Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt Ostern Lesejahr A - In der Nacht 1999

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4. April 1999 - Kolleg Sankt Georgen, Frankfurt/Main

1. Das Licht in der Nacht

  • Wir feiern ein Licht in der Nacht. Wir feiern das neue Leben. Wir feiern, dass mit der Auferweckung Christi von den Toten siegreich in der Welt das Reich Gottes beginnt. Wir feiern den neuen Anfang des Lebens. Aber: Ist tatsächlich alles ganz anders geworden?
  • In diesen Wochen herrscht am Kosovo Krieg. Es mag ein Einschnitt sein, dass deutsche Soldaten daran beteiligt sind. Aber, hat dieser Krieg alles ganz anders gemacht? Vor zwei Wochen habe ich einen Priester beim Friedensgebet gehört, der den Frieden Christi wünschte, "auch wenn es im Moment nicht so aussieht...". Wann hätte es dann, daran gemessen, jemals nach dem Frieden Christi "ausgesehen"?
  • Merkwürdig hartnäckig halten die Christen an dem ganz Anderen fest. Wir halten daran fest, Ostern als Beginn des Neuen Lebens, ja des Friedens in Christus zu feiern. Wir halten daran ebenso fest, wie an dem Glauben, dass mit der Taufe eines Menschen für diesen Menschen Neues Leben beginnt, alles ganz anders wird. Taufe und Ostern: neues Leben beginnt.

2. Aus Menschen wurden Christen

  • Neuanfänge, wirkliche Neuanfänge, werden von Gott gesetzt. Seine Schöpfung ist der Anfang schlechthin. Aber auch da, wo er in unserer Zeit wirkt, fängt Neues an. Die Welt geht nicht auf in dem Ewigen Kreislauf. Der Mensch hat einen Namen und mit diesem Namen sind wir bei Gott verzeichnet, von Gott genannt. Auf diesen Namen werden wir getauft und beginnt unser Leben vor Gott neu.
  • Aber als diese Menschen sind wir in eine Welt geboren worden, die schon vor uns sich im Strudel des Todes verfangen hat. Wir sind aus dieser Welt und leben in ihr und bekennen doch schon die neue Welt. Ja, allerorten flimmert noch die alte Welt über die Bildschirme. Aber als Kirche Christi sind wir berufen, die neue Welt schon jetzt zu leben; seinen Frieden schon jetzt zu verkünden, und seine Auferstehung. Denn was wir nicht vermögen, wo wir noch allzu sehr nach dem Schatten der Alten Welt leben, da hat Gott das Neue schon abgebildet und wirklich werden lassen: Im Wasser der Taufe für einen Menschen beginnt vor Gott das Leben neu.
  • Wir feiern jedes Jahr Karfreitag und Ostern: Weil das, was damals geschehen ist, seitdem alles verändert hat - und wir dennoch in einer Welt leben, die noch im Alten verhangen ist. Gott aber hat sich unwiderruflich eingemischt.

3. Bürger im Reich des Auferstandenen

  • Das ist nicht abstrakte Theorie, sondern trifft unsere Existenz. An Gottes Anfang können wir teilhaben. Es ist so, als bekämen wir einen neuen Pass ausgestellt, als würde uns eine neue Staatsbürgerschaft zugesprochen. Wir sind Bürger im Reich Gottes durch die Bürgerschaft in seinem Reich, die uns durch die Taufe verliehen wird - bei allen Identitätsproblemen der doppelten Staatsbürgerschaft.
  • Jeder Machthaber dieser Welt muss nun die Konkurrenz der Herrschaft Gottes fürchten, weil die Staatsbürger Gottes ihre Angst verloren haben. Deswegen sind die Märtyrer, die doch scheinbar ihr Leben verloren haben, Gewinner. Sie sind gefährlich für die, die die alleinige Herrschaft beanspruchen.
  • Wir hier sind aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zum Schicksal der Märtyrer berufen. Aber das Zeugnis der Märtyrer, ihre Staatsbürgerschaftskunde aus dem Reich Gottes, gilt uns. Denn drei Dinge sollen uns als Bürger im Reich des Auferstandenen auszeichnen:
    - Freude, denn Gott hat sich so sehr mit uns verbunden, dass uns nichts mehr von seiner Liebe trennen kann.
    - Engagement, denn wir sind Berufene: diese Welt zu ihrem Ursprung zurück und damit in Gottes Zukunft zu führen
    - Und schließlich: Gelassenheit. Wir sind Bürger, nicht Herrscher in diesem neuen Reich. Herrscher ist Christus, in ihm hat das Neue begonnen. Er wird es vollenden.