Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 3. Fastensonntag Lesejahr A 2008 (Johannes)

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24. Februar 2008 - Exerzitienkurs Ebersbach/Spessart

1. Das Gespräch mit dem Brunnen

  • Jesus spricht mit einer Frau am Rand eines Brunnens. Es ist Mittagszeit. Es ist heiß. Am Brunnenrand mag eine Überdachung sein. Ein Ort der einlädt zum Gespräch. Jesus ist allein; seine Jünger sind in die nahe Ortschaft gegangen, etwas zu essen zu besorgen. Die Frau kommt zur Mittagszeit, nicht mit den anderen Frauen am kühlen Morgen. Warum auch immer. Sie holt mittags Wasser am Brunnen.
  • Das Gespräch entwickelt sich aus der Situation. Man spricht über den Brunnen und das Wasser und die Mühsal, aus der Tiefe zu schöpfen. Aber zugleich ist völlig unklar, worüber das Gespräch eigentlich geht. Das klare Thema wird aufgebrochen. Denn neben dem Wasser, das den dauernden Durst des Leibes stillt, gibt es ein Wasser, dessen Pegel viel tiefer liegt und uns doch viel näher ist: ein Wasser, das lebendig ist und das ich in mir tragen kann. Ein Wasser das erfüllt.
  • Es sieht aus, wie ein Gespräch am Brunnen. In Wirklichkeit wird es zu einem Gespräch mit dem Brunnen, zum Gespräch mit der lebendigen Quelle, mit Gott. Diese Dynamik ist dem geistlichen Leben zu eigen. Ich denke, ich bin noch in einem Gespräch "über" oder in einem Gespräch "am Rand". Dabei bin ich schon mitten drin. Mehr noch. Dort wo ich mich im Gespräch, im Suchen und Tasten Gott nähere, dort ist mir Gott schon so nahe, dass ich längst in Kommunikation bin mit Gott selbst. Das Gespräch am Brunnen ist das Gespräch mit dem lebendigen Brunnen.

2. Der Durst Gottes stillt unsern Durst

  • Der Weg führt täglich zum Brunnen, weil der Mensch Wasser braucht. Durst ist eine Gegebenheit. Wir leben davon, dass wir empfangen: Nahrung, Trank, Liebe, Wärme. Das führt uns an die Quellen, an denen wir hoffen, das zu erhalten, was wir brauchen. Darauf verwenden wir viel Energie, mehr jedenfalls als darauf, darüber nachzudenken, ob wir an der richtigen Stelle suchen.
  • Auch Jesus hat Durst. Er sagt zu der Frau: "Gib mir zu trinken! ". Das erklärt sich zwanglos aus der Situation eines Fremden, auf der Reise und ohne Schöpfgefäß. Aber es verweist auf ein anderes. Auch Jesus hat Durst. Ihn, den Gesalbten Gottes, den erwarteten Messias dürstet. Und dieser Durst stillt unseren Durst.
  • Der Durst Gottes ist die Antwort auf unseren Durst. Gottes Sehnsucht ist es, uns Menschen nahe zu sein. Dazu wird er Mensch. Dieses Gesetz der Liebe liegt der ganzen Schöpfung zu Grunde: aus Liebe hat Gott die Welt erschaffen. Dies liegt dem Bund Gottes mit seinem Volk Israel zu Grunde: Um den Menschen ganz konkret nahe zu sein, erwählt sich Gott ein Volk. Von diesem Volk kommt das Heil zu allen Menschen, denn "das Heil kommt von den Juden". Diesem Volk ist die Sehnsucht eingeschrieben. Über dieses Volk teilt sich uns die Erfüllung mit.

3. Anbetung Gottes

  • Das führt zur Frage nach dem Ort. Wo findet das statt? Jesus hat sich offenbart als der Durst Gottes, der unseren Durst stillt. Damit könnte die Frage sein, wo wir Jesus finden, an welchem Ort. Das Evangelium aber fasst es in eine andere Frage: Wo ist der Ort, wo wir Gott anbeten?
  • So wie Gottes Durst unsern Durst stillt, so wird die Anbetung Gottes zur Erfüllung von uns Menschen. Im Evangelium fragt die Frau, wo denn der richtige Ort für die Anbetung Gottes wäre, auf dem Garazim, wo ihr Volk der Samariter anbetet, oder in Jerusalem, von wo her der Messias kommt. Jesus aber führt die Geschichte weiter. Nicht an geographische Orte bindet er den Menschen. Er will uns dahin führen, dass wir aus der Mitte heraus "im Geist und in der Wahrheit" Gott anbeten.
  • Wer sich auf die Anbetung Gottes einlässt, entdeckt die Größe des Menschen. Denn Gottes Sehnsucht gibt der Anbetung die Richtung vor. Die Sehnsucht nach einem Wasser, das uns nicht mehr durstig werden lässt, führt zu einem Gott, der selbst durstig ist - und gerade darin Erfüllung verheißt. Amen.