangen. Das
gilt im privaten und im öffentlichen Bereich und ganz besonders auch
im
religiösen Bereich.
- Es scheint einen ganz tiefe Neigung zum Machtmissbrauch im Menschen
zu geben.
Heute geht man davon aus, dass fast jede zweite Frau und jeder zwölfte
Mann als Kind missbraucht wurde. Diese Zahlen wurden - und werden -
gerne verdrängt
oder geleugnet. Dabei werden diese unzähligen Kinder Opfer von
Erwachsenen,
meist Männern aber auch Frauen, die Genuss daraus ziehen, geistig und
körperlich
unterlegene Kinder zu zwingen, ihnen zu Willen zu sein. Nicht wenige
sind dadurch
tief traumatisiert und werden auf diese Weise erzogen, den Mächtigen
gegenüber
gehorsam zu sein. Es beginnt in der Familie, im Nahbereich, auch in
der Kirche,
und verbiegt Menschen für ihr Leben. Wer so als Kind zum Gehorsam
gezwungen
wurde, kann durch das Evangelium erfahren, dass Gott zum
eigenständigen
Leben auferstehen lässt - auch wenn das ein schmerzhafter Prozess ist.
- Im öffentlichen Bereich könnte Studiengebühren ein Thema sein.
Viele Studenten - in der Anfangsphase waren es Tausende - haben die
Pläne
der Landesregierung nicht einfach schlucken wollen. Auch wir von der
KHG haben
uns engagiert, weil wir sehen, was diese rasenmäherartig-pauschalen
Gebühren
für viele, zumal ausländische Studierenden bedeutet. Natürlich
gibt es in vielen Ländern Studiengebühren, auch an kirchlichen
Universitäten.
Aber das darf nicht eine Kopfpauschale sein, wie sie bei uns jetzt
kommt. Hier
war jeder herausgefordert, sich nicht vorschnell zu beugen. Zugleich
ist das
aber auch eine Erfahrung der Machtlosigkeit. Gerade aber im Sinne der
Opfer
dieser Gebühren ist es mir wichtig deutlich zu sagen, dass nicht Recht
hat, wer die Macht hat. Man darf Opfer nicht auch noch zwingen, dem
zuzustimmen,
was ihnen angetan wird.
3. Gehorsam dem Heiligen Geist
- Es geht hier um den Kern des Glaubens. Die Apostel werden ins
Gefängnis
geworfen, weil sie die Auferstehung Jesu predigen. Gottes Engel aber
- so
fasst es die Apostelgeschichte zusammen - befreit sie daraus, damit
sie
sich hinstellen und die "Worte des Lebens" mutig und offen im
Tempel
verkünden (Apg 5,20).
- Diesen Menschen schenkt Gott seinen Geist, den Geist, "den Gott
allen
verliehen hat, die ihm gehorchen". Dieser Gehorsam ist der
Schlüssel.
Es ist das Gehorchen, das horcht, das hinhört auf Gottes Wort im
Gebet,
in der Meditation der Heiligen Schrift und im Hinhören auf die Zeichen
der Zeit. Es ist gerade nicht das blinde Gehorchen dem Buchstaben,
willkürlich
ausgesuchten Bibelzitaten oder Anmaßungen auch kirchlicher
Würdenträger,
sondern das Hören auf Gott, der uns in Christus begegnet.
- Gott schenkt uns seinen Geist, aber er implantiert uns nicht einen
Kommandochip
ins Gehirn. Gottes Geist erfahren wir im Dialog mit Gott, im Hinhören
und
im Tun. Dieses Tun lässt sich dann nicht entmutigen. Ja, die
- Apostel freuten sich sogar, "dass sie gewürdigt worden waren,
für
Jesu Namen Schmach zu erleiden". Denn dieses Schicksal verbindet
sie nur
noch tiefer mit dem, der das Kreuz erlitten hat und der von Gott
dennoch auferweckt
wurde, damit auch wir aufrecht stehen vor Gott. Amen.