Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zur Hochzeit - 17. August 2013 - Lk 24, 13-35 - Miteinander unterwegs

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17. August 2013 - Stiftskirche St. Johann Baptist und Petrus, Bonn

1. Mit einander auf dem Weg

  • Mit einander auf dem Weg. Dieses anschauliche Bild hat Toni und Max dazu gebracht, das Evangelium von den Emmaus-Jüngern für ihre Hochzeit auszuwählen. Eine gute Wahl, auch weil sie nicht üblich ist. Miteinander auf dem Weg ist ein Gegenentwurf zu den üblichen Paralleluniversen, in der jeder Planet seiner eigenen Bahn folgt und zwei sich nur gelegentlich treffen um zu kuscheln oder zu chatten.
  • Das Brautpaar hat mir im Vorfeld deutlich gemacht, dass für sie ganz wichtig an diesem Evangelium ist, dass Jesus mit den beiden auf dem Weg ist. Ganz im Sinne dieser Feier hier geht es nicht um traute Zweisamkeit, sondern darum, einen Weg zusammen mit Gott zu gehen. Er ist der Dritte, so sagten sie mir, der mit geht.
    Wenn man aber das Evangelium daraufhin anschaut, wird man schnell feststellen, dass das nicht so einfach ist, wie man 'zwei plus eins gleich drei' zählt. Denn die längste Zeit wissen die beiden Jünger gar nicht, dass es Jesus ist - und als es ihnen endlich klar wird, da "sahen sie ihn nicht mehr".
    Das unterscheidet Gott von allen möglichen Lebensbegleitern, das kirchliche Bodenpersonal inklusive. Gottes Gegenwart ist nicht 'zu haben'; Gott ist und bleibt der Heilige, der Unverfügbare. Und trotzdem kann im Rückblick auf einen Abschnitt des Weges ganz deutlich werden, dass die ganze Zeit "das Herz brannte", weil Gott gegenwärtig ist.
  • Deswegen sollten wir uns nicht vorschnell darauf festlegen, wie und wo uns Gott begegnet. Es ist manchmal der ganz Fremde, manchmal aber auch der ganz Vertraute, in dem Gott mich seinen Gegenwart erfahren lässt, auch wenn mir im Augenblick noch gar nicht klar ist, wie sehr das Herz brennt.
    Christliche Ehe ist daher immer beides: Einander ganz zugetan im Bund der Ehe, und zugleich offen für das Neue und Herausfordernde, das noch nicht geplant war. Und beides sollte man nicht zu sehr von einander trennen, denn vielleicht gibt es in dem Vertrauten unerhört Neues zu entdecken, im vertrauten Partner ebenso, wie in den vertrauten Formen des Glaubens und der Kirche.

2. Vier Ebenen

  • Das Evangelium von den Emmausjüngern ist von Lukas sehr präzise erzählt. Deswegen sollten wir im Blick auf die Feier heute noch einmal darauf schauen. Lukas hat ja nicht irgendeinen Schnack erzählen wollen, sondern will exemplarisch deutlich machen, wie Christen den Glauben erleben.
  • Dabei fallen vier Ebenen auf: Erstens die Erlebnisse, die die beiden dem unbekannten Wanderer erzählen. Zweitens die Bedeutung der Bibel, durch die der unbekannt Begleiter diese Erlebnisse deutet und erklärt. Drittens das gemeinsame Mahl, als die beiden den Unbekannten beim Brotbrechen erkannten. Und schließlich viertens der Aufbruch nach Jerusalem.
  • Zum Ersten: Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Ehe auf Dauer möglich ist, ohne wirklich miteinander über das zu reden, was einen bewegt - und einander zuzuhören. Das ist leider nicht selbstverständlich. Ein regelmäßiger gemeinsamer "Emmausgang" gehört deswegen dazu, wenn eine christliche Ehe funktionieren soll.
  • Zum Zweiten: Es lohnt sich, mit der Bibel vertraut zu werden. Denn diese anscheinend so fernen und alten Texte werden für den, der sein eigenes Leben in ihrem Licht anschaut zum Schlüssel der Erkenntnis Gottes. In der Bibel steckt geistliche Erfahrung des Volkes Gottes. Deswegen ist sie immer noch die Weise, wie Gott sein Wort zu uns spricht. Deswegen können wir mit der Bibel beten lernen.
  • Zum Dritten: Das Brotbrechen, bei dem die beiden Jesu erkennen, verweist sowohl auf die vielen Gelegenheiten, bei denen Jesus einander fremd gewordene Menschen zu einem gemeinsamen Mahl zusammen holt, wie auch auf das eine Abendmahl, in dem Jesus den zwölf Aposteln das Brot und den Wein gereicht hat als Sakrament seiner leiblichen Gegenwart in dem neuen Bund.
    Toni und Max wollten daher das Sakrament der Ehe, in dem Gott in ihrem Ja-Wort wirkt, verbinden mit dem Sakrament, in dem Gott seinen Bund mit den Menschen erneuert.
  • Zum Vierten: Die beiden Emmausjünger sind kirchliche Menschen, weil sie ihre Glaubenserfahrung mit anderen teilen und weil sie auf die Glaubenserfahrung anderer hören. Sie kehren von Emmaus nach Jerusalem zurück, um die anderen Jünger zu treffen, auch die Frauen, denen sie bisher so wenig Glauben geschenkt hatten.

3. Sakrament

  • So geschieht heute für Max und Toni alles - und ist das alles nichts, wenn es dabei bliebe. Denn ein Sakrament ist der heilige Augenblick, in dem Gott etwas geschehen lässt; Gott selbst handelt gegenwärtig durch Menschen und unter Menschen. Aber wir treiben hier keinen Hokuspokus. Sakramente sind nur möglich, im Kontext eines Lebens, das aus Gott und auf Gott hin in der Gemeinschaft der Kirche gelebt wird. Der Blick zurück gehört ebenso dazu wie der Weg nach vorn.
  • Es ist Euer Geschenk an uns, dass Ihr wie die Emmausjünger mit Euren Erfahrungen "nach Jerusalem", hier in die Stiftskirche, gekommen seid, damit wir hören und miterleben dürfen, wie Gott Euch zusammen geführt hat, und wie Gott durch Euch sein Wort der Liebe und Treue spricht.
    Jeder, der hier ist, kennt Euch zumindest ein wenig. Diese Stücke an gemeinsamen Erlebnissen wollt Ihr beiden zusammentragen zu dem einen Sakrament Eurer Ehe.
  • Es ist unser Geschenk an Euch, dass wir heute Eure Gemeinde sind. Wäre da niemand in Jerusalem, hätten die beiden Emmausjünger auch nicht dorthin zurück kehren können. Wir wollen also heute für Euch die Versammlung Gottes sein, in der Ihr vor Gott hintreten könnt, um Euer Leben unter seinen Segen zu stellen. Ihr sollt alle Tage auf diesen Tag zurück blicken können: Brannte uns nicht das Herz, als wir einander die Treue versprochen haben? Brannte uns nicht das Herz, als er uns das Brot brach und den Kelch gereicht hat? Brannte uns nicht das Herz, weil so viele Menschen mit uns heute Kirche sind und singen: "O Seligkeit, getauft zu sein. Am Leben der Dreieinigkeit ward Anteil mir geschenkt. Ich bin der Kirche Christi Glied, ein Wunder ist's, wie das geschieht. Ich bete an und glaube." Amen.