Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 4. Sonntag im Lesejahr A 2017 (Matthäus)

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29. Januar 2017 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Selig die Reichen und Mächtigen

  • Was für ein Glück haben alle, die in einem reichen Land von reichen Eltern geboren wurden. Zumeist mindestens. Sie haben Glück! Ihnen ist zu gratulieren! Selig sind sie! Sie haben die besten Chancen selbst wohlhabend zu sein. Vielleicht hinterlassen ihnen die Eltern sogar so viel Geld, dass sie ganze Firmen pleite gehen lassen könnten und trotzdem noch einen Namen haben, der ihnen Reichtum verschafft.
  • Was für ein Glück denen, die die Gabe haben Macht zu gewinnen, weil sie Menschen für sich zu überzeugen vermögen. Wenn Sie sagen: So wird das gemacht! Dann wird das gemacht! Sie verkünden dies und das sei Gerechtigkeit, und sie setzen das um! Sie werden von den Menschen dafür gelobt und bewundert (wenn auch nicht immer von allen). Sie verbreiten gute Stimmung! Daumen hoch! Wir sind wer. Diese Menschen haben Glück! Ihnen ist zu gratulieren! Selig sind sie!
  • Und doch ist es auffällig: Da sind Menschen wohlhabend, mächtig, gut gelaunt und viel gepriesen. Aber wenn man weiß, wo man ihre Eitelkeit verletzt, kann man sie wie früher einen Tanzbären an einem Ring durch die Nase durch die Manege führen. Oft gibt es diese Menschen, von denen man meinen könnte, sie hätten alles erreicht, und doch sind sie Getriebene, lechzen nach Liebe und Anerkennung und sind vielleicht sogar sehr einsam. Selig sind sie nicht.

2. Selig die Armen und Trauernden

  • Wie merkwürdig hingegen, wem Jesus gratuliert und wem er zuruft: Gratuliere, ihr habt es geschafft, selig seid ihr. Das sind Menschen, die arm sind, nicht unbedingt im materiellen Sinn, aber in jedem Fall, wenn sie sich vor Gott stellen. Menschen die klein gemacht wurden und trauern, Menschen die Ungerechtigkeit erleiden und sich nach Frieden sehnen.
  • Es ist ein großer Irrtum zu meinen, Jesus würde hier eine Morallehre verkünden. Er meint nicht, dass man trauern muss oder arm sein oder leiden. Davon steht hier nichts. Wenn wir wissen wollen, wie man sich moralisch verhält, sollte man auf die zehn Gebote schauen und auf das Gewissen hören.
  • Hier hingegen spricht Jesus Menschen in einer besonderen Situation an: Ihnen wird von allen anderen gesagt, dass sie die Verlierer seien, die großen Opfer. Er findet diese Menschen ganz konkret unter seinen Jüngern. Und Jesus widerspricht der allgemeinen Meinung, die auf diese Menschen herabschaut und ihnen sagt: Gott hat euch vergessen, ein Fluch liegt auf Euch.
    Das gilt besonders für seine Jünger, wenn sie so verrückt sind, wie Jesus auf Gott zu vertrauen und selbst das Kreuz nicht scheuen. Ihnen sagt Jesus: "Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein." Vor dem Urteil der Welt kleingemacht und niedrig. Vor Gottes Gegenwart hingegen groß! "Selig seid ihr!"

3. Nachfolge

  • Das ist keine Morallehre, sondern eine Einladung, mit Jesus neu Mensch zu werden. Er der "wie Gott" war, hat sich erniedrigt und ist Mensch geworden als einer der Kleinen und Armen. So will er die Menschheit erneuern, die sich über Macht, Reichtum, Ansehen und Gesundheit definiert.
    Nichts von dem ist moralisch verwerflich. Macht, Reichtum, Ansehen und Gesundheit kann man erstreben, ohne deswegen ein schlechter Mensch zu sein. Aber man sollte nicht denken, dass man dadurch mehr Mensch, mehr frei und schon gar nicht mehr selig würde, mehr Gott erfahren, schmecken und verkosten könnte!
  • Der ganze Sinn der auf die Seligpreisungen folgenden Bergpredigt erschließt sich von hier her. Jesus spricht zu Menschen, die die Armut und die Trauer, die Ohnmacht und die Schmach leben - oder leben müssen. Denn manche haben sie freiwillig gewählt. Andere haben es sich ihre Armut und ihr Sklavenschicksal nicht aussuchen könne. Sie haben keinen Grund, das auch noch gut zu finden. Dennoch haben sie es von innen her angenommen - nicht weil es in sich wertvoll wäre, sondern weil dieses Annehmen frei macht zu dem, was das Leben wertvoll macht: Die Liebe, die nicht rechnet und berechnet, die sich nicht bestechen lässt, sondern die durch das besticht, was sie ist.
  • Der letzte Grund, warum Menschen den Weg der Seligpreisungen gehen wollen, ist das Vertrauen. Da dies der Weg Jesu ist, vertrauen sie darauf, dass es lohnt, diesen Weg nachzugehen. Jesus macht keine Versprechungen, dass ich durch den Glauben reich oder mächtig, gesund oder wohlangesehen wäre. Mit diesen Versprechen trump-fen zwar manche selbsternannten Wohlstandspropheten vor allem in den USA auf.
    Wer hingegen wissen will, was Jesus verspricht, sollte es wagen, ihm nachzufolgen, der um unseretwillen arm geworden ist, die Arme ausstreckt in Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Frieden und doch von den Menschen verachtet und gekreuzigt wurde. Vertrauen, er ist Gottes Sohn. Vertrauen, dies ist der Weg der in Wahrheit selig macht. Vertrauen auf Gott. Amen.