Predigt 2010 zum 6. Sonntag im Lesejahr C
Zurück zur Übersicht von: 06. Sonntag Lesejahr C
14.02.2010 9.30 und 11.30 Uhr - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Gegenwart und Vergangenheit
- Urlaubsbilder anschauen kann eine schöne Sache sein. Gemeinsam erinnert
man sich glücklicher Stunden. Die Bilder bringen Erinnerungen.
- Wenn es aber letztlich nur die Erinnerung an vergangene Stunden
ist, dann ist das eine andere Sache. Es könnte sich da ein Mangel an
Gegenwart und Zukunft verbergen. Glück ist kein Schatz, der sich aufbewahren
lässt. Gelungenes Leben kann sich nicht in Erinnerung erschöpfen.
- Selbst die Gegenwart wird schal, wenn sie nur Gegenwart ist. Die Freude
am Jetzt ist etwas wunderbares und es wäre falsch, nie in der Gegenwart
zu sein, weil man in Gedanken immer schon in der Zukunft ist. Und dennoch
ist die Frage berechtigt, welche Richtung mein Leben hat. Noch mehr gilt das
für Beziehungen: Worauf baut unsere Liebe, welche Zukunft hat sie?
2. Richtung und Fundament
- Die Lesungen des heutigen Sonntages haben einen drastischen Ton. Der Prophet
Jesaja sagt "Verflucht der Mann, verflucht die Frau, wenn sie auf Menschen
vertrauen, auf das Hinfällige am Menschen sich stützen." Und
Jesus ruft: "Weh euch, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und
weinen".
- Das "Wehe!" Jesu und das "Verflucht!" des Jesaja sind
keine Drohung, sondern eine realistische Warnung. Beide wollen, dass unser
Leben gelingt. Jesaja will sicher nicht gegen das Vertrauen reden, das Menschen
in einander haben, obwohl sie wissen, dass wir Menschen fehlbar und hinfällig
sind. Jesus hat kein Problem mit dem Lachen; es ist etwas Befreiendes und
Wunderbares. Beide fragen vielmehr, worauf wir im Letzten und im Grunde bauen.
Beide fragen nach dem Fundament.
- Es macht das Vertrauen aus, dass gerade die echte Liebe um die Hinfälligkeit
weiß - und doch vertraut. Und das Lachen befreit dann, wenn es zwar
für den Moment den Ernst vergessen lässt, aber ihn nicht ignoriert.
Alles, was wir haben, ist vorübergehend. Das entwertet es nicht. Wir
Menschen auf Erden sind vergänglich. Fatal wäre es nur, unter der
Vergänglichkeit kein anderes mehr Fundament zu haben. Das Vertrauen in
Menschen trägt nur, wenn wir uns zugleich für Gott öffnen.
Das Lachen befreit nur, wenn die Ahnung für die Freude Gottes am Horizont
steht.
3. Seligpreisungen und Glück
- Deswegen preist Jesus die Hungernden und Weinenden selig. Selbst die zu
unrecht Verfolgten kann er glücklich preisen, nicht weil der Hunger oder
das Weinen etwas Schönes wären, sondern weil es gerade diese Situationen
sind, die uns auf die Zukunft verweisen. Die satte Zufriedenheit dagegen kann
leicht ein Fluch sein.
- Es ist wohl das Geheimnis gelungener Liebe: Ganz als Menschen auf einander
zu bauen und zugleich darin die Gegenwart Gottes zu erfahren, den weder
Himmel noch Erde begrenzen können.
- Es ist wohl das Geheimnis, mit der Hinfälligkeit des Irdischen
zu leben und darin Glück zu finden, wenn darin die Richtung sichtbar
wird, auf die Gott uns führt.
- Es ist wohl das Geheimnis, einander vergeben zu können, wenn wir
uns gemeinsam getragen wissen von der Barmherzigkeit Gottes.
- Deswegen tut auch das mit den Urlaubsbildern gut, weil es ja keine Flucht
aus dem Alltag sein muss, sondern im Gegenteil Aufbruch sein kann, jeden Tag,
nicht nur den Alltag, gemeinsam zu leben: Gute und schlechte Tage, Gesundheit
und Krankheit; denn von der Liebe Gottes kann nichts uns scheiden, wenn wir
auf sie vertrauen. Amen.