Predigt 4. Adventssonntag Lesejahr B 2011 (Lukas)
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18. Dezember 2005 - Universitätsgottesdienst, St. Ignatius Frankfurt
1. Engel kommen und gehen
- "Danach verließ sie der Engel". Das war's. Im griechischen
Original des Lukasevangeliums klingt es sogar noch lakonischer. Erst heißt
es, "der Engel ging bei ihr ein"; dann heißt es,
"er ging von ihr raus". Weder über das Davor noch
über das Danach wird ein Wort verloren.
- Nach damaliger Sitte wird Maria vielleicht 13 Jahre alt gewesen sein. Mit
dem ein paar Jahre älteren Josef war sie verlobt. Nach damaligen Recht
bedeutete die Verlobung eine verbindlich feste Zusage; Maria gehörte
daher mit Josef "zum Stamm Davids". Das Kind war also nur
bedingt unehelich. Ob es das Maria einfacher gemacht hat, zu erklären,
was ihr passiert ist, bezweifle ich.
- Denn es dürfte Erklärungsbedarf bestanden haben. Was also geschah
mit Maria, nachdem der Engel sie verlassen hatte? Was ging in dem Mädchen
vor? Welche Ängste hat sie gehabt; worauf hatte sie sich da eingelassen?
In bemerkenswerter Souveränität hatte sie dem Engel geantwortet
mit "Mir geschehe wie du es gesagt". Jetzt aber ist sie selber gefordert.
Ein dreizehnjähriges Mädchen muss ihr Leben neu sortieren, nachdem
der Engel sie verlassen hat.
2. Der Weg Mariens
- Wir wissen nicht, wir ahnen aber, dass dieses Mädchen und die spätere
Frau einiges durchgemacht hat. Ihr spontanes und klares "Ja" zur
Botschaft des Engels bewahrt sie nicht davor, dies in ihrem Leben auszubuchstabieren.
Sie wird Zeiten des Zweifels gehabt haben und Zeiten der Hoffnung. Sie wird
Verwandte wie Elisabeth gehabt haben, die sie auf ihrem Weg gestützt
hat, und andere, die es ihr schwer gemacht haben. Ihren Weg musste sie selber
gehen.
- Als Jesus auf Wanderschaft war, ist Maria nicht dabei gewesen. Die Hochzeit
zu Kana ist die letzte Notiz, dass sie mit ihrem Sohn zusammen war. Aber schon
dort spürt man auch eine Distanz Jesu zu seiner Mutter. In späterer
Zeit hat Jesus sich klar von einer nur verwandtschaftlichen Beziehung zu seiner
Mutter distanziert. Erst unter dem Kreuz ist sie wieder bei ihm. Wird sie
da daran gedacht haben, wie alles angefangen hat und wie der Engel sie verlassen
hat?
- Unter dem Kreuz wird Maria der Kirche anvertraut und die Kirche der Mutter.
Der Lieblingsjünger Jesu nimmt sie bei sich auf. Nun ist sie bei den
anderen und wird auch am Pfingsttag bei ihnen sein. Der Engel hatte ihr verheißen,
die Kraft des Höchsten werde sie erfüllen. Hier findet die Verheißung
ihre Erfüllung. Nicht nur leiblich ist sie Jesu Mutter. Sie ist von dem
Geist erfüllt, der Jesus mit seinem himmlischen Vater verbindet.
3. Glaubenswege
- Auch wenn uns der Engel Gabriel nicht besucht, ist Maria für uns Urbild
der Kirche und aller Getauften. Denn jeder von uns hat Boten und Zeugen, die
uns das gute Wort Gottes gesagt und uns auf den Weg des Glaubens gebracht
haben.
- Ebenso wie Maria hat oder wird auch uns unser Engel verlassen. Das mag nicht
angenehm sein. Aber es ist gut so. Wir müssen den Weg unseres Glaubens
gehen. Wir müssen unsere Zweifel kosten, um reif und fähig werden,
nicht nur unter dem Kreuz zu stehen, sondern auch um offen zu werden für
Gottes Geist.
- Gottes Geist selbst ist es, für den wir geöffnet werden. Engel
kommen und gehen. Der Geist Gottes aber versammelt uns zu einer Gemeinde und
zur Kirche. Im Heiligen Geist beten wir miteinander und stärken uns in
unserem Glauben, dass Gottes Wort sich erfüllt. Wie es der Engel gesagt
hat. Amen