Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Einleitung zum Ökumenisches Gedenken an die in Bagdad ermordeten Christen

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20. November 2010 - Kleiner Michel, Hamburg

Einleitung des Gottesdienstes, Martin Löwenstein SJ

  • Wenn Christen ermordet werden, weil sie zum Gottesdienst versammelt sind, dann betrifft das den ganzen Leib der einen Kirche aller Getauften auf der Erde. Deswegen haben wir als Gemeinschaft der Kirchen in Hamburg zu diesem Gedenken heute eingeladen. Deswegen sind wir hier. Manche von uns stammen aus Ländern, in denen Christen um ihres Glaubens willens benachteiligt, verfolgt oder gar ermordet werden. Sie leben heute in Hamburg und gehören zu uns, wie auch diejenigen, deren Kirchen ihre Wurzeln seit langem in unserem Land haben. Zusammen sind wir hier.
  • Zusammen sind wir aber auch hilflos. Wir sehen, dass die Verfolgung weiter geht. Aber was wir tun können, weiß ich nicht. Die christlichen Kirchen haben gegen den Krieg der USA im Irak protestiert. Zu Ihrem Schaden hat die Regierung der USA nicht darauf gehört. Die mörderische Saddam-Diktatur wurde gestürzt, aber seit dem nimmt das chaotische Morden kein Ende. Zu den Opfern zählt nicht nur die christliche Minderheit. Opfer sind auch Muslime, denn schon längst ist es kein Tabu mehr, im Namen Allahs Moscheen anzugreifen, weil Gruppen für sich in Anspruch nehmen, allein Gottes Willen zu kennen - und meinen dadurch zu menschenverachtender Gewalt legitimiert zu sein. Am 31. Oktober wurde die Sajjidat-al-Nadscha-Kirche zu Bagdad während des Gottesdienstes überfallen und über 50 Menschen ermordet. Ihnen gilt unser Gedenken heute.
  • In vielen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens werden seit längerem Christen verdrängt. Die radikalen Gruppen nutzen Terror und Gewalt, um den christlichen (und jüdischen) Teil aus dem Land zu jagen. Außer dem Islam, wie sie ihn verstehen, soll nichts Lebensrecht haben. - Was können wir hier da tun?
  • Muslimische Freunde sagen mir dies: Nach ihrem Glauben sündigen diejenigen schwer, die im Namen Allahs Terror ausüben. Genauso müssen wir uns fragen, was unser Glauben von uns fordert. So wie viele Muslime überzeugt sind, dass vom Pfad der Rechtleitung abweicht, wer andere um ihres Glaubens willen mordet, so suchen wir nach dem Weg, den Gott uns als Christen leiten will angesichts der Vertreibung und Ermordung von Mitchristen.
  • Die Traditionen unserer Kirchen helfen uns. Sie helfen uns zu trauern und zu klagen angesichts von Tod und Gewalt. Sie lassen uns hören auf das Zeugnis der Schrift, in der Gottes Wort uns begegnet. Sie geben unseren Bitten und Rufen eine Sprache.