Predigt zum Hochfest Allerheiligen 2015 (Matthäus)
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1. November 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Gelungenes Leben
- Selig ist ein gelungenes Leben. Ohne Einschränkung. Selig ist nicht, sich hier auf Erden etwas zu verkneifen, um dann im Himmel ausbezahlt zu werden. Selig sind Menschen, an denen sichtbar wird, was Gottes Liebe vermag: Ein Leben zu tragen und zu entfalten - im Leben und im Tod. Das hat nichts mit der Quantität der Lebensjahre zu tun, sondern ausschließlich mit Qualität, im eigentlichen Sinn Lebensqualität.
- Es gibt Leute die sagen, sie wollten lieber statt in den Himmel in die Hölle kommen, dort seien die interessanteren Menschen. Das ist Unsinn, gefährlicher Unsinn. Denn es sind Egomane, Menschen die wollen, dass alles sich nur um sie selbst dreht, die sich so selbst die Hölle schaffen. Das sind definitiv nicht die interessanteren Menschen. Sollte ein Mensch sich so sehr gegen alle Liebe verschließen können, dass er sich auch gegen Gottes Liebe abschottet? Ich weiß nicht, ob es das gibt; ich hoffe nicht. Aber das wäre die Hölle. Die Hölle ist die Sünde, die in Ewigkeit nicht geheilt werden will, nicht in der Zeit, nicht in der Ewigkeit. Das ist im wahrsten Sinn un-selig.
- Selig dagegen preist Jesus Menschen, die so wenig um sich selbst besorgt sind, dass sie in ganz vielen Beziehungen stehen. Frieden stiften kann man nur, wenn man nicht aus Angst kneift, selbst hineingezogen zu werden. Den Hunger nach Gerechtigkeit hält nur aus, wer an dem eigenen Unvermögen nicht zerbricht. Jesus nennt immer die selig, die sich den Luxus ihrer Ideal leisten können, weil sie fest verbunden sind mit Gott. Das ist die Verbindung, die Menschen mutig macht zu leben, intensiv und in vertrauender Beziehung zu anderen.
2. Allerheiligen
- Die Lesung aus der Offenbarung des Johannes macht deutlich: Dieses Ideal ist nicht einigen wenigen Superhelden des Glaubens vorbehalten: "eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen". Die Seligpreisungen nehmen nämlich nicht Maß an dem, was man Menschen zutraut, sondern an dem, was man Gott zutraut. Und das kann unzählbar viel sein.
- Das Fest Allerheiligen verweist auf diese große Zahl von Heiligen aller Zeiten und Kulturen. Dem gegenüber ist die Zahl derjenigen Heiligen verschwindend gering, die von der Kirche namentlich benannt wird und deren Fest und Gedenken wir in den Gottesdiensten über das Jahr feiern. Ihre Heiligsprechung durch das Volk Gottes, die Kirche, bedeutet ja nicht, dass sie dadurch erst zu Heiligen würden. Es wird nur öffentlich und dankbar verkündet, dass an diesen Christen die Gnade Gottes besonders sichtbar wird.
- Dieses Fest Aller Heiligen gibt es übrigens auch bei unseren lutherischen und anglikanischen Geschwistern, und von der orthodoxen Kirche haben wir es überhaupt erst gelernt. Daran sollten wir uns erinnern, denn das Fest derer, deren Leben selig und gelungen ist, weil sie es schon auf Erden in Gemeinschaft mit Gott und für die Menschen gelebt haben, sollte man immer in Gemeinschaft der einen, von Gott geheiligten Kirche aller Getauften feiern.
3. Allerseelen
- Zugleich wollen wir diesen sonntäglichen Gottesdienst aber auch schon im Ausblick auf den morgigen Tag, das Fest Allerseelen feiern. Es gehört eng zu dem heutigen dazu und in vielen Gegenden besuchen die Christen heute die Gräber ihrer Verstorbenen.
- Das können bei uns die allerwenigsten tun, weil diese Gräber weit weg von hier, in anderen Teilen Deutschlands und in der ganzen Welt sind. Aber auch wir wollen in die große Gemeinschaft der Kirche und der Erden ganz ausdrücklich auch unsere Verstorbenen Freunde und Familienangehörigen einbeziehen. Wenn "selig" bedeutet 'in Gemeinschaft mit Gott und für die Menschen gelebt', dann gehören für Christen die Verstorbenen immer dazu, denn sie sind ja auf diese Gemeinschaft hin gestorben, um durch die Treue Gottes bewahrt zu werden.
- Als Zeichen dieser Verbindung sind sie nun eingeladen, in einer Prozession zum Taufbecken zu gehen, und dort einen der Steine aufzunehmen und sie zum Altar zu bringen. Wir singen dazu das Lied von den Seligpreisungen und vertrauen symbolisch die Verstorbenen Gott an, indem wir den Stein vor dem Altar niederlegen. Wer möchte hat dann die Gelegenheit, an das Mikrophon zu treten und den oder die Namen zu nennen, für die der Stein niedergelegt wurde; sie können aber auch ein anderes Gebet als Fürbitte sprechen.
Nach der Messe sind Sie eingeladen, einen anderen Stein mit nach Hause zu nehmen, einen Stein, den ein anderer von uns nieder gelegt hat. So können wir die Gemeinschaft des Glaubens ganz konkret leben, indem einer in den Anliegen für den anderen im Gebet vor Gott tritt. Amen.