Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 25. Sonntag im Lesejahr A 2011 (Matthäus - Kurzpredigt)

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18. September 2011 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

Am heutigen Caritassonntag werden wir eine längere Information zur Kollekte hören. Daher nur drei kurze Punkte zum heutigen Evangelium.

1. Gleichbehandlung

  • Gott wird Gleichbehandlung vorgeworfen. Die Arbeiter der ersten Stunde erwarten mehr zu bekommen. Das Gleichnis aber betont, dass nicht wir Gott, sondern Gott uns erwählt hat. Gott erscheint souverän wie der Gutsbesitzer im Gleichnis, der allen den gleichen Denar als Lohn gibt. So setzt sich Gott in Gegensatz zu einem Gerechtigkeitsempfinden, wonach jeder nach seiner Leistung belohnt werden solle, indem Gott alle gleich behandelt.

2. Ungleichbehandlung

  • Zugleich ist Gott aber der Ungleichbehandlung zu bezichtigen. Warum werden Menschen so unterschiedlich berufen, wie die Arbeiter im Gleichnis? Warum wählt Gott unter allen Völkern ein Volk aus? Warum heilt Jesus die einen, die anderen nicht. Mehr noch als die Gleichbehandlung kann uns diese Ungleichbehandlung empören, wenn wir beginnen, darüber nachzudenken. Die Bibel mutet uns durchgängig den Glauben an einen Gott zu, der sich nicht nach unseren Maßstäben richtet, sondern offenbar bevorzugt und auserwählt.

3. An diesen Gott glauben

  • Für wen dieser Gott ein Anstoß und Ärgernis ist, der braucht sich dafür nicht zu schämen. Ich bin jedoch vor die Wahl gestellt, ob ich diesem Gott und seinem Wort vertrauen will, oder ob ich mich nicht doch lieber mit der Vorstellung einer sich selbst genügenden, aus Zufall gewordenen Welt ohne jeden Gott zufrieden gebe.
  • Auf jeden Fall ist es ein und derselbe Gott, dem die scheinbar sich widersprechende Gleichbehandlung und Ungleichbehandlung vorzuwerfen wäre. Wenn ich mich auf das Abenteuer des biblisch bezeugten Gottes einlasse, dann stehe ich vor der Aufgabe, mich mit diesem Gegensatz auseinander zu setzen. Zumal wenn die Bibel Gott als Liebe vorstellt, frage ich mich, wie die beiden "Verhaltensweisen" Gottes zusammen passen.
  • Es gibt eine Richtung, in der ich eine Antwort ahne. Kann es sein, dass sowohl die Ungleichbehandlung als auch die Gleichbehandlung um aller Menschen willen geschieht? Dann würde der gleiche Lohn für alle nicht nur bedeuten, dass eben jeder den gleichen Lohn bekommt; vielmehr würde der gleiche Lohn an die Arbeiter der letzten Stunde auch um derer willen gegeben, die die ganze Last des Tages getragen haben. Auch für sie wäre es gut und heilvoll. Und genau so wäre niemand je erwählt, gesegnet oder geheilt worden nur um seiner selbst willen. So sehr die Auserwählung ganz persönlich ist, ist sie zugleich Stellvertretung. Gott bindet den einen, wo er ihn bevorzugen sollte, mit allen anderen zusammen.
  • Lassen wir das Schlusswort der ersten Lesung aus dem Buch Jesaja: "Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege - Spruch des Herrn. So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken." Amen.