Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 8. Sonntag im Lesejahr B 2006 (Markus)

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26. Februar 2006 - Universitätsgottesdienst, St. Ignatius Frankfurt

1. Sehnsucht nach Erneuerung

  • Dieses Evangelium kann Sehnsucht wecken. "Neuer Wein gehört in neue Schläuche." Da schwingt die Hoffnung mit, es könnte in unserem Leben vielleicht wirklich so etwas wie einen Neuanfang und Aufbruch geben.
  • "Niemand näht ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid", meint Jesus. Und doch geschieht genau das häufig. Es ist sogar die Regel. Wir versuchen, hier und da, mit Flicken und Flecken das alte Kleid brauchbar zu halten. Das Grundgefühl ist da, dass unser Leben insgesamt eine neue Richtung nehmen müsste. In der Praxis aber sind wir froh, wenn wir in einem kleinen Sektor es schaffen, das Alte abzulegen.
  • Jesus zitiert zunächst ganz praktische Regeln. Frischer, ungewalkter Stoff zieht sich beim ersten Waschen zusammen. Auf ein gebrauchtes Kleid genäht, zerreißt er dieses. Neuer Wein in gebrauchten Lederschläuchen aufbewahrt, wird mit der Säure diese zum Platzen bringen. Handfeste Regeln. Aber sie sprechen auch die Erfahrung an, dass Neues sich an Altem reibt, neue Aufbrüche durch die alte Routine wieder nach unten gezogen werden.

2. Das Neue in Jesus Christus

  • Für die junge christliche Gemeinde steht hinter dem heutigen Evangelium eine Erfahrung. Jesus lebte mit seinen Jüngern im Rahmen der jüdischen Gemeinde. Die ersten Leser des Markusevangeliums vermutlich ebenso. Das Evangelium hat sie aber in vielfacher Hinsicht in Gegensatz zu den überlieferten religiösen Gewohnheiten gebracht.
  • Im Kern dieses Evangeliums steht die Person Jesu. Es ist ja nicht einfach irgendwer der irgendeine Neuerung einbringt. Jesus spricht mit göttlicher Vollmacht. Er ist der Sohn, der vom Vater gekommen ist, um Israel zu sammeln und damit allen Völkern Gottes anbrechendes Reich verkündet wird. Er ist der Bräutigam in der Hoch-Zeit der Begegnung Gottes mit dem Menschen. Dadurch ist ein Datum gesetzt, hinter das die Christen nicht zurück können.
  • Im konkreten Fall betrifft das die Fastenpraxis. Während in der Tradition der Pharisäer Montags und Donnerstags tagsüber gefastet wird, ist die Grundstimmung der Jünger mit Jesus, dass so etwas wie eine Hochzeit stattfindet. Solange in Jesus Gott so überwältigend gegenwärtig ist, passt kein Fasten. Es wird aber schon nach vorne darauf verwiesen, wenn der Freitag zum Fastentag wird, da "der Bräutigam" genommen wird. Am Freitag stirbt Jesus am Kreuz.

3. Neuer Wein

  • Es ist zu kurz gegriffen, die Erfahrung nur auf die Fastenpraxis zu beziehen. Jesus verkündet den umfassenden Neuanfang für jeden Menschen. Die pharisäische Fastenpraxis ist nur einer der Konfliktpunkte. Umfassend aber ist der ganze Mensch gemeint. Dass Gott in Jesus Mensch geworden ist, steht dafür, dass nun der ganze Mensch von göttlicher Gegenwart erfüllt werden kann. Wir können ganz von Gott erfüllt werden, neu geschaffen, neu von göttlichem Leben unseren Ausgangspunkt nehmen. "Neuer Wein in neuen Schläuchen."
  • Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth "Doch sind wir dazu nicht von uns aus fähig, als ob wir uns selbst etwas zuschreiben könnten; unsere Befähigung stammt vielmehr von Gott." Darin liegt der Schlüssel. Solange wir unseren Neuanfang nur dort sehen, wo wir in unserem Leben Veränderung und Aufbruch schaffen, bleibt der Blick frustrierend auf das Unvollständige und Bruchstückhafte. Wir sehen nur den Sisyphus in uns, der mühsam den Stein einen Hang hinauf schleppt, der sogleich wieder hinabrollt. Die Botschaft des Evangeliums aber heißt: Lasst Euch in die Gemeinschaft mit Gott nehmen. Er hat diese Arbeit für Euch getan. Ihr braucht nur mitzugehen.
  • So allein kann etwas neu werden bei uns. Denn wenn wir darauf vertrauen können, dass das Ganze unseres Lebens von Gott getragen wird, dann reicht die Kraft, um anzufangen, das, was in unserem Verhalten und unseren Beziehungen veraltet und abgestorben ist, mit neuem Leben zu erfüllen. Während wir diese kleinen Schritte tun, behalten wir im Gebet das Ganze unsers Lebens im Blick. Vielleicht ist die nun beginnende Fastenzeit dazu auch eine Hilfe, wenn wir Zeichen des Verzichts setzen, um so unser ganzes Leben Gott hinzuhalten mit der Bitte, dass er bei den kleinen Schritten an unserer Seite ist. Amen.