Predigt zum 5. Sonntag im Lesejahr A 2011 (1. Korintherbrief)
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6. Februar 2011 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
"Wer gute Geschäfte machen will, sollte wohl ein Charakter sein,
doch zumindest nach außen von solcher Indifferenz,
dass jeder sich das Bild von ihm machen konnte,
das ihm beliebte oder nützlich war."
Oelker, Petra: Die Schwestern vom roten Haus. Ein historischer Kriminalroman.
Hamburg (Rowohlt Taschenbuch) 2009, S. 345
1. Eine Werbekampagne für Christus
- Stars oder Politiker engagieren Werbefachleute. Diese sollen helfen, dass sie besser in die
Öffentlichkeit kommen. Werbeleute können daran arbeiten, die positiven Seiten herauszustellen.
Sie wissen, was den verschiedenen Menschen und Bevölkerungsgruppen wichtig ist, und können
zielgruppengenaue Imagekampagnen starten, die messbaren Erfolg haben.
- Vielleicht sollten wir solchen Fachleuten mal Jesus Christus
anvertrauen. Sie können das möglicherweise besser als Theologen oder gar
'Alltagschristen' ohne professionelles Training. Denn das
Kommunikationsgeschäft wird immer komplizierter, weil es in der
Gesellschaft so viele verschiedene Gruppen, Stile, Gewohnheiten und
Bedürfnisse gibt. Da braucht es erfahrene Werbefachleute, um ein Produkt
wie "Glauben an Jesus Christus" besser zu den Leuten zu bringen, als
wir in
der Kirche das offenbar schaffen. Bleibt dann nur das Problem, dass gute
Werbung immer auch
sehr teuer ist. Deswegen müssen wir aus Kostengründen wohl doch selber
drangehen.
- Es ist eher unwahrscheinlich, dass wir uns schnell einig würden, welche Seite an Jesus Christus am
besten geeignet ist, sie herauszustellen. Manche werden sagen, bei Jesus kommen sie zur Ruhe.
Andere haben aber erfahren, dass er die nötige Unruhe schafft, die sie befähigt haben, ihr Leben zu
ändern. In manchen Zeiten wurde betont, dass Jesus als Freund der Armen und Ausgegrenzten
etwas von einem Sozialrevolutionär hat; es gibt aber auch Leute, die das gar nicht schätzen. Für die
einen war er vor allem ein vorbildlicher Mensch. Anderen hingegen ist wichtig, dass er der Sohn
Gottes ist. Und auch bei diesen gibt es diejenigen, die die Schwäche und Ohnmacht des Sohnes
Gottes als Befreiung erfahren, andere sehen den Triumph des Auferstandenen als die beste
Werbebotschaft für Christus. Die Liste ist sicher noch nicht vollständig und eine zielgruppengenaue
Feinjustierung ist ebenfalls unerlässlich, wenn die Pro-Christus-Werbekampagne Erfolg haben soll.
2. Der Entschluss des Paulus
- Als Paulus nach Korinth ging, musste er sich entscheiden. Wo
sollte er ansetzen, den Menschen in
dieser quirligen griechischen Hafenstadt Christus zu verkündigen? In
Athen hatte er - wenn wir
nach der Apostelgeschichte gehen - unter den wohlhabenden Gelehrten
versucht, den Auferstandenen zu verkünden. Damit hat er milden Spott
geerntet. Auf dem Areopag waren es Männer,
die es sich durch Sklaven ermöglichten, in Luxus über die Weisheit zur
räsonieren und sich hier auf
Erde ein gutes Leben zu machen. Auferstehung war für sie kein Thema.
- In Korinth hat sich Paulus anders entschieden. Rückblickend schreibt er: "Ich hatte mich entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten." Er
verkündigt den Korinthern Gott, der Mensch wird um qualvoll am Kreuz zu krepieren, Gott, der
von den Menschen verurteilt und auf die erbärmlichste Weise hingerichtet wird, Gott der lieber
leidet, als sich auf die Seite derer zu stellen, die leiden lassen.
- Damit ist er sicherlich der damals herrschenden Philosophie nicht entgegen gekommen. Bei den
Meinungsmachern in der Stadt hatte er damit keinen Erfolg. Die Mehrheit wird es nicht gewesen
sein, die sich diesem Evangelium stellen wollten, das die gewohnten Werte so radikal in Frage
gestellt hat.
Zugleich hat Paulus damit einen Ansatzpunkt der Verkündigung gewählt, bei dem er nicht durch
Rhetorik punkten konnte. Angesichts des Kreuzes kommt auch Paulus eher ins Stottern und kann
nicht "nicht Überredung durch gewandte und kluge Worte" seine Zuhörer verführen. Er geht ein
großes Risiko ein, wenn er es Gott überlässt, dass diese Evangelium "Geist und Kraft" entfaltet.
Nur wer sich auf diesen Gott einlässt, kann erfahren, dass darin viel mehr frohe Botschaft liegt als
in jeder Verkündigung, die Gott nützlich und handsam macht.
3. Salz der Erde
- Die Verkündigung vom Kreuz her war eine Entscheidung. Paulus hätte
sich auch anders entscheiden können. Wenn wir das Evangelium kennen,
wissen wir, dass es viele Facetten an Jesus
gibt. Der eine Ansatzpunkt ist nicht von vorne herein mehr "wahr" als
ein anderer. Jeder Zugang zu
Christus wird versuchen, das Ganze zu erschließen.
- Entscheidend ist, was jeweils Menschen hilft diesen Zugang zu finden und natürlich, dass das
Ganze dabei nicht geleugnet wird. Den Gekreuzigten ohne die Auferstehung, den Auferstandenen
ohne das Kreuz, den Menschen Jesus ohne seine Gottheit, den Gottessohn ohne seine menschliche
Verletzlichkeit, den Mahner ohne den Tröster, den Heilenden ohne den Warnenden - all das wird
dann falsch, wenn der Zugang das Ganze leugnet.
- "Ihr seid das Salz der Erde", ruft Jesus den Jüngern zu, die er in den Seligpreisungen ermutigt hat.
Diese Erde brauch diejenigen, die verfolgt und verachtet werden, weil ihnen Gottes Gerechtigkeit
und Frieden wichtig ist, weil sie sanftmütig sind und um ihre Armut vor Gott wissen. Dies ist das
grundlegende Zeugnis für Christus; es gehört für jeden zum Christsein dazu. Wer dann in die
Situation kommt, gefragt zu werden, wer Jesus Christus ist, an den wir glauben, der wird im Blick
auf den, der ihn fragt, überlegen, welcher "Zugang" zum Glauben jetzt und in dieser Situation der
angemessene ist. Dabei hilft es aber, den Zugang des Paulus in Erinnerung zu haben. Denn weil er
sich entschieden hatte, den Gekreuzigten zu verkündigen, kam er nicht so leicht in Versuchung,
dabei rechthaberisch und großspurig aufzutreten. ( darauf bezieht sich das ausschließliche "nichts
zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten"). Das gilt für jedes Zeugnis von
Christus: Von ihm können wir in Wahrheit nur sprechen, wenn wir es in Liebe tun. Amen.