Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 5. Fastensonntag Lesejahr C 2001 (Beichte)

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21. März 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Auf die Erde geschrieben

  • Bei manchen ist alles in Stein gemeißelt. Wie ein Fußabdruck im Beton, so muss alles gelten, ein für alle Mal. Kein Abweichen vom Prinzip, kein Vergessen, kein Vergeben, kein Neuanfang. Zu groß ist die Angst, die wohlgeordnete Welt könnte zusammenbrechen, wenn nicht noch das letzte Detail unumstößlich bleibt.
  • Bei manchen ist alles in die Luft geschrieben. Sie leben und lassen leben. Verschon Du mich, verschon ich Dich: Verschonungspluralismus. Wurstigkeit, die sich als Toleranz tarnt. Kein Wort von heute gilt morgen mehr. Zu groß ist die Angst, man könnte beim Wort genommen werden.
  • Jesus schreibt auf die Erde, als die selbstgerechten Richter die Frau vor ihn schleifen. Nach dem Gesetz haben sie recht. Jetzt wollen sie die vermeintliche moralische Laxheit Jesu bloßstellen. Jesus schreibt in den Staub der Erde. Nicht in den Stein meißelt er, nicht in die Luft schreibt er, sondern auf die Erde. Die Schrift im Staub der Erde kann wieder weggewischt werden. Sie verweist aber immer auf das Fundament, auf dem wir uns bewegen.

2. Bundesbruch und Versöhnung

  • Jesus lässt hier und an anderer Stelle keinen Zweifel, dass Ehebruch für ihn unvereinbar ist mit dem Leben als Kind Gottes. Wie sollen wir Gott den Bund halten, wenn wir einander den Bund aufkündigen? Mehrfach bezeugen die Evangelien, dass Jesus an der Unauflöslichkeit der Ehe festgehalten hat.
  • Der Bund mit Gott wie der Bund der Menschen ist für Jesus ein Bund, der Leben ermöglichen soll. Angesichts des Ehebruches will Jesus nicht, dass das geknickte Leben mit dem Stein erschlagen wird. Mit seiner Aufforderung "Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!" will Jesus den Bund erneuern und damit Leben wieder möglich machen.
  • Die Praxis der Beichte in der Kirche muss sich daran messen lassen. Die Göttinger Pfarrer haben zu Beginn der Fastenzeit 2001 das Beispiel des Papstes aufgenommen und öffentlich um Vergebung gebeten: "Wir Göttinger Pfarrer bitten für uns selbst und für die Kirche alle um Vergebung, die das Sakrament der Vergebung durch die belastende Praxis der Vergangenheit auch heute noch als bedrückend empfinden."(vollständiger Text). Das Sakrament der Versöhnung in der Beichte soll das sein, was Jesus vorgelebt hat: Ein Ort wo Schuld benannt werden kann, ohne dass Leben erschlagen wird.

3. Hörende

  • "Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie. " Von den Schriftgelehrten, die Jesus in eine Falle locken und die Frau in den Tod stürzen wollten, wird berichtet, dass sie einer nach dem anderen weg gingen, "als sie das hörten". Im Griechischen wird dieser Nebensatz durch ein Partizip ausgedrückt. "Die Hörenden" gingen weg, einer nach dem anderen.
  • Die Übersetzung, die wir vorgelesen haben, ist korrekt. Aber es geht nicht nur um den Zeitpunkt, zu dem die Schriftgelehrten weggehen ("als sie das hörten..."). Es geht um mehr: Jesus macht Menschen zu Hörenden.
  • Wir kennen nur diese eine Szene, in der Jesus schreibt: Auf die Erde. Als Jude konnte Jesus gut lesen und sicher auch schreiben. Für Gott aber hat die Schrift nur vermittelnden Charakter. Selbst dort, wo das Wort Gottes geschrieben wurde, muss es gesagt werden. Selbst das private Lesen der Heiligen Schrift kann nur Vorbereitung sein, das Wort zu hören. Denn Hören ist immer im Gegenüber zum Sagen.
    Das Wort aber, das uns gesagt wird, ist das Wort des Bundes. Schrift kann töten. Gottes Wort befreit zu neuem Leben. Die Frau, zu der Jesus spricht, hat das gehört und erfahren: "Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!". Ich lade sie in den Tagen vor Ostern ein, das Evangelium zu hören und ihr Leben vor Gott in den Staub der Erde zu schreiben, um im Sakrament Vergebung zu erfahren. Amen.

 


 

Beichten befreit
Bitte um Vergebung und Einladung zur Versöhnung
IHS - Jesuiten
Brief der Göttinger Pfarrer zur Fastenzeit 2001

Bitte um Vergebung und Einladung

Im Sakrament der Versöhnung "feiern" wir Gottes vergebende Liebe. Es wird uns bewusst, dass wir Versöhnung nicht selbst machen können, dass sie uns vielmehr von Gott geschenkt wird. Gott ist es, der uns durch Jesus Christus in der Kirche Versöhnung zusagt. Das ist "frohe Botschaft" - Grund genug, um ein "Fest der Versöhnung" zu feiern, wie im Gleichnis Jesu vom barmherzigen Vater schließlich mit allen Beteiligten ein Fest gefeiert wird (Lk. 15, 1132).

