Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 6. Sonntag im Lesejahr A 2023 (Matthäus)

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12. Februar 2023 - St. Peter, Sinzig

1. Verändern

  • Ich kann etwas nur verändern, wenn ich es liebe. Nur dann.
  • Es gilt jedoch nicht umgekehrt, dass ich auch wirklich alles verändern könnte, nur, weil ich es liebe. Andere Menschen etwa kann ich lieben – verändern können nur sie sich selbst. Allerdings ist es dabei eine große Stütze zu wissen, dass andere mich lieben – und mich nicht nur verändern wollen.
    Vor allem aber kann ich Institutionen nur verändern, wenn ich sie liebe. Wer mit noch so viel Energie versucht, etwas zu verändern, das er nicht liebt, wird es zerstören. Das gilt für eine Schule wie für eine Gemeinschaft, das gilt für ein Land wie für die Kirche. Ich kann nur verändern, was ich liebe. Denn ich liebe ja nicht alles an der Kirche, sondern das, was sie zur Kirche macht – und Veränderung bedeutet dann, dieses Gute kraftvoll machen zu wollen.
  • Ich kann also etwas nur verändern, wenn ich es liebe. Aber leider gilt ebenfalls nicht umgekehrt, dass mir allein dadurch schon die Macht gegeben wäre, etwas zu ändern, weil ich es liebe. Veränderung scheitert an der Trägheit und manchmal auch der Lieblosigkeit anderer.
    Wer aber hartnäckig verändern will, weil er liebt, und sich in dem Anliegen zu verändern nicht beirren lässt, weil er liebt, wird am Ende vielleicht am Meisten verändert haben. Ich bin fast so vermessen zu sagen: Wer etwas verändert, das er um des Guten willen liebt, hat Gott an seiner Seite.

 2. Gesetz

  • So und nur so erkläre ich mir das Verhältnis Jesu zum jüdischen Gesetz. Immer wieder liest man den Unsinn, Jesus habe sich gegen jüdisches Gesetz und Tradition gestellt. In dem zentralen Text der Bergpredigt sagt Jesus vielmehr: "Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben! Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen."
  • Wie auch bei der Tempelreinigung nicht gegen den Tempel, so richtet sich die Radikalität Jesu in der Bergpredigt nicht gegen das Gesetz, sondern gegen eine Verflachung und innere Aushöhlung. Nicht zufällig sagt Jesus betont, nicht nur, dass er das Gesetz erfüllen möchte, sondern "das Gesetz und die Propheten", weil schon die Propheten einer nur veräußerlichten Gesetzesfrömmigkeit den Kampf angesagt haben.
  • Die ganze Radikalität Jesu kommt darin zum Ausdruck: Tust Du, was du tust, nur um irgendwelche Regeln und Normen zu erfüllen, oder weil du es von Herzen willst? Lebst du nur aus der Angst, nicht anerkannt zu werden und sozial isoliert zu sein, oder versuchst du das Vertrauen in Gott in dir so mächtig werden zu lassen, dass du alles dafür riskieren würdest, das Richtige zu tun?

3. Gott

  • Vergangene Woche hatten wir den vorhergehenden Abschnitt aus der Bergpredigt gehört. Darin tritt Jesus seinen Schülern gegenüber, schaut sie an und sagt ihnen: So wenig ihr auch Ansehen haben mögt, so sehr seid ihr am Ende dich das Salz der Erde und das Licht der Welt.
    Er schließt mit der Formulierung "So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen."
  • Ja, ganz eindeutig, es braucht Menschen die etwas tun. Liebe ist mehr in den Taten, als in den Worten. Liebe, die etwas verändern will, zumal. Gleichzeitig wissen wir, dass wir Christen nicht die einzigen und oft genug vielleicht nicht die besten aller Menschen sind, wenn es darum geht, die Radikalität Jesu zu im Leben umzusetzen. Doch genau deswegen sagt Jesus, dass es nicht darum geht, uns herauszustellen, sondern mit dem Geringen, was wir tun, auf Gott zu verweisen. "… damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen."
  • Wer sich mit der Kulturgeschichte der Menschheit ohne die Vorurteils-Brille westlich-aufklärerischer Arroganz nähert, wird feststellen, dass der christliche Glaube sehr wohl etwas verändert hat. Die Abkehr vom christlichen Glauben und seine Instrumentalisierung durch den modernen Nationalismus dürfte keinen schärferen Kritiker haben als Jesus. Ein veräußerlichtes Christentum, das alles behauptet aber nichts wagt, muss die Bergpredigt neu für sich entdecken. Wir brauchen die Liebe zum Evangelium, die Liebe zum Gesetz Gottes und seiner Weise, in Wort und Sakrament unter uns zu sein, um die Kirche und diese Welt zu verändern. Und wir dürfen Gott dabei an unserer Seite wissen.