Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt 3. Adventssonntag Lesejahr A 2016 (Matthäus)

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11. Dezember 2016 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Geduld

  • Geduld ist: Erdulden dass es nicht so läuft wie ich es will. So mancher wird unduldsam, wenn Dinge komplizierter sind, länger dauern, sich nicht so verwirklichen lassen. Besonders ist Geduld gefordert, wenn Gott nicht so handelt, wie er nach meiner Meinung eigentlich sollte.
  • Johannes der Täufer ist nicht für seine Geduld berühmt geworden. Die Faszination, die von ihm ausgeht, ist vielmehr das Drängende, das Ungeduldige. Gott hat ihn nicht dazu berufen entspannt Tee zu trinken, sondern mit großer Dringlichkeit zur Umkehr zu rufen. Aber Johannes war nicht deswegen ungeduldig, weil etwa nicht alles nach seinem Kopf ging. Sein Drängen kam aus dem Aufeinandertreffen von Ungerechtigkeit etwa des Königs Herodes und der Gerechtigkeit Gottes.
  • Jetzt aber sitzt er im Gefängnis und kann nichts tun als zu warten. Er fragt sich, ob der, dem er den Weg bereitet hat, wirklich der Richtige ist. Denn das Reich Gottes sollte doch jetzt anbrechen. Es sollte so richtig losgehen. Die feisten Machthaber sollten vom Thron gestoßen, die Armen befreit und erhoben werden. All das steckt hinter der Frage, mit der er seine Jünger zu Jesus schickt: "Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?"

2. Vertrauen

  • Echte Geduld kommt aus Vertrauen. Alles andere ist nur Untätigkeit aus Unentschlossenheit, Zögern, Angst oder Gleichgültigkeit.
  • Johannes hat getan, was er tun konnte, und dabei darauf vertraut, dass er eine Berufung von Gott dazu hat. Eben das hat ihn ins Gefängnis gebracht. Hier entscheidet sich, ob er zu einem Vertrauen findet, dass sein Engagement bei Gott in guten Händen ist. Das ist ihm ganz sicher nicht leicht gefallen. Es entspricht so gar nicht seinem Temperament. Aber ich denke schon, dass Gott ihn in die Schule der Geduld nehmen konnte, weil Johannes auch in seinem Engagement, seiner Predigt und seinem Drängen auf Umkehr nicht sich selbst in den Vordergrund stellen wollte, sondern aus dem Vertrauen in Gott gelebt hat.
  • Ungeduld ist gut, wo sie gegen das fortdauernde Unrecht hilft. Zuwarten und Abwarten kann eine Einflüsterung all derer sein, die nicht gestört werden wollen. Aber umgekehrt ist es eine großzügige Haltung des Glaubens, die dann bereit ist zur Geduld, wenn alles getan wurde, was getan werden konnte.

3. Gottes Wege

  • Johannes möchte nicht blind vertrauen. Darin zeigt sich seine Größe. Deswegen fragt er nach, was außerhalb des Gefängnisses geschieht. Die Antwort Jesu, die seine Jünger erhalten, wird ihn zunächst nicht sehr zufrieden gestellt haben. Der große Umschwung und das machtvolle Wirken Gottes hatte sich der Täufer anders vorgestellt.
  • Aber Jesus geht auf Johannes ein. Er zitiert die Bibel, den Propheten Jesaja. "Blinde sehen wieder, und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet." Das eröffnet dem ungeduldigen Johannes einen Zugang. Die Wunder, die Jesus tut, sind Zeichen. Die Zeichen sind verstehbar, weil ihre Bedeutung an das Alte Testament, die Glaubenstradition Israels und der Propheten, anknüpft. Johannes soll nicht blind vertrauen, dass Jesus der richtige ist, der, "der kommen soll". Johannes soll verstehen.
  • Der Retter Israels ist so anders, als viele sich Retter erwarten. Gerade gegenüber dem deutlichen Auftreten des Johannes fällt auf, wie leise Jesus daher kommt. Aber es ist Gott, dessen Wege sich hier offenbaren. Johannes selbst hatte sich schon allein durch seine Kleidung von denen in "den Palästen der Könige" abgesetzt. Er lernt nun - hoffentlich geduldig - dass Gottes Wege anders sind, als er es sich gedacht hatte. Vielleicht verstehen wir in dieser Richtung was Jesus über ihn sagte, dass "der Kleinste im Himmelreich größer ist als er." Amen.