Predigt zum 26. Sonntag im Lesejahr B 2003 (Markus)
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28. September 2003 - Frankfurt/Main
Die Predigt ist von dem Film "8 Mile" von Curtis Hanson (2002) inspiriert, der von einem weißen Jungen
aus der Unterschicht erzählt, einem "John Smith", der sich in einer Umgebung einen Namen machen muss,
in der er tendenziell nichts zu melden hat. Dies drückt sich u.a. darin aus, dass er sich Namen zulegt.
Zunächst aber muss er lernen, zu seiner Herkunft und seinen Schwächen zu stehen.
Einer schreibt auf seine Hand: Für den Herrn. Ein
anderer wird ehrenvoll mit dem Namen Israel benannt. (Jes 44,5)
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1. Name
- Das Evangelium fügt eine Reihe sehr deutlicher Worte an den Kreis der von ihm ausgewählten zwölf Apostel zusammen.
Auslöser ist die Frage des Apostels Johannes, der sich ärgert, dass jemand im Namen Jesu Wunder wirkt, ohne den
Aposteln nachzufolgen. Jesus weist ihn zurecht, denn keiner kann in Jesu Namen Gutes tun und zugleich gegen ihn, den
Christus sein.
- Die Kirche hat den Namen Jesu nicht für sich gepachtet. Leicht hingegen kann sie durch Auge, Fuß oder Hand verführt
werden, ihr eigentliches Ziel zu verlieren. Der Name Jesu ist nicht auf die Kirche beschränkt. Keiner, so heißt es, kann
Dämonen austreiben im Namen Jesu und gegen ihn sein. Keiner kann im Namen Jesu dem Ungeist widerstehen, ohne
positiv zu Christus zu stehen. Das hindert uns als Kirche nicht, als Gemeinschaft zu leben, die Jesus berufen hat. Die
Taufe ist ein großes Geschenk, dass uns in die Gemeinschaft der Apostel und der Kirche stellt. Dieses Geschenk darf aber
nicht zur Waffe gegen andere werden.
- In diesem Zusammenhang wird immer wieder vom "Namen Jesu" gesprochen. Der Name im biblischen Verständnis ist
eine Macht. Im Namen drückt sich die Kraft aus, mit der Gott durch Jesus wirkt. Dies ist natürlich ein Gedanke, der ganz
im antiken Denken verwurzelt ist. Aber vielleicht ist es auch für uns noch ein sprechendes Bild.
2. Identität
- Für uns Neuzeitliche ist der Name zunächst Individuierung. Einer steht abgetrennt durch seinen Namen neben dem
anderen,. Es könnte fast auch eine Zahl sein - und wurde es oft genug der Name durch eine Nummer ersetzt. Gerade aber
dies könnte uns aufmerksam machen. Denn der Name kann viel mehr sein.
- Die Philosophie der Alten hat das so ausgedrückt: Der Name Gottes ist reine Gegenwart (z.B. Thomas von Aquin in der
Summa contra Gentiles). Das ist ganz in biblischer Tradition. Gott ist in unserer Welt gegenwärtig, wo sein Name
genannt wird. Das auch ist der Grund warum es Ordensnamen und Künstlernamen gibt: In ihnen soll sich das Wesen
eines Menschen ausdrücken, sein Ziel, sein Vorbild, seine Lebensrichtung.
- Allzu oft ist der Mensch einfach nur Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller. Im Englischen ist John Smith der
Inbegriff des Nicht-Namens. Als John Smith wird man am Rande der namenlosen 8-Mile-Road geboren, keiner kennt
dich, keiner beachtet dich, kein Namen verleiht deiner Identität Klang.
3. Überwindung
- Man kann sich in der großen Geschichte einen Namen machen und doch selbst dabei verloren gehen. Drastisch drückt
dies Jesus aus: gesund und mit beiden Armen, Beinen und Augen - das Leben selbst verlieren. Wirklich einen eigenen
Namen zu haben, der Kraft geben und ausstrahlen kann, beginnt erst damit, die eigenen Schwächen annehmen zu können.
Alles andere würde zu einem Phantombild meiner selbst.
- Dies gilt auch und gerade für die "Gesandten", die "Apostel". Erst dann werden sie sich unter den Namen Jesu stellen
können, wenn ihre Hauptsorge nicht mehr ist, wer unter ihnen der Größte sei. Erst wenn andere Namen neben dem
eigenen gelten dürfen, kann der eigene Name an Kontur gewinnen. Die Versuchung für die ungelernten armen Fischer ist
groß, ihre Herkunft zu verleugnen und als "die Zwölf", als Bischöfe der Kirche, die Anerkennung zu suchen, die
ihresgleichen sonst verwehrt würde. Schön und strahlend stünden sie da - und hätten doch alles verloren.
- Nur im Namen Jesu jedoch sind die Wunder des christlichen Glaubens zu wirken. Sein Name ist mit dem unbedeutenden
Flecken Nazareth verbunden und steht unter der Erfahrung des Scheiterns am Kreuz. Gerade aber dieser bedeutungslose
Name kann daher die ganze Kraft Gottes in sich aufnehmen, weil er frei ist. Er kann die ganze Kraft Gottes in sich
aufnehmen und dadurch ganz der eigene Name dieses unverwechselbaren Menschen Jesus von Nazareth werden. In
diesem Namen sind wahre Wunder zu wirken, denn er widersteht den Dämonen, die die Seele mit Angst beherrschen. In
diesem Namen kann der Jünger Jesu seinen eigenen Namen hören und entdecken. Das ist die frohe Botschaft des
heutigen Evangeliums. Amen.