Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zur Hochzeit - Liebe wird sichtbar

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15. Oktober 2005 - St. Ignatius, Frankfurt/M.

Die Braut ist Deutsche und Katholikin, der Bräutigam ist Däne und nicht getauft, hat sich aber sehr bewusst und zustimmend mit ihr für eine kirchliche Trauung entschieden. Beide sind Film-begeistert, so dass es klar war, dass in der Predigt ein Film stecken sollte. Die Grundidee stammt denn aus "Meet the parents" ("Meine Braut, ihr Vater und ich", 2000) von Jay Roach; als Referenz an Dänemark ist im letzten Absatz ein Thema und ein Zitat aus "Breaking the Waves" (1996) von Lars von Trier eingegangen.

1. Offenbar

  • Jetzt ist es spätestens raus. "Es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar wird." Christina und Claus hätten keine größere Öffentlichkeit wählen können als diese hier. Denn nicht nur vor den Freunden und Verwandten, die gekommen sind, heiraten sie. Jede Gemeinde von Christen, die zum Gottesdienst versammelt ist, macht die ganze Kirche gegenwärtig. Und zur ganzen Kirche gehört nicht nur die Milliarde der Getauften, sondern auch alle Heiligen und Engel des Himmels sind da: Eure Liebe ist "nichts Geheimes" mehr, es wird "bekannt" und "kommt an den Tag".
  • Nicht dass sie es bislang verheimlicht hätten. Aber spätestens hier wird aus dem Privaten ein Öffentliches; öffentlich vor Gott und den Menschen heiraten Claus und Christina. Das ist mehr und anderes als die steuerrelevante Erklärung vor dem Standesbeamten. Welchen Mut brauchen Menschen, um vor Gott und der Ewigkeit als Menschen in der Zeit ihr Leben einander zu versprechen in Gesundheit und Krankheit, in Glück und Bedrängnis, so lange dieses Leben währt.
  • Diesen Mut können wir alleine gar nicht aufbringen. Die Freunde und Verwandten sind nicht nur eingeladen, weil sie auch mal wieder ein rauschendes Fest erleben sollen. Sie werden gebraucht, um diese Liebe zu stützen, damit aus der Verliebtheit und Liebe ein Bund wird, der das Leben trägt. Christina und Claus schließen diesen Bund. Aber sie tun es in der Hoffnung und dem Vertrauen, dass nicht nur Ihr hier sie dabei stützt, sondern dass es Gott selbst ist, der sie zusammengeführt hat und sich in dieser Liebe und diesem Bund zeigen will. Ohne das Vertrauen auf die Treue Gottes wäre das vermessen.

2. Meet the Parents

  • Vor allem Claus geht damit ein Wagnis ein. Schon dass er Däne ist, zeigt sein Vertrauen, dass die Deutschen nicht wieder ungezogen werden und wie 1864 an den Düppeler Schanzen aufsässig werden. Es muss die Liebe sein, die ihn fern seiner Heimat bindet. Es ist aber bekanntlich nicht nur die Braut, die man heiratet.
  • Ich bin nicht informiert, wie er die Eltern der Braut kennen gelernt hat. Das ist der bange Moment, wo man merkt, in welche Familie man da einheiratet. Wenn man Christina ein wenig kennt, kann man eigentlich auf eine sehr nette Verwandtschaft schließen. Aber als Fremder, der als Freund der Tochter und künftiger Schwiegersohn ins Haus kommt, kann man in viele Fettnäpfchen treten. So mancher schon hat in Champagnerlaune den verborgenen Familiengeist vom Kaminsims geholt. Vielleicht, lieber Claus, musstest Du auch erst deutlich machen, dass da ein wirklich Fremder die Tochter des Hauses liebt, bevor der Vater der Braut sie zu Dir an den Altar geführt hat.
  • Dabei ist die Verwandtschaft der Braut gelinde gesagt groß. Denn neben dem Vater, der hier sitzt, nennt Christina noch einen anderen ihren Vater und die Zahl derer, die sie Schwestern und Brüder nennt, ist unüberschaubar. Wer eine Christin heiratet, hat eine große Verwandtschaft am Hals. Denn in der Taufe wurde Christina von ihren leiblichen Eltern dem himmlischen Vater anvertraut und damit in die Schar einer großen Familie eingefügt, die ihre Licht- und ihre Schattenseiten hat. Du wirst, lieber Claus, wenn Du nachher den Ehebund schließt, so etwas wie ein angeheirateter Christ.

3. Gesetz im Herzen

  • Die Christen insgesamt haben das auch durchgemacht. Allerdings erinnert sich daran kaum noch jemand. Deswegen ist es gut, dass ihr diese Lesung aus zwei Kapiteln des Briefes zusammengestellt habt, mit dem sich der Apostel Paulus seinen Schwestern und Brüdern in Rom vorgestellt hat, bevor er dort hin auf Besuch kam. Der Römerbrief handelt im Kern davon, dass Gott sich zunächst ja genau ein Volk ausgesucht hatte, das Volk Israel, um mit diesem Volk einen besonderen Bund zu schließen. Jesus gehört zu diesem Volk und Paulus auch. Aber zu seiner Zeit sind immer mehr Menschen aus den "Völkern" (unsere Lesung übersetzt das Wort mit "Heiden") dazu gekommen. Eingeheiratet in das Volk Gottes stellte man fest, dass es in dieser Familie viele, durchaus sinnvolle Familientraditionen gibt. Gemeint ist "das Gesetz", also die Gesetze des Alten Testamentes, an ihrer Spitze die Zehn Gebote.
  • Diesen Christen aus den Völkern schreibt Paulus, dass die Getauften, "die das Gesetz nicht haben", weil sie nicht wie er und viele andere Christen zum Volk der Juden gehören, dennoch "von Natur aus das tun, was im Gesetz gefordert ist". Denn die Erfahrung der ersten Christen war, dass sie in der Nachfolge Jesu die Liebe erfahren, die wie von selbst dazu drängt, das zu tun, was im Gesetz steht: "Denn die Gebote: Du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren!, und alle anderen Gebote sind in dem einen Satz zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Auf diese Liebe hin sind wir getauft. In diese Gemeinschaft heiratet Claus ein. Diese Liebe soll die Basis Eurer Ehe sein.
  • Das Evangelium - die frohe Botschaft! - besteht darin, dass Gott "durch Jesus Christus das, was im Menschen verborgen ist, richten wird". Sein Leben und seine Botschaft ist also der Maßstab. Maßstab ist aber kein Gesetz mehr, als ob wir Wörter lieben könnten, sondern der lebendige Gott, der unter uns erschienen ist. Gott selbst ist wie ein Sämann, der seine Saat ausstreut (das Gleichnis steht vor dem Evangeliumsabschnitt bei Lukas). Gott hat seine Liebe gezeigt, öffentlich vor aller Welt, damit wir Kraft bekommen, diese Liebe zu leben. Damit die Saat aufgeht und Frucht bringt. Es ist, wie wenn zwei junge Menschen sich lieben. Sie wollen, dass alle Menschen es sehen. So will Gott seine Liebe zeigen, öffentlich vor aller Welt. So trägt die Liebe Frucht in ihren Taten, strahlt aus, und alle die eintreten werden es sehen. Damit das Licht nicht unter das Bett gestellt wird, sondern auf den Leuchter: Wie Ihr Eure Traukerze hier auf den Leuchter stellen werdet, so soll Eure Liebe für uns alle zum Zeichen werden, dass Gottes Liebe auch unter uns kraftvoll ist. Amen.