Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 3. Sonntag der Osterzeit Lesejahr B 2012 (Lukas)

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22. April 2012 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

An diesem Sonntag ist der Vesterbro Gospelchor aus Kopenhagen zu Gast im Kleinen Michel.

1. Musik

  • Gospel ist Musik pur. Das Wort "Gospel" jedoch meint "good spell", "gute Mitteilung" - "Evangelium". Als Musik pur teilt Gospel mehr mit als die Worte des Textes. Vielleicht ist es aber auch so: Die Musik des Gospel teilt mit, was die Worte bedeuten und doch Worte allein nicht mitteilen können. Nicht die Worte sind der Schlüssel zu den Noten, sondern die Noten können es für das Wort sein.
  • Die Christen haben von Anfang an auch gesungen. Das wird durch Bemerkungen in den Paulusbrief deutlich (Kol 3,16). In Liedern haben sie ihre Erfahrung ausgedrückt, dass Jesus Christus, der Gekreuzigte, lebt. Leider konnten sie das damals nicht auf Youtube aufnehmen. So haben sie ihre Erfahrung in den Evangelien aufgeschrieben.
  • Was in den Auferstehungsberichten aufgeschrieben ist, sprengt wie Musik die Logik der Wörter und Bilder: Eine ganz andere Wirklichkeit brach damals in ihr Leben ein, als sie hinter verschlossenen Türen versammelt waren: Erschreckend, wie ein Geist, und doch fassbar, wie einer der vor ihren Augen einen Fisch verspeist. Ein Unbekannter, der die Jüngern auf dem Weg nach Emmaus begleitet, und doch beim Brotbrechen so vertraut, dass merken, wie sehr ihnen das Herz vom ersten Augenblick an brannte.

2. Verständnis

  • Die Apostel, die Frauen und all die anderen, die Jesus kannten, bevor er gekreuzigt worden war, sie machen jetzt die Erfahrung, dass er lebt. In ihrer Gemeinschaft erfahren sie, dass Gottes Geist, der vor Ostern in Jesus lebendig war, auch jetzt in dem ist, der ihnen als der Auferstandene begegnet. Diese Erfahrung versuchen sie auszudrücken.
  • Wenn wir ihre Texte lesen, merken wir, wie wichtig es ihnen war, dass dies nicht einfach nur ein subjektives Gefühl war. Deswegen betonen die Bilder die physische Realität des Auferstandenen. Es ist auch nicht eine allgemeine Erfahrung von 'Lebendigkeit', wie man sie an jedem Ort und zu jeder Zeit machen kann. Deswegen sagt ihnen der Auferstandene: "Das sind die Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war".
  • Es brauchte also doch die Worte, vor allem die Worte der Heiligen Schrift, also der Texte, die wir heute als Altes Testament in unserer Bibel aufbewahren. In ihnen wird die Erfahrungen des Volkes Israel mit Gott weiter gegeben. Den Evangelisten ist wichtig, dass die Erfahrung der Jünger nach Jesu Auferstehung sich als 'logisch' erweisen: Der Auferstandene eröffnet ihnen das "Verständnis der Schrift".

3. Zeugnis

  • Auch wo Worte nicht ausreichen, eine Erfahrung zu beschreiben, geht es um Wesentliches; vielleicht sogar gerade dort. Aber gerade dort, wo wir zu solchen 'unlogischen' Bildern greifen, wie in den Auferstehungsberichten, und dort, wo Musik viel besser ausdrückt, was die Erfahrung ist, auch dort müssen wir uns nicht an irrationale Gefühle ausliefern, sondern können, wie die Jünger damals immer und immer wieder darüber sprechen, die Heiligen Schriften nachprüfen und mit unserer eigenen Erfahrung vergleichen.
  • Das alles aber wäre leer, wenn es nicht um uns geht. Deswegen sagt Jesus "Ihr seid Zeugen dafür". Die Auferstehung ist keine Theorie, die wir in Buchdeckel sperren und so weiter geben können. Die Wahrheit der Auferstehung erweist sich in der Kraft des Auferstandenen in der Mitte seiner Kirche.
  • Die Kraft des Auferstandenen erweist sich dort, wo Christen einander beistehen und sich auch dem Fremden gegenüber, der unter die Räuber gefallen ist, als Nächster erweisen. Die Kraft erweist sich dort, wo die Zeichen der Heiligen Liturgie spürbar von Gott künden. Die Kraft erweist sich dort, wo wir beginnen zu singen: Wo das Herz voll ist und der Mund überläuft: Oh happy day!