In der Vergangenheit ging dieser froh machende und festliche Charakter des Sakramentes leider weitgehend verloren. Viele Menschen haben die "Beichte" - das "Sakrament" - als bedrückende Last erfahren, fühlten sich durch inquisitorische Fragen des Priesters im Innersten verletzt und haben so den Zugang dazu verloren. Wir Priester, viele unserer Vorgänger, auch Lehrer und Eltern, die die Beichte selbst nie befreiend erfahren haben, und die Kirche insgesamt tragen die Schuld an dieser schlimmen Entwicklung. Wir Göttinger Pfarrer bitten für uns selbst und für die Kirche alle, die das Sakrament durch die belastende Praxis der Vergangenheit auch heute noch als bedrückend empfinden, um Vergebung.

Gerade in den Wochen vor Ostern ist es uns ein Anliegen, dazu beizutragen, dass die befreiende Kraft der Versöhnung als ein frohmachendes Geschenk Gottes wieder zum "Leuchten" kommt. Daher wagen wir es. Sie von ganzem Herzen einzuladen, sich auf dieses Sakrament erneut einzulassen und darin die Versöhnung mit Gott und mit den Menschen zu "feiern".

Warum beichten?

Als Christen vertrauen wir auf Gottes Barmherzigkeit. Wir sind überzeugt: Gott kennt viele Wege der Vergebung unserer Schuld - in der persönlichen Begegnung des Gebetes, in der gemeinsamen Feier des Gottesdienstes, in den Werken der Caritas, in denen wir uns vom Kreisen um uns selbst lösen und uns anderen zuwenden... dass wir an Gottes Barmherzigkeit glauben, ist sicherlich auch eine wesentliche Voraussetzung für den Empfang des Sakramentes der Versöhnung. In diesem Sakrament jedoch dürfen wir darüber hinaus Gottes Vergebung sozusagen greifbar erfahren. Schon die Möglichkeit, offen auch über meine dunklen Seiten sprechen zu können, tut gut und befreit von tiefsitzenden Schuldgefühlen und Ängsten. Vor allem aber der "Ritus" des Sakramentes, der viel archaischer ansetzt als das bloße Wort, kann den Zweifel unseres Herzens und das tiefverwurzelte misstrauen überwinden. Der Priester spricht uns in der Vollmacht Jesu und in einem Ritual, das seit Jahrhunderten überliefert ist, die Vergebung zu und bringt so den Schuldigen mit Jesus Christus selbst in Berührung.


Wie beichten?

Gewissenserforschung

Gewissenserforschung bedeutet vor allem, mich so, wie ich bin, vor Gott zu stellen und nach meiner Grundstimmung zu fragen: Bin ich mit mir zufrieden oder spüre ich in mir einen Zwiespalt? Wo bin ich mit mir selbst unzufrieden? Wo stimmt etwas mit mir nicht? Dankbarkeit für Empfangenes und Einsicht in eigene Defizite - beides hat seinen Platz in der Gewissenserforschung. Erst in einem zweiten Schritt bedenke ich vor Gottes Angesicht das, was mein Verhältnis zu Gott und zu den Menschen belastet, gefährdet oder stört, aber auch das, was im Umgang mit mir selbst problematisch ist. Ich erkenne Böses, das ich getan habe. Ich erkenne Gutes, das ich hätte tun können oder sollen. Ein Gewissensspiegel ist dazu nicht erforderlich, kann jedoch hier und da eine Hilfe sein (cf. das Gebetbuch "Gotteslob", Seite 118 bis 141 und 155 bis 157).

Begrüßung

Wenn die/der Beichtende den Beichtstuhl oder das Beichtzimmer betritt, begrüßt sie/ihn der Priester, z.B. mit dem alten christlichen Gruß " Gelobt sei Jesus Christus ". Die Antwort lautet: "In Ewigkeit. Amen".

Dann macht die/der Beichtende das Kreuzzeichen und spricht: " Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen".

Bekenntnis

Es folgt das Bekenntnis der Sünden, die in der Gewissenserforschung bewusst geworden sind. Die/der Beichtende kann auch sagen, wofür sie/er dankbar ist und evtl. einen konkreten Vorsatz für sein Leben formulieren.

Reuegebet

Das Bekenntnis soll die/der Beichtende mit einem kurzen Reuegebet abschließen. Sie/er kann z.B. sagen: "Dies sind meine Sünden. Ich bereue sie von Herzen". Oder: "Ich bereue, dass ich Böses getan und Gutes unterlassen habe".

Beichtgespräch

Der Priester wird in der Regel einige Überlegungen zum erfolgten Bekenntnis, zur Umkehr und zur Vergebung zu bedenken geben. Daraus kann sich durchaus ein Gespräch entwickeln. Meistens schlägt er abschließend der/dem Beichtenden ein Gebet oder eine Tat als Ausdruck der Bußgesinnung vor.

Lossprechung

Das ist die absolute Zusage Gottes, dass wir so, wie wir sind, und auch mit unserer Schuld angenommen und geliebt sind. Der Priester breitet segnend seine Hände aus mit den Worten:

"Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden. Durch den Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden. So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes". Dazu bezeichnet der Priester die/den Beichtende/n mit dem Kreuzzeichen. Die/der Beichtende bekreuzigt sich selbst und antwortet: "Amen ".

Entlassung

Der Priester entlässt die/den Gläubige/n mit Worten wie "Der Herr hat dir die Sünden vergeben. Geh hin in Frieden."

Danksagung

Nach der Entlassung durch den Priester soll die/der Gläubige noch eine Danksagung halten und ggf. das zur Buße aufgetragene Gebet sprechen. Gebetshinweise sind im Gebetbuch "Gotteslob" S. 118, zu finden.