Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 23. Sonntag im Lesejahr C 1995 (Lukas)

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9./10. September 1995 - International Catholic Community - English Speaking, St. Leonhard Frankfurt a.M.

1. Bindungen

  • Ein Fall wurde aus Italien berichtet. Es hätte auch in einem anderen Land sein können. Ein kirchliches Ehegericht musste feststellen, dass eine Ehe nicht zustande gekommen war, weil der Mann zwar seine Frau geheiratet hatte, sich aber völlig unfähig zeigte, sich von seiner Mutter zu trennen.
  • Die Ehe ist nicht eine Beziehung, die sich zu bisherigen Beziehungen addieren lässt. Es ist eine exklusive Bindung, die alle anderen Beziehungen, die ein verheirateter Mensch hat, mit bestimmt.
  • Schon dieser Gedanke ist wahrscheinlich manchem schwer zu vermitteln. Er hilft aber vielleicht, die Radikalität des Glaubens zu verstehen. Neben Gott kann man keine anderen Götter haben wollen.

2. Kennzeichen

  • Es ist schwer heute in Europa Christ sein zu wollen.
    Es ist schwer Christ zu werden, weil es viele Zufälle braucht, um auf diese Idee zu kommen: Das Christentum ist nicht präsent.
    Es ist schwer, als Christ zu leben, weil meine Vorstellung vom Christsein der Vorstellung vieler Menschen über das »normale Leben« widerspricht (zumindest solange ich meine Ideale nicht auf eine rein moralische Allgemeingültigkeit nivelliert habe).
    Es ist aber auch für andere schwer, mit einem Christen zu leben, weil die Nachfolge Christi viele Selbstverständlichkeiten in Frage stellt.
  • Kennzeichen des Glaubens ist das Kreuz! Die beiden gekreuzten Hölzer sind das Symbol, für einen Glauben, der anders denkt und fühlt über Tod und Leben, Erfolg und Misserfolg.
  • Jesus macht in vielen Bildern deutlich, dass die Beziehung zu ihm (und das heißt immer: die Beziehung zu Gott) exklusiv ist. Der Glaube ist kein gelegentliches Ornament an manchen Punkten des Lebens. Wenn ich mir den Glauben nur als schmückendes Beiwerk zulege, scheitert auch diese »Beziehung« notwendig.

3. Alles erwarten

  • Die Beziehung zu Gott ist vor allem eine Beziehung, aus der ich alles erwarte. Daher rührt die Forderung zu radikaler Armut, gerade im Lukasevangelium.
  • Es ist daher zugleich eine Beziehung des radikalen Vertrauens, weil ich nur alles erwarten kann, wo ich wirklich vertrauen kann.
  • Im Vollzug dieser Beziehung erst merke ich, dass diese Beziehung gerade wegen ihrer Exklusivität meine vielen (oder wenigen) anderen Beziehungen erst reich und gut macht. Weil ich meine Beziehung zu Gott über den menschgewordenen Gott beginne, kann die Liebe Gottes wieder in einer wahren Beziehung zum Menschen Frucht bringen. Amen.