Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 6. Sonntag der Osterzeit Lesejahr B 2018 (1 Johannes)

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6. Mai 2018 - Internat des Aloisiuskolleg, Bonn - Bad Godesberg

1. Ich glaube nicht an Gott

  • Wenn mir jemand sagt Ich glaube nicht an Gott!, habe ich mir angewöhnt, eine einfache Nachfrage zu stellen. Ich frage: An welchen Gott glaubst du nicht? Denn allzu oft habe ich festgestellt, dass ich an einen solchen Gott auch nicht glaube. Allzu oft haben Menschen recht, wenn sie nicht daran glauben oder darauf vertrauen, was ihnen als Bild Gottes verkauft wurde oder als Gottesbild in ihrem Kopf entstanden ist. Allzu oft hat das nichts mit Gott zu tun, der von der Bibel bezeugt und von der Kirche verkündet wird.
  • Es ist aber schade, wenn Menschen dann meinen, es sei ja ohnehin egal, an welchen Gott man glaubt, weil es doch nur ein 'Glauben' sei, also nur ein vages Nicht-Wissen. Da könne doch jeder seine Meinung haben, da müsse man sich nicht groß darüber unterhalten.
  • An dieser Stelle wird mir wichtig was heute im Johannesbrief steht. Dort ist tatsächlich von "Gott erkennen" die Rede. Ja, man kann Gott erkennen, aber das hängt davon ab wer ich bin. Oder doch zumindest davon, wer ich sein will, wo mein Herz hingeht, was meine Sehnsucht ist.

2. Lernen, wo es Mühe kostet

  • Beim Lernen für die Schule sind die Karten ungleich verteilt. Die einen, so hat es den Anschein, lernen völlig mühelos. Sie müssen nicht viel tun, es fällt ihnen einfach leicht. Andere hingegen müssen sich kräftig anstrengen, um etwas zu lernen. Für sie ist es richtig viel Arbeit.
  • Das wird leicht als unfair erlebt, ich kann das gut verstehen. Aber zumindest hat der, dem es schwer fällt zu lernen, im Leben kapiert, dass es Arbeit braucht, aktive Arbeit, um etwas zu kennen. Das kann wichtiger sein als eine Eins in Mathe.
  • Manchmal hatte ich auch schon die Fantasie, ob es nicht viel einfach wäre, zu lernen wie ein Computer. Da wird einfach irgendwo ein USB-Stick reingesteckt, abgeloaded, und schon hat man die Sache gelernt. Geht doch viel einfacher. Aber ein solches Lernen hätte nichts mehr mit mir zutun. Es wäre ein oberflächliches In-Sich-Hineinfressen. Manche lernen vielleicht wirklich so. Manchmal muss man es vielleicht auch so lernen. Aber wenn es nur so ist, dann fehlt etwas Entscheidendes im Leben.

3. Gott kennen lernen

  • Von dem Entscheidenden im Leben erzählt die Bibel. Aus dem Ersten Johannesbrief haben wir gehört: "Die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe." Das ist in keinem Moment eine abstrakte Theorie, sondern erzählt immer ganz konkret von Jesus Christus. Wenn Gott nicht wirklich Mensch geworden wäre, dann wären diese Sätze hier billig und belanglos. Aber weil Gott selbst Mensch geworden ist, geht es hier konkret darum, wie ich dem wirklich Wichtigsten in meinem Leben begegnen kann und wie ich wirklich leben kann.
  • Die Antwort darauf heißt: Beginne zu leben, und erkenne Gott erkenne Gott, und entdecke die Liebe. Warum dieser Umweg über Gott? Geht es bei Liebe nicht um meine Gefühle? - Wenn Liebe nicht mehr ist als dein Gefühl, dann bist du Sklave von deinen Gefühlen. Das können heftige Gefühle sein, aber die Scheidung lauert schon um die Ecke. Die Liebe, von der hier die Rede ist, ist die Liebe, die auf sich selbst vergisst und für andere da ist. Das ist die mutige Liebe. Das ist die treue Liebe. Das ist der einfache Respekt vor einem anderen Menschen, auch wenn es für mich keinen Nutzen bringt. Das ist real.
  • Ich brauche also diesen Abstand zu mir selbst, um Gott zu erkennen. Wer immer nur an seinen eigenen Nutzen denkt, wird Gott nie erkennen. Denn Gott ist jenseits von Nutzen und Berechnung. Es geht nicht darum, dass wir perfekte Menschen sein müssen, bevor wir Gott erkennen können. Es reicht die Sehnsucht. Die Sehnsucht danach, nicht stehenzubleiben in einem alten Ich, das nichts anderes kennt als ich selbst. Diese langweilige Hölle, das immer nur Ich-Selbst.
    Die Bibel und die Kirche, ja jeder Gottesdienst, ist so etwas wie ein Instrument. Sie wollen uns helfen, Sehnsucht zu haben. Das ist das Entscheidende. So etwas hat kein USB-Stick. Das hast nur du als Mensch. Auch wenn es dich Mühe kostet, vielleicht sogar gerade dann. Dann weißt du dass es etwas wertvolles ist, Gott zu erkennen, weil es dich die Mühe gekostet hat, andere zu lieben: den Menschen neben dir, und manchmal auch den, der dir noch sehr fern ist. In jedem kann Gott dir begegnen. Amen.