Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 14. Sonntag im Lesejahr C 2007 (Lukasevangelium)

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7. Juli 2007 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius, Frankfurt

In diesem Gottesdienst wurde eine junge Frau getauft und gefirmt

1. Reisevorbereitungen

  • Eine junge Medizinerin macht sich auf den Weg. Nach dem Studium in Frankfurt hat sie eine Stelle in Zürich angeboten bekommen. Der Umzug muss gut vorbereitet werden. Es braucht eine Wohnung in Zürich, viel Papierkram, die Sachen müssen (entrümpelt und) gepackt werden. Viel Vorbereitung, viel Planung, viel Gepäck.
  • Die Schweiz freut sich über deutsche Mediziner. Es ist damit zu rechnen, dass sie gut aufgenommen wird. Auf der Arbeit wird sie schnell Leute kennen lernen - vor ihr sind schon viele Deutsche dort hin gegangen, so dass nicht mit Sprachschwierigkeiten zu rechnen ist. Vielleicht hat sie auch sonst schon Adressen von Leuten, die sie in Zürich besuchen oder kennen lernen kann.
  • Über all dem ließe sich leicht vergessen, wozu das alles gut ist. Die Herausforderung dieses Einstiegs in das Berufsleben und im Ausland ist groß. Warum sie dorthin geht, ist klar, weil dort gute Arbeitsbedingungen geboten werden. Aber wozu das Ganze? Wozu diese Reise? Zu welchem Ziel machen Menschen sich auf den Weg. Welches Ziel bleibt, wenn man mal die ganzen praktischen "Warums" bei Seite lässt?

2. Zweiundsiebzig Gesandte

  • Jesus sendet 72 Jünger aus. Dies ist eine beachtliche Zahl. Sie repräsentiert nach der Völkerliste im Buch Genesis die Vollzahl der Völker der Erde. Das macht den Anspruch Jesu deutlich, denn er sendet sie dorthin, wohin "er selbst gehen wollte": das Symbol meint also zu allen Völkern. Jesus sendet zweiundsiebzig Jünger. Aber Gott wird unter den Menschen immer mehr erreichen, mehr "Ernte" finden, als die Jünger erreichen. Denn es sind dann doch nicht viele, die sich unter den Bedingungen Jesu senden lassen: "Geht! Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe."
  • Jesus sendet ohne Netz und doppelten Boden. "Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe!" Wer sich von Jesus senden lässt, geht mit leeren Händen. Er ist darauf angewiesen, dass er Menschen findet, die ihn aufnehmen. Denn - wie gesagt - Jesus sendet in "Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen" will. Und dieser Herr kommt in der Ohnmacht des Kreuzes. Deswegen können auch seine Jünger nichts anderes haben. Paulus drückt das selbe im Galaterbrief aus, wenn er schreibt, dass wir nicht auf Macht und Stärke verweisen können. Um Jesus zu verkünden, können wir uns "allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen".
  • Die sechsunddreißig Jüngerpaare bringen Frieden. "Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: Friede diesem Haus!" Das bleibt kein frommer Wunsch. Das geht überhaupt nur, wenn dieser Friede auch angenommen wird. Denn dieser Friede kommt durch Menschen, die bedürftig sind, die keine Vorratstasche haben und sich einlassen auf das, was man ihnen anbietet. Es ist diese unglaubliche Bedürftigkeit Gottes, die in der Bedürftigkeit des irdischen Jesus real wird und die real wird in dem Mut, den seine Jünger haben, selbst bedürftig zu sein. Das bewirkt Frieden.

3. Taufe & Firmung

  • Unsere junge Medizinerin geht allein nach Zürich, nicht paarweise wie die Gesandten Jesu. Sie wird Schuhe an den Füßen haben und eine Vorratstasche. Sie kann in Zürich erfolgreich sein, als gute Ärztin im Krankenhaus. Darum geht sie ja hin. Aber wenn sie sich heute taufen lässt, dann kann der Weg nach Zürich neben diesem Warum auch noch ein Ziel haben, das mit der Taufe zusammen hängt.
  • Das Reich Gottes ist dort nahe, wo Menschen einander aufnehmen. Deswegen braucht es Menschen, die nicht alles abgesichert und geplant haben. Damit das Reich Gottes nahe kommt, braucht es Menschen, die nicht mit allem fertig sind. Wir sind ja sonst darauf trainiert, jede Bedürftigkeit zu vermeiden, und sollte sie doch da sein, dann üben wir, sie zu verstecken. Es braucht innere Größe und Souveränität, Bedürftigkeit zu zeigen.
  • Die Taufe ist das Sakrament der Gemeinschaft. Die Firmung ist das Sakrament der Stärkung und der Sendung. Heute taufen und firmen wir einen erwachsenen Menschen. Sogleich nach der Taufe wird die Neugetaufte umziehen in eine andere Stadt. Wir versprechen ihr mit der Taufe nicht, dass nun alles glatt läuft. Getaufte werden vielmehr als Schafe gesandt mitten unter die Wölfe. Aber sie haben dabei nicht nur die feste Gemeinschaft mit Gott, der sie in der Taufe als Kinder angenommen hat. Sie sind auch gesandt, Menschen zu suchen, die sie aufnehmen, mit denen sie zusammen essen können, die ihnen Gastfreundschaft gewähren und denen sie durch dankbare Liebe sagen können: "Das Reich Gottes ist euch nahe."