Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt 2. Adventssonntag Lesejahr C 2009 (Lukas)

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6. Dezember 2009 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Ein besonderer Engel

  • Engel sind unverzichtbare Zutaten zum Weihnachtsfest. Der Engel Gabriel verkündet die Geburt des Heilands und Engel singen auf den Feldern der Hirten. Das alles sagt: Es herrscht zur Zeit reger Kontakt zwischen Himmel und Erde. Gottes Engel sind unterwegs.
  • Da könnte man fast übersehen, dass auch im heutigen Evangelium ein Engel auftritt. Es ist der Täufer Johannes. Zugegeben, auf den ersten Blick sieht er nicht aus, wie wir uns Engel vorstellen. Das liegt aber an unserer Vorstellung. Denn nirgends steht geschrieben, dass Engel wie Dekorationsware auf dem Weihnachtsmarkt aussehen müssen. Nur das eine kann als von den Engeln als sicher gelten, dass sie das sind, was ihr Name "anglos" sagt: Boten.
  • Engel sind Boten Gottes für uns Menschen. Und eben das ist Johannes. Auf ihn deutet die Tradition den Vers beim Propheten Maleachi: "Seht, ich sende meinen angelos, meinen Boten; er soll den Weg für mich bahnen." (Mal 3,1). Der Bote bahnt Gott den Weg. Kein Engel tut dies wie der Täufer Johannes: Lest, "was im Buch der Reden des Propheten Jesaja steht: Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg!"

2. Den Weg bereiten

  • Noch ist der Weg also versperrt. Berge hindern Gott, und Täler trennen uns von ihm. Nicht Gott will uns fern sein, im Gegenteil. Die Hindernisse kommen von unserer Seite. Berge von Sorgen türmen wir auf, und Abgründe in uns stehen zwischen uns und dem Heil, das Gott uns schenken will.
  • Der Täufer Johannes steht am Jordan. An dieser Stelle kommen die Pilger vorbei, die auf dem Weg nach Jerusalem sind. Johannes muss ihnen nicht erklären, dass es Gott gibt und dass Gott barmherzig ist. Der Täufer ist kein Erstverkündiger. Er spricht die Menschen an, deren Seele der Engel Gottes schon berührt und bewegt hat. Sie sind auf dem Weg nach Jerusalem, um im Tempel zu opfern.
  • Den Suchenden predigt Johannes. Bevor das Opfer im Tempel Frucht bringen kann, müssen sie selbst etwas opfern: ihren Hochmut, ihren Mangel an Vertrauen, ihre Hektik und Oberflächlichkeit. Diesen Menschen predigt Johannes "Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden", die besondere Johannes-Taufe, in der sich der Mensch seiner Schuld stellt und Gott im Wasser des Jordans um Reinigung bittet.

3. Jerusalem entgegen

  • Der Dienst des Johannes wird auch heute gebraucht. Wir brauchen Engel wie ihn. Jeder Christ ist dazu berufen. Die orthodoxe Ikonenmalerei stellt Johannes als Engel dar. Ihm zu Füßen wird das abgeschlagene Haupt gezeigt. Das verweist darauf, dass Johannes den Konflikt mit dem König Herodes nicht ausweicht, auch wenn es ihn etwas kostet. Johannes selbst aber schaut zum Himmel; er hat Christus fest im Blick. (siehe www.theologic.com)
  • Zur Vorbereitung von Weihnachten gehört dieser Dienst des Johannes. Der Konflikt, dem er sich stellt, geht dem Weihnachtsfrieden voraus. Neben die eigene Umkehr muss die Bereitschaft treten, im Blick auf Christus und seine Liebe, Konflikt anzugehen, auch in der Familie, auch in der Kirche. Gerade in der Kirche, gerade auch bei Pfarrern und Bischöfen fällt es oft schwer, Konflikte zu benennen und auszutragen. Dabei wäre das lebendige Verkündigung: Im deutlichen Wissen um die eigenen Fehler und den Balken im eigenen Auge doch auch dort klar zu bleiben, wo verdeckte Konflikte zwischen uns schwären. Je näher Weihnachten rückt, desto mehr wächst die Bereitschaft zu faulem Frieden. Dabei ist doch genau das oft die Ursache, warum Weihnachten so selten ein Fest der Versöhnung und so oft eine Enttäuschung ist.
  • Der Täufer Johannes ist der Engel auf dem Weg nach Jerusalem. Sicher ist dieser Engel nicht immer schön anzuschauen. Aber er ist heilsam. Wer sich diesem Engel stellt, kann hinaufziehn zur Stadt Gottes, für die der Prophet Baruch in der heutigen Lesung voll Hoffnung schwärmt: "Gott gibt dir für immer den Namen: Friede der Gerechtigkeit". Dieser Jubel, diese Stadt, diese Freude ist das Ziel des Weges. Amen.