Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt Ostern Lesejahr A - In der Nacht 2002

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30. März 2002 - Feier der Osternacht. Pfarrkirche Niederwald/Oberwallis

1. Aus Nichts

  • Das Osterevangelium schildert die erderschütternde Botschaft des Engels am Morgen. Die Frauen kommen zum Grab. Aber statt des Toten, den sie mit ihren Salben ehren wollten, erfahren sie die Botschaft Gottes: Das Grab ist leer. Tod ist zum Leben verwandelt.
  • Der Gott, der aus Nichts die Welt erschuf, er hat diese Nacht in Licht verwandelt. Soldaten stürzen zu Boden, die Erde bebt. Die Welt ist nicht mehr, was sie zuvor gewesen. Wenn wir als erste Lesung heute das Lied von der Schöpfung der Welt gehört haben, dann ist dies kein Zufall. Wie Gott mit seinem Wort aus dem Chaos des Nichts die Welt geschaffen hat, so ist durch den Ruf Gottes der Tote aus dem Grab erstanden.
  • Der Herr, so hat der Prophet Baruch gesagt, "hat ja die Erde für immer gegründet, er hat sie mit Tieren bevölkert. Er entsendet das Licht, und es eilt dahin". Es ist eine zweite Schöpfung.

2. Status Quo Ante

  • Am Karfreitag ist am Kreuz sichtbar geworden, wie sehr die Welt den Atem Gottes verloren hatte. Menschen wollen die Welt nach ihren eigenen Gesetzen regieren. Menschen wollen über Menschen nach eigenem Ermessen urteilen und richten. Sie verurteilen und richten zugrunde. Der Atem geht ihnen aus.
  • Das Wort von der Neuen Schöpfung macht deutlich, dass Gott nicht an Symptomen herumkuriert. Gott schafft neu.
    Wir sind geneigt, die Vergangenheit zu verklären. Es sei ja alles nicht so schlimm gewesen. Und irgendwie war das Früher doch immer besser. Gott aber sieht die Tränen. Gott spürt die Verlassenheit. Gott selbst stirbt an dem Leid der selbstgerechten Welt.
  • Wir feiern in diesen Tagen Karfreitag und Ostern, weil wir durch das Evangelium wissen, dass Altes sterben muss, damit Neues werden kann. Wenn wir das Alte nicht loslassen, wenn wir uns an das Nichts klammern, kann Gott nicht Neues schaffen. Wo das konkret wird, fällt das schwer anzunehmen. Das Alte war uns lieb geworden.
    - Zuletzt vor acht Jahren habe ich in dieser Gemeinde mit Euch Ostern gefeiert. Seit dem hat sich Vieles verändert. Die Gemeinde ist kleiner geworden, hier vielleicht weniger als in den Nachbarorten, aber auch hier. Die Kirche, wie wir sie kennen, die Kirche hier am Ort, wie sie Euch so wertvoll schien, scheint bedroht. Es gibt genug Grund, mit Bangen in die Zukunft zu sehen.
    - Die Älteren unter Ihnen kennen diese Sorge sicher ganz persönlich. Werde ich mein Leben so weiter führen können, wie ich es gewohnt bin?
    - Aber auch für die Jüngeren ist die Zukunft nicht einfach rosa. In den meisten Ländern in Europa gibt es heute eine große Sehnsucht nach den alten Zeiten, in denen vieles sicherer schien.

3. Auferstehung

  • "Unser alter Mensch wurde mit gekreuzigt, damit der von der Sünde beherrschte Leib vernichtet werde und wir nicht Sklaven der Sünde bleiben. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir nun mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden." In diesen Worten beschreibt der Apostel Paulus den Weg vom Karfreitag in die Osternacht. Die Erfahrung des Todes wird so zur Hoffnung auf Neues Leben. Die Erfahrung des Kreuzes wird so zur Chance, neu zu werden in Gott.
  • Die Auferstehung Jesu ist für uns, die wir glauben, die sichere Hoffnung, dass Gott uns Leben schenkt, das nicht verloren geht. Österliche Menschen nehmen anders Abschied vom Alten, weil sie aus dieser Hoffnung leben.
    - Wenn wir heute Nacht mit einander Ostern feiern, dann gilt die Botschaft des Festes auch für uns und für diese Gemeinde. Wenn wir zur Kirche nur kommen wie die Frauen zum Grab, um das Alte einzubalsamieren, haben wir den Stein wieder vor das Grab gerollt. Vielleicht hat Gott unter uns, unter denen, die hier zusammen Ostern feiern, schon das neue Leben geweckt. Eine Gemeinde, die anders sein wird als das, was wir kennen. Aber eine Gemeinde, die sich von Gott in die Zukunft rufen lässt.
    - Auch das Alter muss nicht ein Lebensabschnitt sein, der im Blick auf das Verlorene gefangen bleibt. Vieles, was Ihnen lieb und wertvoll war, wird Ihnen genommen. Ich wünsche Ihnen, dass dieses Fest Ihnen die Angst davor nimmt. Denn Gott schafft neues Leben. Das beginnt hier, das erfasst das Alte Leben, so sehr, das nicht einmal der biologische Tod den Neuen Menschen gefangen halten kann.
  • Die Frauen am Ostermorgen "eilten voll Furcht und großer Freude zu den Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden." Voll Furcht, ja, weil diese Botschaft erderschütternd ist. Voll Furcht, weil sie um die Einwände und Zukunftsängste der Jünger wissen. Sie eilen aber auch voll großer Freude zu den Jüngern, weil sie erfahren haben und spüren: Der Gott, der aus dem Nichts die wunderbare Welt geschaffen hat, er lässt sie nicht im Tod, sondern hat eine neue Schöpfung begonnen. Das ist das Fest dieser Nacht. Amen.