Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 2. Sonntag im Lesejahr A 2008 (Jesaja)

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20. Januar 2008 - Universitätsgottesdienst St. Antonius, Frankfurt a.M.

1. Berufung zum Kuppler

  • Kuppler nennt man's, wenn einer Männlein und Weiblein zusammenbringt. Lobbyist werden Leute genannt, die Verteidigungsminister mit Rüstungskonzernen bekannt machen. Beides sind wenig angesehene Tätigkeiten (wenn auch Lobbyisten unter Umständen gut bezahlt werden). Kann es eine Berufung sein, jemand mit jemand 'bekannt zu machen'? Ist 'Kuppler' eine Berufung?
  • Berufung ist Zufall: sie fällt uns zu. Wir greifen unsere Berufung nicht aus dem vollen Katalog aller Möglichkeiten. Das endlose Stöbern und nur zaghafte Mitbieten bei eBay ist das Gegenteil von Berufung. Die Situation die ruft "Hallo, ich brauche dich!", der Beruf der sagt "Da bist du ganz gut, in dem was du machst!", der Mensch, der fragt: "Bist du da für mich?" - All dies ist Zufall und Berufung zugleich, es fällt uns zu, und gerade darin ruft uns Gott.
  • Studieren kann daher Berufung sein, eine Freundschaft kann Berufung sein, einem Menschen ganz nebenbei zur Seite zu stehen - all das ist ebenso Berufung, wie die großen Aufgaben. Zur Berufung wird es dort, wo ich beginne, die Situation als Gegenwart Gottes zu verstehen und die Aufgabe ergreife und annehme - und wo es angenommen wird. Denn Du musst dich zu deiner Freundin ebenso entscheiden wie sie sich für dich. Erst dann kann aus dem Zufall einer Begegnung die Berufung zur Ehe werden. Du musst dich für eine Ordensgemeinschaft oder das Leben als Priester ebenso entscheiden, wie die Kirche für dich. Du musst dich für dich für die Arbeit als Investmentberater ebenso entscheiden wie dein Chef oder deine Kunden für dich. So wird aus einem Studium und einem Job die Berufung, eine Arbeit wirklich gut und verantwortungsvoll zu machen.

2. Kuppler zwischen Gott und seinem Volk

  • Der Täufer Johannes ist zum Kuppler berufen. Wir wissen nicht, welcher Zufall es war, durch den Gott ihn und nur ihn berufen hat. Vielleicht hat Johannes miterlebt, wie der Onkel, von dem alle in der Familie immer nur mit Hochachtung sprechen, dessen Tagelöhner schamlos ausgebeutet hat, und zugleich hat Johannes gelesen, was die Thora gebietet. Aus diesen Erfahrungen werden Propheten geboren.
  • Vielleicht hat ihn das aufgerüttelt und hinausgetrieben in die Wüste, wo ihm klar geworden ist: das war nicht nur Zufall. Gott möchte, dass er, Johannes, das Volk Gottes bekannt macht mit dem Heiligen Gottes. Johannes wird durch sein eigenes Erleben und durch sorgfältiges Studium der Hl. Schriften dahin gekommen sein zu merken: Gott hat nicht nur irgendwann in ferner Vergangenheit Propheten berufen. Er beruft jetzt mich, Johannes, dazu das Volk vorzubereiten auf die Erneuerung des Bundes: "um Israel mit ihm bekanntzumachen".
  • Johannes weiß, dass er nicht selbst der Messias ist. Damit aber Gottes Gesalbter, der Christus, der Messias zu den Menschen kommen kann, braucht es die Rufer und Wegbereiter. Das ist keine kleine, schäbige Berufung, Kuppler zu sein zwischen Gott und den Menschen. Das ist eine priesterliche Berufung. Auf diese Berufung hin sind wir getauft und werden wir gefirmt. Es gibt keinen Ort, an dem Gott nicht nach einem Kuppler sucht, der hilft das sich zwei Liebende finden: Gott und die Seele.

 

3. Gott will dich zu noch mehr berufen

  • Wer berufen wird, wird zum Knecht. Im 49. Kapitel des Jesajabuches wird das ganz ausdrücklich gesagt: "Du bist mein Knecht" (der Zusatz "mein Knecht Israel" macht deutlich, dass die Berufung des Propheten und die Berufung des ganzen Volkes Israel untrennbar zusammen gehören). Gott hat den Propheten "schon im Mutterleib berufen". Und doch ist es der Prophet selbst, der einstimmt in die Berufung, der ihr nicht ausweicht. Auch wenn er es in der Rückschau so klar formulieren kann, wie wir es heute in der Bibel lesen: Dahinter steckt ein Ringen und Fragen um die Berufung wie bei einem jeden von uns.
  • Gott beruft nicht nur Ausnahmegestalten. In der Taufe ist jeder von uns berufen mit Christus König zu sein, Priester und Prophet. Zusammen sind wir Priester in dieser Welt, um durch unser gemeinsames Priestertum als Kirche die Menschen bekannt zu machen mit Gott, unserem Vater. Dazu sind wir berufen: Jeder an seinem Ort, in seiner Arbeit oder Umgebung; wir zusammen in dieser Welt.
  • Dem Propheten im Buch Jesaja wurde gesagt: "Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, nur um die Stämme Jakobs wieder aufzurichten und die Verschonten Israels heimzuführen. Ich mache dich zum Licht für die Völker; damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht." Diese Entgrenzung wohnt jeder Berufung inne, wenn sie von Gott kommt. Bei Jesaja wird die Grenze seines Stammes und Volkes überwunden. Bei jedem von uns wird deutlich: Wenn wir im Kleinsten Zeugnis unseres Glaubens geben, am unscheinbaresten Ende der Welt, dann erfüllt sich unsere Berufung: Das Heil Gottes "bis an das Ende der Erde" zu tragen - als Kuppler zwischen Gott und den Menschen.