Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt Ostern Lesejahr C - In der Nacht 2004

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11. April 2004 - Oberschwappach/Knetzgau

1. Heraus aus der Einsamkeit

  • Von einer Kerze sind viele Kerzen entzündet worden. Es war ein einzelnes, einsames Licht in dieser Nacht. Es wurden viele Lichter. Das eine Licht blieb nicht einsam.
  • Einsamkeit ist einer der Namen des Todes. Nirgendwo ist der Mensch so allein auf sich gestellt, wie im Sterben. Der Tod ist zunächst einmal dieses: Abgetrennt sein vom Leben. Die Hölle, für manche schon hier auf Erden, ist nichts anderes: ganz allein zu sein, einsam, abgeschnitten vom Leben. Manche denken, im Himmel seien die langweiligen Leute, in der Hölle aber die interessanteren Typen anzutreffen. Weit gefehlt. Die Hölle ist die absolute Unfähigkeit zur Beziehung. Die Hölle ist Einsamkeit, abgeschnitten vom Leben.
  • Es gibt den Tod vor dem Tod. Es gibt Menschen, die noch herumlaufen - aber wie tot, ohne Beziehung und Liebe. Umgekehrt aber gibt es aber auch das Leben, das keinen physischen Tod mehr zu fürchten braucht. Dieses Leben ist den physischen Tod schon in Christus gestorben. Den Tod der Einsamkeit ist Christus für uns gestorben. In seinem Blut ist die neue Bundesgemeinschaft des Lebens geboren worden. Auf dieses ewige Leben bauen wir. Das ist es, was wir in der Osternacht feiern.

2. Erfüllte Verheißung

  • "Dies ist die Nacht" - mehrfach wurde das im Exsultet, dem großen Lob der Osterkerze gesungen. "Weit vertreibt sie den Hass", hieß es. Was Menschen trennt, wird versenkt in den Fluten des Meeres. "Dies ist die Nacht; sie einigt die Herzen". Menschen, die die Hoffnung verloren hatten und abgetaucht waren in die Isolation, werden wieder zusammengeführt durch das Geheimnis dieser Nacht.
  • Die Verheißung des Anfangs erfüllt sich. Was wir in der ersten Lesung gehört haben, war die Erschaffung des Menschen in Gemeinschaft als Höhepunkt der Schöpfung. Die Sehnsucht nach Gemeinschaft ist mit der Schöpfung in unsere Herzen gesenkt. Diese Sehnsucht wird nicht enttäuscht.
  • "Der Herr hat dich gerufen als verlassene, bekümmerte Frau." Der Prophet Jesaja ruft das den Menschen zu, die verstreut waren unter die Völker. Gott selbst baut das Fundament für eine neue Stadt. "Du bist fern von Bedrängnis, denn du brauchst dich nicht mehr zu fürchten, und bist fern von Schrecken; der Schrecken kommt an dich nicht heran." Die Sehnsucht wird erfüllt.

3. Erfüllung heute

  • Diese Erfüllung ist nicht irgendwann. Sie ist hier. Deswegen erinnern wir uns in der Osternacht an die Taufe, durch die wir zusammengeführt wurden zu einem Volk aus allen Völkern. Deswegen haben wir die Litanei aller Heiligen gesungen, all derer, die in Gott mit uns verbunden sind.
  • Dies ist die Nacht des Gelächters. Denn es ist genau gesehen einfach lächerlich, wenn wir an kleinlichen Unterschieden festhalten, statt zu sehen, wer uns verbunden hat. Es ist lachhaft, die Nachhutgefechte alter Nachbarschaftsstreitigkeiten weiter auszutragen, wo die größte aller Mauern niedergerissen wurde und nichts mehr den Himmel von der Erde zu trennen vermag. Ein wenig Abstand nur zum Alltag, und wir sehen, wie wenig alles andere dagegen wiegt.
  • "Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?" In dieser Frage ist die ganze Osterbotschaft enthalten und ist beschrieben, was wir allzu oft tun, statt Ostern zu feiern. Christus, der Lebendige, ist nicht länger bei den Toten. Jesus, der Gekreuzigte, ist nicht länger einsam. Gott hat ihn zum Erstgeborenen vieler Schwestern und Brüder gemacht. Dies ist Ostern, das große Fest unserer Gemeinschaft. Amen.