Predigt zum 26. Sonntag im Lesejahr C 2010 (1 Timotheus)
Zurück zur Übersicht von: 26. Sonntag Lesejahr C
26. September 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
Der erste Abschnitt dieser Predigt versucht das Thema Reichtum, das in der ersten Lesung und im Evangelium anklingt, im Sinne der Timotheusbriefe aufzugreifen, die zu einem evangeliumsgemäßen Leben auffordern und in Timotheus die kirchlichen Amtsträger zur Treue ermahnen. Insbesondere der erste Abschnitt greift - ohne es ausdrücklich zu machen - den 1. Timotheusbrief aus. Wegen des Zusammenhangs lesen wir aus dem Brief schon ab Vers 1Tim 6,5.
1. Lebensunterhalt
- Nicht jeder hat das Glück, durch eigene Arbeit Geld verdienen zu können. Aber zum Glück gibt es das noch, dass Menschen für sich und gegebenenfalls auch ihre Familie durch Arbeit Geld
verdient, und dass dieses Geld auch zum Lebensunterhalt reicht. Für diejenigen, bei denen das so ist,
kann die Frage gestellt werden, ob sie nur deswegen arbeiten: um Geld zu verdienen. Wer arbeitet, hat
das Anrecht auf einen angemessenen Lohn, ja! Aber das heißt doch nicht, dass das schon alles sein
muss.
- Ich stelle mir diese Frage als Christ. Ich bin davon überzeugt, dass hier, wo ich jetzt bin, der Ort ist,
an den mich Gott gestellt hat. Das bedeutet nicht, dass ich nicht selbst entscheiden und mich
selbst anstrengen soll; ja für manchen ist der Ort, an dem er ist, und sind die Bedingungen, unter denen er
arbeiten muss, glattes Unrecht. Da ist es berechtigt dagegen aufzubegehren, und haben andere die
Pflicht, dieses Unrecht zu ändern.
- Aber dennoch bleibt für mich: Wo ich hier bin, ist dies hier meine Arbeit, jetzt ist dies hier meine
Herausforderung. Jetzt bewährt sich, ob ich das, was ich tue, richtig tue, und ob ich jetzt und hier den
Menschen, denen ich konkret begegne, respektvoll begegne. Der Glaube kann genau dazu die Kraft
geben - dies als meine Aufgabe hier und jetzt anzunehmen, ohne damit soziale Verhältnisse als
unveränderbar hinzunehmen.
2. Lebensauftrag
- In dem Abschnitt aus dem Timotheusbrief, der heute die zweite Lesung war, geht es darum. Zunächst
richtet sich in dem Brief der Apostel Paulus an seinen Schüler Timotheus, dem er die Leitung der
Kirche von Ephesus anvertraut hatte. Seine Aufgabe ist es, Bischof zu sein. Das ist sein Beruf. Er soll
treu die Lehre des Apostels weitertragen und die Gemeinde leiten.
- Der Brief kritisiert Leute, die "meinen, die Frömmigkeit sei ein Mittel, um irdischen Gewinn zu
erzielen." Es gab - und gibt - Leute, die aus dem Glauben eine "Erwerbsarbeit" machen, bei der sie
gut verdienen wollen. Dann ist Geld das Ziel und ist die Habsucht die Wurzel. Dabei ist es
im Grunde egal ob es um viel oder wenig Geld geht. Wenn das zentrale Ziel Erwerbsgewinn ist, dann ist
die Wurzel schon verdorben. "Wer reich werden will, gerät in Versuchungen und Schlingen, er verfällt
vielen sinnlosen und schädlichen Begierden, die den Menschen ins Verderben und in den Untergang
stürzen."
- Das gilt fundamental für einen Bischof oder Pfarrer. Und deswegen sollten Christen ein wachsames
Auge auf diese haben. Aber letztlich ist damit etwas angesprochen, was vielleicht für jeden Christen
wichtig ist. Wenn die Arbeit oder Aufgabe in erster Linie oder gar ausschließlich das Ziel hat, Geld zu verdienen,
dann habe ich mich selbst zuerst an die Arbeit und dann an das Geld versklavt. Für Reiche ist diese
Gefahr ganz offensichtlich.
Aber mir scheint eben, dass für jeden von uns das Evangelium mit der Freiheit lockt, jeden Dienst in
eine Aufgabe zu verwandeln, in der ich - ob beim Putzen, ob in der Werft oder am Schreibtisch, ob
als Pfarrer, ob als Kurierfahrer oder als Manager - jetzt das, was ich tue, mit Aufmerksamkeit und
Respekt vor den anderen tue. Die Bibel nennt diese Haltung der Aufmerksamkeit und des Respektes
"Frömmigkeit" - und diese "bringt in der Tat reichen Gewinn" aber eben nicht Geld, sondern echte Würde.
3. Lebensziel
- "Strebe unermüdlich nach Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut."
Je länger ich über diesen Satz nachdenke, desto sehr merke ich, dass es hier nicht um leere Formeln geht,
sondern um ein Ziel, für das es sich lohnt, jetzt da zu sein und "unermüdlich" gerade darnach zu
streben.
- Es sind sechs Ziele, die da genannt sind.
- Gerechtigkeit hat den anderen im Blick. Das Ziel ist es, anderen Menschen gerecht zu werden, in dem
was sie sind. Das kann auch bedeuten, dass ich gegen ungerechte Strukturen kämpfe. Das beginnt aber
mit meinem ganz eigenen Verhalten
- Frömmigkeit hatte ich mit Aufmerksamkeit und Respekt beschrieben. Frömmigkeit gründet aber
schlicht in der Erfahrung des betenden Menschen, dass nicht ich selbst das Maß aller Dinge bin.
- Glauben bedeutet in den Timotheusbriefen nicht nur das Vertrauen auf Gott, sondern auch ganz
konkret immer wieder das Festhalten an der Botschaft der Apostel, die uns Gott verkündigen, der sich
offenbart hat: Als Gott, der für uns - und mich - da ist; als Gott, der nicht herrscht, sondern - dich und
mich - liebt und diese Liebe am Kreuz gezeigt hat. Als Gott, dem wir nicht egal sind, sondern der unter
uns in seiner Kirche gegenwärtig ist.
- Liebe steht mit dem Glauben in der Mitte. Wenn ich in der Beziehung zu Gott und zu anderen nur
berechnend bin - auf Gewinn aus bin -, dann werde ich nie erfahren, wie groß die Liebe ist.
- Und schließlich sind da Standhaftigkeit und Sanftmut, die ganz eng zusammen gehören, denn
Standhaftigkeit ohne Sanftmut ist brutaler Starrsinn, Sanftmut ohne Standhaftigkeit aber wird nie etwas
Gutes auch gegen Widerstände durchsetzen können.
- In all dem geht es um ein lohnendes Lebensziel. "Ergreife das ewige Leben", ermutigt der Paulusbrief
den Timotheus und damit auch uns. In unseren Gebeten als Kirche und in unserem Glaubensbekenntnis
steckt all das drin, was für uns der Schlüssel sein kann: Nicht als Last, sondern als Quelle von Leben,
für das Geld notgedrungen weiter wichtig bleibt, um sich zu ernähren und zu unterhalten, aber nicht
das Ziel ist, dem alles untergeordnet werden muss. Amen.