Predigt zum 20. Sonntag im Lesejahr C 2004 (Lukas)
Zurück zur Übersicht von: 29. Sonntag Lesejahr C
17. Oktober 2004 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius, Frankfurt
1.
Geschenkgutschein
- Geschenkgutscheine sind ungemein
praktisch.
Deswegen gibt es sie in jedem Kaufhaus und an der Kinokasse auch. Man
muss sich
nicht quälend Gedanken machen, was man schenken soll. Vorbei auch der
Ärger
der Beschenkten mit unpraktischen Dingen, die umgetauscht werden müssen.
Statt dessen gibt es einen Gutschein im gewünschten Wert, und der so
Beglückte
mag selbst sehen, was er oder sie sich dafür aussucht.
-
Natürlich
ist das etwas unpersönlich. Vorne drauf auf den Gutschein kann ich den
Namen
des Empfängers schreiben. Der Gutschein lässt sich noch mit einem
Schleifchen
schmücken. Aber es ist dennoch ganz offensichtlich, dass ich mich schwer
tue, zu wissen, was ich schenken soll, weil ich den anderen so gut nun
doch nicht
kenne. Zu wissen, über welches Geschenk sich jemand richtig freuen
würde,
ist gar nicht so leicht. Dazu müssen zwei Menschen miteinander zumindest
ein wenig ihr Leben geteilt haben und von einander wissen.
- Es
passt nicht,
Gott um einen Geschenkgutschein zu bitten. Das wäre die Zumutung, Gott
solle
mal machen und wir würden uns dann aussuchen, wie wir den Gutschein
einlösen.
Es passt aber auch nicht, Gott um alles Mögliche (oder gar alles
Unmögliche)
zu bitten. Gott ist nicht die Versandabteilung von Quelle oder
Otto-Versand. Beten
ist nicht das Ausfüllen eines Bestellscheins. Im Beten lassen wir uns
auf
eine Beziehung ein mit Gott. Das aber bedeutet, dass wir uns aufmachen,
mit einander
vertraut zu werden.
2. Vom ungerechten Richter zum
liebenden
Vater
- Die Witwe aus dem heutigen Evangelium weiß,
was
sie von ihm will. Der Richter ist dazu bestellt, Recht zu sprechen.
Diese arme
Witwe fordert nichts anderes als ihr Recht. Sie fordert es von dem, der
dafür
zuständig ist. Der aber ist korrupt und gewohnt, sich erst dann zu
bemühen,
wenn er geschmiert wird. Da kann eine arme Witwe nicht mithalten.
-
Die
Witwe aber ist hartnäckig. Die lässt nicht locker. Sie weiß was
sie will. Ja, sie weiß auch, dass sie ein Recht darauf hat. Und so setzt
sie dem Richter unablässig zu. Nicht weil er der Gerechtigkeit dienen
will,
nicht weil er der Witwe helfen will, sondern nur wegen ihrer
Hartnäckigkeit
gibt der Richter der Witwe schließlich doch ihr Recht. Er fürchtet,
sonst werde sie womöglich noch kommen, und ihm die Augen auskratzen.
„Sollte
Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu
ihrem
Recht verhelfen, sondern zögern?“
- Drei Punkte sind an diesem
Vergleich wichtig.
- Da ist zunächst die Hartnäckigkeit. Jesus
schildert die Jünger, als „Gottes Auserwählte“, die „Tag
und Nacht zu ihm schreien“. Beten kann also auch die ganze
Hartnäckigkeit
der Witwe haben. Es ist erlaubt, Gott auf die Pelle zu rücken.
-
Zweitens
vergleicht Jesus Gott nicht mit einem ungerechten Richter, sondern sagt:
Wenn
schon ein ungerechter Richter – um wie viel mehr dann der gerechte Gott
und Vater!
- Und schließlich geht es auch bei den Bitten der
Jüngern
nicht um X-Beliebiges, sondern um Recht. Jesus fordert seine Kirche auf,
zu Gott
zu schreien, wo das Recht seiner Auserwählten gebeugt wird
3.
Der Gebetssegen vom Berg
- Das Evangelium ist also
nicht so
leicht zu testen. Auch wenn wir Tag und Nacht zu Gott flehen um eine
Portion Eiscreme,
könnte Gott zögern. Wer meint, Gott sei ein Selbstbedienungsladen und
das Gebet ein Blanko-Bestellformular, dürfte enttäuscht werden. Das
Gebet, das Jesus meint, ist Teil und Frucht einer Beziehung zwischen
Gott und
den Menschen. Die Bitte, zu der Jesus auffordert, ist gewachsen aus dem
Vertrauen,
mit dem Menschen ihr ganzes Leben auf Gott setzen, sich ganz ihm
anvertrauen und
als Gottes Volk leben.
- Im Kern spricht Jesus hier von der
ersten Bitte
des Vater Unser: „Dein Reich komme!“ Diese Bitte trägt und umfasst
alle anderen. Wo die Witwe ihr Recht fordert, bitte sie um das Kommen
des Reiches
Gottes. Dieses Reich der Gerechtigkeit ist uns verheißen. Darm sollen
wir
Tag und Nacht zu Gott beten. Dies müssten wir beginnen, um zu erfahren,
wie
Gottes Wirken Realität wird unter uns.
- Die Frucht dieses
Gebetes
ist die Hoffnung und das Vertrauen. Im Gebet um Gottes Reich wird es
unter uns
gegenwärtig. Für mich sind Mose auf dem Berg und die beiden, die seine
zum Gebet ausgebreiteten Arme stützen, das Bild dieses Betens. Es ist
wie
in der Lesung aus dem Buch Exodus. Das Volk in der Ebene sieht diese
Beter und
kann dadurch dem Ansturm des Feindes Stand halten kann. Ich erfahre das,
wenn
ich in eineKirche komme, und dort Christen im Gebet treffe. Ihr Gebet
stützt
und trägt mich. Es lässt in mir die Hoffnung wachsen und stärkt
mein Vertrauen. Deswegen schließt Jesus sein Gleichnis mit der
nachdenklichen
Frage: „Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben
vorfinden?“. Es ist an uns, einander in diesem Glauben zu stärken.
Gott jedenfalls will an unserer Seite sein. Amen.