Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 18. Sonntag im Lesejahr C 2010 (Lukas)

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1. August 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg (Sa 18 So 19.30 Uhr) St. Elisabeth (So 12 Uhr englisch)

 

1. Aufteiler

  • So manche Familie hat sich schon über Erbschaftsfragen zerstritten. Das scheint zur Zeit Jesu nicht anders gewesen zu sein: "Einer aus der Volksmenge bat Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen." Offensichtlich hatte der Mann Streit mit seinem Bruder. Er erhofft sich nun eine Entscheidung Jesu. Wenn diese zu seinen Gunsten ausgefallen wäre, hätte der Fragesteller vielleicht sein Erbteil; dass aber der Familienfriede darüber wieder hergestellt wäre, wage ich zu bezweifeln.
  • Kluger Weise lehnt Jesus die ihm zugedachte Aufgabe ab: "Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter bei euch gemacht?" Gott ist nicht Mensch geworden, um uns ein Rechtssystem mit Erbschaftsrecht zu diktieren. Wörtlich sagt Jesus nicht "Schlichter", sondern fragt: "Wer hat mich zum Richter und Aufteiler bei euch gemacht". Der Mann will, dass das Erbe aufgeteilt wird; Jesus aber führt Menschen zusammen. Seine Sendung ist nicht etwas Bestehendes zu zerstören indem er es aufteilt. Jesus schafft Neues durch echtes Miteinander-Teilen.
  • Die zwei Formen des Teilens sind in der Tat kennzeichnend.
    • Die einen wollen möglichst alles aufteilen, um für sich einen abgesteckten Privatbereich zu haben. Privatbesitz ist für sie dazu da, etwas für sich zu haben.
    • Dagegen steht die Botschaft des Evangeliums. Der wahre Reichtum ist der, den ich mit anderen teilen kann. Glück und Genuss stellt sich immer dann erst ein, wenn man es zusammen mit anderen haben kann. Sie teilen nicht für sich etwas ab, sondern teilen etwas mit anderen.

2. Selbstgespräche

  • Jesus macht das mit einem Beispiel deutlich. Ein reicher Mann, erwartet eine übergroße Ernte, durch die er materiell ausgesorgt haben dürfte. Ein Glücksfall für ihn. Es hätte sogar ein Fall von Glück sein können. Aber statt dessen igelt sich der Mann in sich selbst ein. Mit sich selbst, mit sich und "seiner Seele", also seinem Innersten, hält er eifrig Zwiesprache. Andere Menschen sind nicht in seinem Blickfeld.
  • Genau so erbärmlich sind seine Ziele. Es reicht ihm nicht, an seine bestehenden Scheunen anzubauen. Er plant alles abzureißen, um für sich übergroße Scheunen zu bauen, um für den Rest seines Lebens autark zu sein. "Ruh dich aus, iss und trink, und freue dich!" könnte auch einer Philosophie der Gelassenheit entspringen. Aber hier ist es nur Windhauch, eitle Nichtigkeit, die nichts sieht als sich selbst. Nicht einmal die Arbeiter, die die Ernte des Grundbesitzers einbringen müssen, kommen ihm in den Sinn.
  • Jetzt aber geschieht es: "Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern." Jesus erzählt das so, als würden die Selbstgespräche des reichen Mannes unterbrochen dadurch, dass Gott ihn anspricht. Gott spricht aus, dass um den Mann herum einsame Nacht ist. Gott kündigt an, was schon längst Realität ist: Dieser reiche Mann lebt im Tod. In all seinen Plänen ist er schon wie ein Toter, weil keine Beziehung, keine Liebe mehr in ihm ist. "So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist." Denn Gott lässt sich nicht aufteilen und besitzen. Gott ist Liebe, die sich nur erfahren lässt mit mitteilen und mit einander teilen.

3. Glück

  • Wenn wir uns gegenüber Gott und dem Nächsten versperren, ist das die Sünde wider den Heiligen Geist, die nicht geheilt werden kann (vgl. den dem heutigen Evangelium vorausgehenden Vers Lk 12,10), weil wir niemanden mehr an uns heran lassen. Der Mann, der Jesus anspricht, weil er das Familienerbe aufgeteilt sehen möchte, ist für Jesus Anlass, uns vor trügerischem Wohlstand zu warnen, der den Weg zum Glück versperrt.
  • Drei Anregungen auf dem Weg zum Glück entnehme ich dem heutigen Evangelium.
    • Erstens: Das, was wir über das Notwendige hinaus haben, vom eigentlich Notwendigen unterscheiden; sehen, dass wir uns daran nicht binden müssen, sondern frei darüber verfügen können.
    • Zweitens: Jedes Glück, das wir erfahren, als das Geschenk sehen, das es ist. Das gilt insbesondere auch für das Glück, für das wir selbst kräftig gearbeitet haben. Die Fähigkeiten und Kräfte, sozusagen unser "Investitionskapital", ist Gottes Geschenk an uns.
    • Drittens: Von jedem Glück und jeder Freude, die ich habe, jemand anderem etwas mitteilen - und das in dem doppelten Sinn, es anderen mitzuteilen und mit anderen zu teilen. Gerade wenn wir beginnen, auch vor uns selbst daraus kein großes Aufheben zu machen, sondern ganz selbstverständlich mitzuteilen, werden wir erfahren, dass das bleibende und wahre Glück nur das ist, das ich mit anderen teile.
  • Für uns ist das keine abstrakte Lebensweisheit. Vielmehr ist die Kommunion in der Heiligen Messe genau die Erfahrung, dass unser Gott sich mitteilt, ja, sich im Brotbrechen selbst teilen lässt, um uns teilhaben zu lassen an seiner Gottheit, seinem Glück. Amen.