Predigt zum 2. Sonntag der Osterzeit Lesejahr C 2013 (Johannes)
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7. April 2013 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Gleich zu Beginn ein unglaubwürdiger Papst
- Der Papst hat sich durch sein Fehlverhalten unglaubwürdig gemacht; selbst seine eigenen Leute
glauben ihm nicht mehr, wenn er von Jesu Auferstehung spricht. Thomas mag ihm nicht glauben,
diesem Petrus, der drei Mal leugnete Jesus auch nur zu kennen, als dieser verhaftet worden war.
- Die Osterbotschaft ist offenbar unglaubwürdig. Sie war es von Anfang an. Dass Jesus hingerichtet
wurde, war ein öffentliches Faktum. Jeder konnte es mitbekommen. Aber die Botschaft drei Tage
später, dass er lebe, stößt von Anfang an auf ein Glaubwürdigkeitsproblem. Die Jünger - und
Petrus ist unter ihnen zu denken - sagen "Wir haben den Herrn gesehen!". Doch Thomas,
immerhin einer aus dem engsten Kreis, glaubt ihnen nicht. Dabei ist müßig zu spekulieren, ob er
nicht glauben kann oder nicht glauben will; es ist jedoch interessant, darüber nachzudenken, ob es
an der Botschaft oder an den Boten liegt, dass Thomas nicht glaubt.
- Die Glaubwürdigkeit der Boten kommt zuerst. Zwar kann mir etwas glaubwürdig vorkommen,
auch wenn der Bote, durch den ich es zuerst erfahre, unglaubwürdig ist. Doch zunächst hängt es an
der Glaubwürdigkeit des Boten, ob ich überhaupt die Zeit investiere zuzuhören.
Die Glaubwürdigkeit dieser Boten steckt in der Krise. Die Jünger - und Petrus voran - haben sich
unglaubwürdig gemacht. Die Krise ihrer Glaubwürdigkeit steht somit bereits am Beginn der
Kirche. Es war Petrus, der Jesus verleugnet hat. Es waren die Herren Jünger fast ausnahmslos, die
sich abseits hielten, als es gegolten hätte, unter dem Kreuz auszuharren.
2. Glaubwürdigkeitskrise
- Die Kirchenleitung hat - zumindest in unserem Kulturkreis - ihre Glaubwürdigkeit verloren. Sie
hat das schon lange, wenn es um wichtige Fragen der Moral geht. Aber die Botschaft der Kirche
hat ausweislich aller Statistiken und Umfragen auch ihre Glaubwürdigkeit verloren, wenn es um so
zentrale Fragen wie die Auferstehung Jesu geht. Das berührt den Kern, denn auch viele Getaufte
teilen vielfach nicht die Glaubensbotschaft, wie sie in der Liturgie und im Katechismus formuliert
ist.
- Die Glaubwürdigkeitskrise berührt häufig nicht die Gemeinde vor Ort, auch häufig nicht den
Pfarrer. Vielmehr ist das Vertrauen in die örtliche Kirche sehr groß. Aber dies widerspricht dem
Bild der Kirche in den Medien - mit dem bemerkenswerten Resultat, dass die eigene Erfahrung als
Ausnahme angesehen wird, weil das über die Medien verbreitete Bild ja stimmen müsse. Wenn die
Kirche vor Ort glaubwürdig ist, in den Medien aber ein anderes Bild gezeichnet wird, bleibt nur
die Schlussfolgerung, der eigenen Erfahrung zu misstrauen.
- Umso größer das Aufatmen mancher, wenn sich ein Silberstreif am
Horizont abzuzeichnen
scheint, dass "die Kirche" wieder glaubwürdig werden könne, wenn nur der
neue Papst glaubwürdiger sei. Da ist mir mehreres suspekt:
- Erstens. Im Glauben geht es um mein Leben mit Gott. Auch wenn das
immer auch Gemeinschaft bedeutet, kann es doch nicht von einem da oben
an der Spitze der Hierarchie abhängen,
ob ich glaube.
- Zweitens. Die ganze Kategorie der Glaubwürdigkeit ist
problematisch. Scheinbar müssen
Politiker heute weniger gute Politik machen, als 'glaubwürdig' zu sein.
Im Februar 2010 saß ich
bei einer Abendveranstaltung neben einer evangelischen Kollegin. Sie
flüsterte mir schreckensbleich zu, Margot Käßmann, die Ratsvorsitzende
der EKD sei erwischt worden, wie sie
betrunken über eine rote Ampel gefahren sei. Ich, der Katholik, wartete
auf die Pointe der
Erzählung. Offenbar ist für manche Christen auch für eine Bischöfin
Glaubwürdigkeit ein
zentrales Kriterium (durch Scheidung und Wiederverheiratung von Frau
Käßmann ist ihre
Glaubwürdigkeit im Urteil mancher sogar gestiegen).
- Drittens. Die Formulierung, die Kirche müsse "wieder glaubwürdig" werden suggeriert, dass
die gemeinte Glaubwürdigkeit früher gegeben gewesen sei, in der guten alten Zeit. Ich habe da
meine Zweifel. Zu der Glaubwürdigkeit, die erfolgreich totschweigt, was ihr widerspricht, will
ich nicht zurück.
3. Die Wunden Jesu
- Die Bibel räumt den Zweifeln des Thomas viel Raum ein. Hier scheint etwas zentrales beschrieben
zu werden. Thomas zweifelt, als er die begeisterten Jünger hört. Zu sehr ist ihm in Erinnerung,
dass diese wie er sich - wie wir heute sagen - unglaubwürdig gemacht haben. Thomas bleibt
skeptisch gegenüber einer glaubensbegeisterten Jüngergruppe.
- Die Frage des Thomas ist dem gegenüber die richtige: Wo sind die Wunden? "Wenn ich nicht die
Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel
und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht." Ohne das, was Menschen Jesus
angetan haben, ist dieser nicht der lebendige Gottessohn, an den Thomas glauben kann und will.
- Jesus bestätig Thomas in diesem Punkt. Er fordert ihn auf, die
Wunden zu berühren. Die Auferstehung ist nicht glaubwürdig als
Spektakel. Sie ist glaubwürdig allein durch das Kreuz, das der
Auferstandene getragen und erlitten hat. Die Boten dieser Auferstehung
sind nicht sonderlich
glaubwürdig; aber ihre Botschaft kann es sein und war es zu allen
Zeiten. Unglaubwürdige, ja
sogar verbrecherische Boten haben das Evangelium von Kreuz und
Auferstehung weiter getragen.
Gott selbst aber hat Menschen würdig gemacht, diesem Evangelium zu
glauben. Amen.