Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 21. Sonntag im Lesejahr A 2023 (Matthäus)

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27. August 2023 - St. Peter, Sinzig

1. Der Weg

  • Die Tatsache, dass Petrus die Schlüssel des Himmelreiches gegeben werden, macht uns auf ein bedauerliches Faktum aufmerksam: Es gibt da ein Schloss vorm Himmelreich. Der Himmel steht uns nicht einfachhin offen. Ins Himmelreich kommt man nicht so ohne weiteres.

  • Auch Petrus – das zeigt der Fortgang der Berichte im Evangelium – hat zwar die Schlüssel, aber er muss selbst auch noch einen weiten Weg gehen. Wir werden erfahren, dass er einer ist, der sich bemühen wird, die Kontrolle zu behalten. Jesus wird ihn scharf zurückweisen. Petrus wird – nur um die Kontrolle zu behalten – sogar leugnen, Jesus zu kennen. Erst die bitteren Tränen zeigen, dass er beginn zu verstehen, wie weit er sich damit von Jesus entfernt hatte.

  • Der einzige Mensch, von dem die Heilige Schrift ausdrücklich sagt, dass er den Weg in den Himmel geschafft habe, ist der Verbrecher, der mit Jesus gekreuzigt wurde. Von ihm sagt Jesus: "Noch heute wirst Du mit mir im Himmel sein". So nahe am Himmel wie dieser ist kein Mensch je gewesen. Denn dieser Verbrecher war ganz nahe zu dem Gott, der sich ausliefert.

2. Ausgeliefert

  • Der Weg in den Himmel führt über die Auslieferung. Nicht die Auslieferung an Mächte und Gewalten ist gemeint. Sondern die Auslieferung an den Menschen, den anderen, selbst den Feind. Wenn es gelingt den Zaun einzureißen, mit dem ich mich absperre bin ich auf dem richtigen Weg.

  • Es ist Gottes großer Leichtsinn sich den Menschen auszuliefern - aus Liebe. Es hätte sich auch Gott zufrieden mit seiner Allmacht und Unendlichkeit in sich zurückziehen können – wenn ihn nicht seine Liebe dazu gedrängt hätte, sich an Menschen und ihre Geschichte auszuliefern: An Abraham und die Patriarchen, an Joseph und seine Brüder, an sein geliebtes Volk Israel, an Petrus, den Felsen seiner Kirche, an das Kreuz.
    Damit bindet sich Gott vor allem und zugleich an die Menschen, die ohne es zu wollen, ohne sich wehren zu können, ohne jemand an ihrer Seite zu haben, die oder der sie schützt, der Willkür von anderen Menschen ausgeliefert sind.

  • Ausliefern ist, sich binden. Das ist etwas, was uns gemeinhin widerstrebt. Sich binden ist der Leichtsinn eines Vertrauens in den Menschen, gegen alle Erfahrung. Das schönste Bild, das wir für den Bund Gottes mit den Menschen haben, ist daher der Bund der Ehe, in dem sich zwei Menschen aneinander ausliefern und sich aneinander binden, und an deren Bund Gott sich im Sakrament der Ehe bindet.

3. Der Schlüssel zum Himmelreich

  • Das sind die Schlüssel zum Himmelreich. Die Auslieferung Gottes an den Menschen, dass er sich bindet an die Geschichte des Menschen. Was Petrus, Felsen der Kirche, auf Erden bindet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was Petrus, Felsen der Kirche, auf Erden löst, das wird auch im Himmel gelöst sein. An diesen Petrus, an diese Kirche, an diese allzu menschlichen Menschen bindet sich Gott und liefert sich uns aus – aus Liebe.

  • Für uns sind daher der Schlüssel zum Himmel die Sakramente, jene Zeichen des Heils, der Bindung und der Auslieferung, die Petrus, dem Felsen der Kirche, anvertraut wurden. Äußerliche Dinge, Wasser, Brot, Salböl. Dinge, wie diese Welt, an die Gott sich in seinem Bund bindet: Das Sakrament der Gemeinschaft im Bund, die Taufe. Das Sakrament der liebenden Auslieferung Gottes an den Menschen im Brot des Leibes Christi; in ihm legt Gott sich in unsere Hand. Das Sakrament der Barmherzigkeit, der Verzeihung und des Neuanfangs, in dem ein von Menschen gesprochenes Wort auf Gottes Auftrag wirksam Vergebung zuzusprechen vermag.

  • Übung für den Empfang der Sakramente ist jede Lebenssituation, in der ich darauf verzichte, alles unter Kontrolle zu halten und beginne zu vertrauen. Mich ausliefere, mich in den kleinen Dingen ausliefere und mich dabei daran erinnere, das Jesus das bis zum Kreuz getan hat.
    Im Alter bleibt irgendwann nichts anderes übrig, auch wenn wir uns meistens sträuben. Das Alter ist – wie die frühe Kindheit – die Lebenszeit, in der wir auf andere angewiesen sind. Während wir uns dagegen wehren und so lange es geht versuchen, die Abhängigkeit zu leugnen, geht Gott selbst den umgekehrten Weg – und lädt dazu ein,diesen Weg mitzugehen und zu entdecken, dass Liebe zu empfangen wehrlos macht und zugleich die Welt verändern kann.

  • Nicht Fleisch, nicht Blut haben es Petrus eingegeben, nicht seine eigene Geschichte oder Leistung. Er ist Beauftragter Gottes, wir, seine Kirche, sind Beauftragte und Vertraute Gottes. Dies könnte uns atemlos werden und die Stimme überschlagen lassen, wenn wir es uns ausdenken müssten. Da es uns aber geschenkt ist, dürfen wir dankbar sein. Amen.