Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt Ostern Lesejahr A - In der Nacht 2008

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22. März 2008 - Oberschwappach/Knetzgau

1. Botschaft voll Gegensätzlichem

  • Verheißungsvolle Leere. Ein leeres Grab verheißt die Fülle des Lebens. Menschen voll Furcht und doch auch voll großer Freude. Nur ein paar Frauen, und doch eine Begegnung, die alles andere in den Schatten stellt - oder mit seinem Licht erleuchtet. Wächter, bestellt, den Tod zu bewachen, fallen doch selbst um wie tot. Die Wahrheit dieser Nacht, so scheint es, ist nur in solchen Gegensätzen zu beschreiben und zu fassen. Zumindest haben die Zeugen der Auferstehung in solchen Gegensätzen gesprochen, um uns zu überliefern, was sie erlebt haben.
  • Es geht um den größt denkbaren Widerspruch. Was tot ist, lebt. Das ist keine Widerbelebung mittels Elektroschock. Sie hatten Jesus ermordet und die Seite durchstoßen. Der war tot. Und er lebt. Die Hinrichtung wird nicht rückgängig gemacht. Und doch ist ihre Macht gebrochen.
  • In platten, glatten Formeln sind nur platte, glatte Wahrheiten zu sagen. Hier aber geht es um die Wahrheit des Lebens. Glatte Wahrheiten hören an der Grenze des Todes auf. Das Leben ist da nur Biochemie, Liebe nur ein Gehirnzustand. Gott ist darin nur störend. Ja, Gott verwickelt uns und sich in Widersprüche. Die Auferstehung Jesu Christi ist sogar ein einziger Widerspruch. Ein Einspruch gegen den Tod und alle seine Auftraggeber und Knechte. Ein not-wendender Widerspruch.

2. Loslassen um zu erhalten

  • Diese Osterbotschaft hat Rückwirkungen. Wenn der Tod das letzte Wort nicht hat, dann gilt das letzte Wort nicht erst nach dem Tod. In der vergangenen Woche der Exerzitien haben wir das ausprobiert. Jeder kann dieses Experiment des Glaubens machen. Ahnen Sie, was Gott aus Ihrem Leben machen könnte, wenn Sie es ihm anvertrauen würden.
  • Aber nur das kann auferstehen, was wir Gott nicht vorenthalten. Nur das wird von der Sonne beschienen, was wir in ihr Licht halten. Neonlicht ist billiger Ersatz. Oder, aktueller, nur das kann der Regen durchtränken und der Schnee sanft bedecken, was sich an die frische Luft traut. Künstliche Bewässerung ist, was es ist: künstlich. Nur das kann auferstehen, was wir Gott nicht vorenthalten.
  • Ich kann Gott natürlich auch nur fein aussortierte Bruchstücke meines Lebens anvertrauen. Ich kann alles scheu verbergen, was unansehnlich ist. Nur, dann bleibt es verborgen und wirkt im Verborgenen weiter. Wenn ich voll Angst bin, liebgewonnene Illusionen und Hilfskonstrukte zu verlieren, und wenn ich ängstlich bin, lang eingeübte Lebenslügen und mühsam gebastelte Masken aufzugeben, dann wird da kein Ostern stattfinden. Nur das kann auferstehen, was wir Gott nicht vorenthalten. Österlicher Widerspruch: dass ich loslassen muss und verlieren, um zu erhalten und zu gewinnen.

3. Hineingetaucht um aufzuerstehn

  • Ostern ist ein atemberaubendes Wagnis. Deswegen feiern wir die Taufe in dieser Nacht. Denn auf das Wagnis von Ostern hin wird getauft. Auf das Wagnis hin, dass letztlich nicht nur etwas hier und etwas dort Gott anvertraut wird, sondern der ganze Mensch. Die Füße kann ich zum Orthopäden, den Blinddarm zum Chirugen und meine Neurose zum Psychiater bringen, mein Geld zum Anlageberater und wenn's genug ist nach Liechtenstein. Ganz und gar, im Leben und im Tod, dort, wo es drauf ankommt, muss ich mich jedoch grundsätzlich entscheiden.
  • Die Auferstehung ist nicht ein beliebiger Artikel, den ich dem Portefeuille meiner Lebensversicherung hinzufüge. Das vergessen wir, die wir die Taufe als Kleinkinder so günstig bekommen haben, leicht. Daher der Ritus der Tauferinnerung in dieser Nacht. Gott ist ein eifersüchtiger Gott. Er lässt sich nicht mit allen möglichen Göttern zusammen mischen. Oder, mit den Worten Jesu: "Ihr könnt nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon." Wir können die Freiheit der Auferstehung schon in diesem Leben erfahren. Der Weg dazu, ist der Weg Gottes.
  • Mona wird heute in der Taufe der Kopf gewaschen. Gemeint aber ist der ganze Mensch. Sie verstrickt sich wissentlich in Widersprüche. Sie wird auch weiter mit beiden Beinen auf der Erde stehen, und will sich doch nach dem Himmel ausstrecken. Sie liebt und schätzt ihre Familie. Und doch nennt sie im Gebet einen anderen ihren Vater. Sie ist ganz sie selbst, und sucht doch den Weg, einem anderen nachzufolgen. Obwohl dieser keine Erfolgsstory auf Erden zu bieten hat, lässt sie sich auf sein Kreuz hin taufen, um teilzuhaben an seiner Auferstehung. Sie lässt los, um zu gewinnen. Dass Gott an ihr handelt. Dass Gott uns Getaufte hineinnimmt in sein Leben, erfüllt mit Gottes Heiligem Geist, stärkt mit Leib und Blut in der Feier seines Todes und seiner Auferstehung. Was für ein wunderbarer Widerspruch gegen den Tod. Amen.