Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 3. Sonntag der Osterzeit Lesejahr B 1991

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14. April 1991 - St. Evergislus Bonn Bad-Godesberg

1. Furcht und Zweifel

  • Ostern ist für die Jünger kein einmaliges und abschließendes Ereignis. Es ist nicht so gewesen, dass die eine Begegnung mit dem Auferstandenen am Ostermorgen das alles umwälzende Erlebnis war, nach dem kein Zweifel mehr erlaubt, keine Fragen mehr zugelassen gewesen wären. Auch die ersten Jünger mussten mit ihrem ganzen Leben erst in den Osterglauben hineinwachsen.
  • Daher wiederholen sich Furcht und Zweifel auch in den Begegnungen mit dem Auferstandenen.
    • Die Jünger zweifeln, weil die Erfahrung gegen die Auferstehung spricht. Keine Lebenserfahrung kann durch ein einzelnes, punktuelles Erlebnis widerlegt werden. Vielmehr braucht es neue Erfahrung, neue Lebenserfahrung, damit sich unsere Augen öffnen.
    • Die Jünger haben auch Furcht. Sie merken, dass die Begegnung mit dem Auferstandenen kein realitätsfernes Ereignis auf dem Bildschirm ist, sondern ihr Leben angeht - und möglicherweise verändert.
  • Genau zu diesem Jüngerkreis kommt Jesus zurück. Er kennt seine Jünger. Es muss ihn geschmerzt haben, als angesichts des Kreuzes fast alle von ihnen weggelaufen sind. Aber er lässt die Versager vom Gründonnerstag nicht fallen.

2. Mahl mit dem Herrn

  • Wie begegnet Jesus den Jüngern? Wie wandelt er sie? Hält er Vorträge oder zündet Feuerwerke an beeindruckenden Wundern?
  • Die Weise, wie Jesus seine Jünger neu zusammenführt ist das gemeinsame Mahl. Die heutige Perikope ist vom Mahl-Halten geradezu eingeklammert: Am Anfang der Bericht der Emmaus-Jünger, am Ende wiederum das Mahl-Halten Jesu, das Ausgangspunkt zum Verständnis der Schrift und des Glaubens ist.
  • Offensichtlich ist das gemeinsame Mahl für Jesus - und er steht da ganz in der Tradition des Volkes Israel - der bevorzugte Ort, um aus dem Umgang miteinander Beziehung zu stiften und Neues wachsen zu lassen.

3. Mahl der Jünger

  • Wenn der Kirche heute Osterglaube abgeht, dann beweist das die Notwendigkeit einer Mahl-Kultur unter uns Christen. In unseren Wohnungen und in der Gemeinde, weder im Fast-Food- noch im Feinschmecker-Lokal, muss das Mahl stattfinden, das die Kultur Jesu aufnimmt und in dem Osterglaube wachsen kann. Gastfreundschaft ist nicht umsonst eine erstrangige Forderung des Glaubens. Denn der Glaube schafft auch den Mut, über das gemeinsame Mahl uns Fremden zu öffnen. Ist es so undenkbar, Mit-Christen im Anschluss an die Heilige Messe zum gemeinsamen Mahl einzuladen (gut bayerisch vielleicht auch zum Frühschoppen)?
  • Die Erneuerung unserer Ess-Kultur ist für den Glauben ganz und gar unverzichtbar, weil wir nur von unserem alltäglichen und dann von unserem festtäglichen Mahl her verstehen können, was es bedeutet, wenn Christus uns in der Heiligen Messe zum Mahl einlädt.
  • Die Folge des Mahl-Haltens ist der Glaube und die Zeugenschaft. Nachdem Jesus vor ihren Augen gegessen hat, vermögen die Jünger die Schrift zu verstehen und kann Jesus sie aussenden. Vielleicht immer noch mit Furcht und Zweifel. Aber er ist es, der sie als Zeugen schickt. Und er hat ihren Glauben wachsen lassen. Amen.