Predigt zur Hochzeit und Taufe - Das Reich Gottes unter euch
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14. April 2012 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Gottes Reich
- "Das Reich Gottes ist schon mitten unter euch." Wer mag da heute und bei diesem Anlass
widersprechen. Wo, wenn nicht hier, soll das Reich Gottes sein? Hier, wo zwei Menschen
einander die Treue versprechen und dadurch ein Zeichen von Gottes Treue und Liebe setzen.
Hier, wo sie ihr Kind in der Taufe Gott anvertrauen, dass er es einfüge in sein Volk. Das klingt
doch so, als sei genau das gemeint: Die heilige Feier, zwei die einander lieben und die
vertrauen; Sonne die scheint und Menschen ist bester Festtagslaune.
- Ich möchte nicht als mäkelig erscheinen. Aber mit Reich Gottes dürfte dennoch mehr und auch
anderes als nur Festtagslaune gemeint sein; sonst hätten Ann und Martosz eine Eventagentur
gebraucht und keine Kirche.
- Dass ihnen das nicht gereicht hätte, wurde nochmal deutlich, als sie mir erklärt haben, warum
sie sich dieses Evangelium für ihre Hochzeit und die Taufe ihres Kindes ausgesucht hatten. Sie
hätten, so sagten sie, in diesem Text das gefunden, was ihnen für ihre Ehe und diese Traufe
ganz wichtig sei: in Gott Halt zu haben und zugleich selbst 'daran arbeiten'.
2. Das Königreich
- Wo ist es nun, das "Königreich Gottes" (wie es wörtlich heißt)? Wie sieht es aus, dieses
Königreich?
Man könnte ja versuchen, es mit der Bundesrepublik Deutschland zu
vergleichen. Wo ist deren
Reich? Es ist dort, wo Swinoujscie aufhört und Usedom anfängt. Es ist
dort, wo mir die
Aufforderung zur Steuererklärung ins Haus flattert und wo ich
gesetzestreu an der roten Ampel
halte. Es ist dort wo ich in Ehrfurcht der Nationalhymne oder der
Ansprache des Bundespräsidenten lausche (und mich nicht davon ablenken
lasse, wer denn die junge Dame an seiner
Seite sei).
- So, könnte man sagen, ist das Reich Gottes dort, wo ich in Ehrfurcht an Gott denke und seine
Gebote halte. Aber da scheint der Vergleich doch nicht zu stimmen. Denn Gott ist mehr als nur
eine Republik, die mich unter ihre Bürger zählt, mir Steuern abnimmt und einen Reisepass
ausstellt. Gott ist der, ohne den es mich nicht gäbe. Gott ist und wirkt in allem und ist zugleich
mit nichts zu verwechseln, weil er der Schöpfer von allem ist. Gott hat Ann und Bartosz die
Liebe zueinander geschenkt und ist der Schöpfer ihres Kindes - nicht obwohl, sondern weil sie
es in Liebe gezeugt haben. In dem Wechselhaften ist Gott der sich gleich Bleibende, gleich
bleibend in seiner Liebe selbst zu dem, was wir Menschen nur schwer zu lieben vermögen.
- Mit diesem Evangelium, das Sie beide für den Gottesdienst mit dem Sakramenten Ihrer Ehe
und der Taufe von Leonard ausgesucht haben, erinnern Sie uns daran, dass es in all dem um
Gottes Reich geht. Gott kommt nicht hinzu, als wäre er ohne diese Feier nicht da. Aber in
dieser Feier lassen wir ihn zu Wort kommen. In diesen Sakramenten glauben wir Gott als
Handelnden: Er ist es, der seinen Bund schließt, wenn Sie den Bund miteinander schließen. Er
nimmt Leonard in seine besondere Hut und in die Gemeinschaft seiner Kirche, wenn wir dieses
Kind Gott in der Heiligen Taufe anvertrauen.
3. Mitten unter uns
- Gottes Reich ist also etwas anderes als der Rechtsbereich einer Republik. Die Pharisäer fragen
Jesus nicht wo es sei, sondern wann es komme. Die Frage ist berechtigt, denn so vieles in
dieser Welt zeugt von einem ganz anderen Reich: dem Reich von Egoismus, von Geld, von
Gewalt und Krieg. Jesus hatte verkündet: "Das Reich Gottes ist euch nahe" (Lk 10,9 u.ö.) Viele
Juden haben das so verstanden, als würde demnächst die Welt untergehen und dann, ja dann,
käme Gottes Reich. Bei der Antwort Jesu klingt aber etwas anderes durch, das ihm als Jude
selbstverständlich ist: "Das Wort ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem
Herzen" (Dtn 30, 14). Dieses Zitat aus dem Alten Testament bezieht sich auf das Wort Gottes,
das er seinem Volk auf dem Weg der Befreiung aus Ägypten gegeben hatte. Auch da haben die
Menschen gefragt, wann sie denn in das gelobte Land kämen.
- "Das Reich Gottes ist schon mitten unter euch." Dies stimmt doch für unser Fest heute. Denn
hier bringen Bartosz und Ann ihre Liebe zu einander zum Ausdruck. Vor Gottes Angesicht
wollen sie sich die Treue versprechen - und vertrauen dabei, dass Gott ihnen Halt und Stütze
ist. Hier bringen sie Leonard, die Frucht ihrer Liebe, vor Gott - und zeigen uns damit, dass sie
ihr Kind bei diesem Gott geborgen wissen.
- Gewiss, nicht alles in dieser Familie Metschke ist Reich Gottes; es wird es auch morgen noch
nicht sein. Wir Menschen sind auf dem Weg und haben mit unseren Schwächen zu kämpfen.
Im Alltag gäbe es so viele abers zu dem Ja, das die beiden heute zueinander sagen. Hier aber
machen die drei deutlich, dass über all dem und in all dem ein Gott gegenwärtig ist, auf den sie
vertrauen, der ihnen Halt und Stütze sein wird in guten und in schlechten Tagen, in Gesundheit
und Krankheit - und hoffentlich in all dem Glück, das wir dieser Familie wünschen. Amen.