Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zur Hochzeit - Party aus gutem Grund

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1. Oktober 2016 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Party

  • Party kann man jederzeit feiern, man muss nur hinreichend in die Location und Ausstattung investieren. Aber ein Fest ist noch etwas Entscheidendes mehr, es ist sozusagen Party mit besonderem Anlass - und der Anlass macht unter Umständen das ganze Drumherum nicht überflüssig, aber doch präzise zweitrangig. Der erste Rang, das Erstranigige ist der Anlass der Party. So auch heute.
    Der Anlass scheint klar - und ist es doch nicht. Denn J. und S. sind schon seit einigen Jahren zusammen. Und alles, was ich weiß, spricht dafür, dass für beide schon lange klar ist, was sie heute sagen werden: "...alle Tage meines Lebens". Das war also schon lange so und wird hoffentlich schon lange so sein. Was also ist der Anlass, eine Party zu feiern?
  • Es ist ähnlich wie zwei, die sich lieben und die beide wissen, dass sie sich lieben, und es trotzdem gerne wieder hören: Ich liebe dich. - Das dürfte bei unserem Brautpaar nicht anders sein. Im beruflichen Leben würden sie bei solcher auf den ersten Blick überflüssiger Kommunikation darauf getrimmt sein, wie man das optimiert. Im Privaten gönnen wir uns, ja brauchen wir das was überflüssig scheint: Das Fest.
  • Eine Party kann man immer feiern. Sie gelingt mehr oder weniger. Ein Fest ist Party und mehr. Hier wird die Wirklichkeit, die uns Tag für Tag trägt, gefeiert. Wie die Luft die uns umgibt und die wir atmen, gibt es vieles, was immer da ist und deswegen leicht übersehen werden kann. Im Fest wird das heraus gehoben, gefeiert in Dankbarkeit und mit einer Freude, die mehr ist als nur Spaß.

2. Freude

  • J. (mit S.s Zustimmung) hat es geschafft, einen Abschnitt aus der Bibel zu finden, der nicht schon X mal bei Hochzeiten gelesen wurde - und dennoch oder gerade deswegen wunderbar zur Hochzeit passt. Dabei ist der Anlass für das Fest, von dem das Buch Nehemia aus dem Alten Testament in der Bibel ein ganz anderer als unserer heute.
    Die Erzählung schildert eine Zeit, in der selbst im Volk Gottes und bei den Priestern die Bibel eigentlich vergessen war. Unvorstellbar vielleicht. Bei Renovierungsarbeiten im Tempel in Jerusalem nun wurden Schriftrollen der Bibel gefunden. Darauf versammelte sich die ganze Bevölkerung auf einem großen Platz. Die Bibel wurde vorgelesen und in kleinen Gruppen erklärt und diskutiert.
    An der Stelle setzt die Lesung ein, die wir gehört haben. Es heißt: Die Menschen beginnen ein großes Fest zu feiern: "haltet ein festliches Mahl und trinkt süßen Wein".
  • Was ist da geschehen? Im Hören auf das, was da vorgelesen wurde, im Nachdenken und im Gespräch darüber haben Menschen eine große Freude gespürt. Menschen wurden erschüttert, ja es wurde sogar - direkt vor dem kleinen Abschnitt, den wir gehört haben, wird das berichtet - geweint vor Freude. Offensichtlich hat das Hören des Wortes etwas freigelegt, was im Herzen der Menschen da war, das aber keine Kraft mehr hatte, weil es verschüttet gewesen ist - ganz so wie die Bibel-Schriftrollen in irgendeiner Abstellkammer des Tempels in Vergessenheit geraten waren. Irgendwie war das Wissen darum noch da, aber es hatte seine Kraft verloren. Vielleicht hatten zu lange zu viele Leute gemeint, das sei doch selbstverständlich, das solle ohnehin jeder mit sich selbst ausmachen, darüber müssen man nicht groß reden und schon gar nicht in einer öffentlichen Feier. Und so war die Erinnerung an das glaubende Vertrauen in Gott versickert.
  • Es geht um Vertrauen. Vertrauen will selbstverständlich werden. Wer morgens beim Aufstehen sich zweifelnd fragt, ob er Vertrauen hat, hat keins. Das ist traurig und immer anstrengend.
    Natürlich kann niemand auf Kommando vertrauen. Es ist immer ein Geschenk.
    Wenn Ihr, S. und J., vertrauen könnt, dann werdet ihr wissen, dass Freunde und Eure Familie einen großen Anteil daran haben, dass sie Euch Vertrauen vorgelebt und geschenkt haben. Vertrauen in einander und Vertrauen in Gott; Letzteres heißt mit einem anderen Wort: Glauben. Wenn es Euch geschenkt ist, einander zu vertrauen und wenn ich Euch dazu entschieden habt einander zu vertrauen, nicht auf Widerruf und nicht unter heimlichem Vorbehalt, dann ist das die Quelle einer großen Freude, die es lohnt, ein Fest zu feiern.

3. Andere

  • Bei dem kurzen Abschnitt aus dem Buch Nehemia fällt noch etwas anderes auf, das sich lohnt, nicht überhört zu werden. Der Priester Esra sagt den Leuten: "geht, haltet ein festliches Mahl und trinkt süßen Wein! Schickt auch denen etwas, die selbst nichts haben; denn heute ist ein heiliger Tag zur Ehre Gottes, des Herrn." Und gleich danach heißt es: "alle Leute gingen nach Hause, um zu essen und zu trinken und auch andern davon zu geben und um ein großes Freudenfest zu begehen; denn sie hatten die Worte verstanden".
  • Vielleicht ist das Entscheidende dieses Festes: Es soll auch für Andere sein. Ohne diese Dimension wäre es weder ein "heiliger Tag zur Ehre Gottes, des Herrn"noch hätten wir die "Worte verstanden", die S. und J. einander sagen werden. Denn echte Liebe hat immer auch Freude daran, "denen etwas zu geben, die selbst nichts haben". Liebe wächst über sich hinaus, zumindest wenn es echte, geheiligte Liebe ist und nicht nur Verliebtheit. Verliebt sind zwei ganz für sich; das ist okay, aber deswegen wären wir heute nicht hier. Liebe sind zwei für andere. Für die Kinder, so Gott sie Euch schenken will. Für die Freunde und Verwandten, die S. und J. teilhaben lassen an ihrer Freude. Für die Menschen, denen sie in Beruf und Alltag mit Respekt begegnen und sie nicht übervorteilen. Nicht zuletzt aber auch für die, die die Bibel besonders heraushebt und betont: Menschen, "die selbst nichts haben".
  • Feiert dieses Fest. Lasst diesen Tag, den 1. Oktober, zum Festtag werden. Feiert und freut Euch vor Gottes Angesicht. "Denn die Freude an Gott, dem Herrn ist eure Stärke." Amen.