Predigt zum Dreifaltigkeits-Sonntag im Lesejahr B 2006 (Matthäus)
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11. Juni 2006 - Hochschulgottesdienst, Kaiserdom Frankfurt
1. Botschaft auf dem Berg
- Das Matthäusevangelium schließt mit einem mächtigen Finale.
In knappen Sätzen fasst Jesus seine Botschaft zusammen. Für diese
Botschaft wurde er hingerichtet und man kann es fast verstehen, warum seine
Gegner so empört waren: Hier betont der Auferstandene, was Jesus auch
zuvor gesagt und getan hat: Er tritt mit Vollmacht auf. Hier spricht nicht
ein Gesetzesausleger, hier spricht einer, der zu sagen hat, mit göttlicher
Autorität: "Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der
Erde." Welch Ärgernis, dass ein Mensch so spricht!
- Jesus verkörpert in dem was er ist und lehrt das Gottesbild der Bibel.
Der Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde, wendet sich Menschen zu,
er beruft sie, sein Volk zu sein, gibt ihnen ein Gesetz, nach dem sie leben
können in Gerechtigkeit, und sendet sie, ein Segen zu sein für alle
Völker. Auf dem Berg sendet er sie. Auf dem Berg erinnert er sie an alles,
was er gesagt hatte, vor allem an jene Lehre vom Berg der Bergpredigt. Dort
hat er uns Gott und seine Liebe verkündet.
- Dieser Gott liebt nicht nur, er ist die Liebe. Gott wendet sich nicht nur
den Menschen zu und bringt sie zusammen zu einer Gemeinschaft. Er ist selbst
in ihrer Mitte. Er ist selbst das Verbindende zwischen den Menschen, die auf
sein Wort hören. Deswegen erkennen die Jünger in Leben und Botschaft
Jesu Gott selbst. Sie fallen vor ihm nieder, in Verehrung und Anbetung. Sie
bekennen, Jesus ist der Herr. In ihm begegnet uns Gott selbst.
2. Erfahrung von Gottes Gegenwart
- Die Erfahrung von Gottes Gegenwart in dem Menschen Jesus Christus ist der
Kern dessen, was Christen glauben und später in der Lehre von der Dreifaltigkeit
zu beschreiben versucht haben. Wenn wir daher am heutigen Sonntag die Dreifaltigkeit
feiern, dann steht nicht eine abstrakte Lehre im Zentrum, sondern gelebte
Erfahrung des Glaubens.
- Diese Erfahrung geht an den Grund unseres Menschseins. Sie ist für
uns die Antwort auf eine andere Erfahrung. Einerseits sind wir als Menschen
zutiefst darauf angelegt, in Gemeinschaft und in Liebe zu leben. Danach sehnt
sich jeder Mensch. Zugleich aber erfahren wir, dass wir immer wieder über
das Trennende stolpern: Trennendes in uns selbst und eine Gesellschaft und
eine Welt, in der immer wieder Menschen und ihre Interessen gegen einander
ausgespielt werden.
- Was Liebe sein könnte ist oftmals das Gegenteil. Die Bibel nennt es
Schuld und nennt es Sünde. Christen heute blenden es aus - oder sind
fast krankhaft darauf fixiert. Das eine ist so fatal wie das andere. Denn
es geht im Kern um uns als Menschen. Wir sind von unserem Schöpfer zu
Gemeinschaft und Liebe berufen und befähigt. Deswegen ist alles, was
wir tun, und alles, was uns hindert, Gemeinschaft und Liebe zu leben, keine
Bagatelle. Es trifft uns in unserem Menschsein, unserem tiefsten Wesen.
3. Überwindung von dem was trennt
- Gott selbst ist die Antwort auf unserer Suche nach Gemeinschaft und Liebe.
Gott selbst will uns "erlösen" - befreien von allem, was uns
isoliert, gegen einander aufbringt, in die Einsamkeit stößt und
die Ignoranz. Gott selbst ist die Antwort. Jesus erinnert daran, dass der
Gott Abrahams, Isaaks und des Moses Menschen zusammen bringt und ihnen hilft,
Gemeinschaft zu sein - Volk Gottes. Indem wir Menschen Gemeinschaft haben
mit Gott, haben wir Gemeinschaft mit einander. Der Glaube erlöst uns.
Er befreit uns vom Alleine-Sein und führt uns in das Sein mit anderen
und für andere.
- Jesus ist für uns als Christen dabei zentral. Denn immer wieder, wenn
wir beten und das Wort des Evangeliums hören, immer wenn wir versuchen
als Christen ihm nachzufolgen, werden wir mit dem zentralen Geheimnis seines
Lebens konfrontiert: Dass er ganz aus der Beziehung zu Gott gelebt hat, bis
hin in Tod und Auferstehung. Und dass zugleich in ihm Gott selbst gegenwärtig
ist. Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott, ist unser Weg. Gemeinschaft
zu haben mit Gott ist das Wesen der Kirche. Mit Jesus nennen wir Gott unseren
Vater. Mit ihm sind wir einander Schwestern und Brüder. Gott hat diese
Erlösung getan, indem er einer von uns wurde und die Sterblichkeit des
Menschen selbst getragen hat. Mit ihm überwinden wir in immer neuen Anläufen
das, was uns trennt von einander und von Gott.
- In der Taufe sind wir eingetaucht in die Gemeinschaft Jesu Christi mit seinem
Vater. Je tiefer wir diese Taufe erfassen und leben, können wir spüren,
dass wir darin ganz hineingenommen sind in die Beziehungsgeschichte Gottes.
Je tiefer wir es leben, desto mehr können wir spüren, dass in dieser
Beziehung Gott selbst wirkt und gegenwärtig ist. Gott selbst wirkt in
uns und durch uns, sein Heiliger Geist. Das ist das Geheimnis der Dreifaltigkeit:
Aus Gott zu leben, durch Christus zu leben, in Gottes Geist zu leben - das
überwindet alle Grenzen. "Geht zu allen Völkern, und macht
alle Menschen zu meinen Jüngern", fordert uns der Auferstandene
auf. Alles was uns Menschen voneinander trennt, kann durch diese Sendung überwunden
werden. Es ist an uns, dieser universalen Sendung Jesu Christi zu vertrauen.
Amen.