Predigt zum Hochfest Allerseelen 2008 (zum Fest)
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2. November 2008 - Universitätsgottesdienst St. Antonius, Frankfurt
1. Hoffen
- Worauf hoffen wir? Für die Zeit, die wir auf Erden leben, hoffen wir auf Glück - wie immer das jeder für sich definiert. Das ist eine schöne Hoffnung und eine legitime Hoffnung. Darum dürfen wir ruhig auch beten und dafür können wir einiges selbst tun. Es ist nichts Anrüchiges daran, glücklich leben zu wollen und daraufhin zu handeln. Wir leben im Diesseits und hoffen für das Diesseits.
- Aber es bleibt die Frage, ob das nun schon alles ist. Nicht nur der Tod stellt die rein diesseitige Hoffnung in Frage, sondern auch das Leid. Das bringt Menschen dazu, darüber nachzudenken. Die derzeit hierzulande populärste Version ist die Idee der Wiedergeburt.
Mit ostasiatischer Reinkarnationslehre hat das normalerweise nichts zu tun. Diese sieht das Leben als Leiden und Wiedergeburt als Strafe. Die Erlösung ist, nicht mehr wieder geboren zu werden. Westliche Wiedergeburtslehren haben das nach heutigem Geschmack kompatibel gemacht. Ein Leben ist nicht genug, so könnte man das zusammenfassen, um die Fülle der Möglichkeiten auszuschöpfen, die in mir liegen. Logisch, dass ich wiedergeboren werde.
- Die Idee mag schön sein oder zumindest so klingen. Aber sie ist halt nur ausgedacht, aus fremden Zutaten nach eigenem Gusto zusammengekocht. Ja, es gibt Menschen, die auf einmal Erfahrungen aus einer fremden, zurückliegenden Biographie kennen. Wir können gerne darüber reden, wie sich das erklären mag. Aber ich sehe nicht, dass das bedeuten soll, dass ich wiedergeboren werde - denn ich bin mehr als ein paar Erinnerungen, die in Meditation oder Hypnose herbeibeschworen werden. Ich bin ein vielfältiger Mensch mit Erinnerung und Hoffnung, Beziehungen und Geschichte. Diese Geschichte endet für mich, wenn der biologische Tod eintritt. Von diesem Tod gibt es auf Erden nimmer Wiedergeburt, bestenfalls Wiederbelebung - um etwas später doch zu sterben.
2. Glauben
- Die Alternative ist zu glauben, dass Christus von den Toten auferweckt wurde. Durch Christus können wir teilhaben an seiner Auferstehung. Diesen Glauben bezeugt das ganze Neue Testament als zentrale Erfahrung der Jünger Christi und der ersten Kirche. Jedweden Wiedergeburtsglauben kann ich mir zulegen, weil's gefällig ist. Diesen Glauben kann ich nur annehmen. Nur zwei Punkte will ich daraus benennen.
- Erstens gilt die Verheißung der Auferstehung dem ganzen Menschen. In der Wirklichkeit Gottes werden wir leben ganz anders und doch ganz wir selbst - das meint "Auferstehung des Leibes". Nicht irgendein subtrahierter Seelenfunke wird auferstehen, sondern wir in unserer Identität. In Gottes Wirklichkeit, "im Himmel", werden wir uns selbst erkennen und den andern. Es wird sein: 'Ich bin es' und "Du bist es'. Ganz wir selbst und doch ganz anders, weil alles, was uns jetzt verletzt oder unvollkommen erscheint, dann umfangen, geheilt und geheiligt ist von Gottes Liebe.
- Und zweitens ist diese Liebe das Zentrum der Hoffnung auf Auferstehung. Alle Bilder, die Jesus gebraucht, wenn er vom Reich Gottes spricht, sind Bilder für die Gemeinschaft, das Fest und die Heimat bei Gott.
3. Lieben
- Damit sind wir wieder bei der ganz irdischen Hoffnung auf Glück. Denn Glück bedeutet für mich letztlich die Erfahrung der Liebe, getragen von Gottes Liebe und in der Gemeinschaft von Menschen, die mich in dieser Liebe annehmen.
- Für Paulus ist daher der gefährlichere Tod, aus dieser Liebe zu fallen. Er nennt das den "ersten Tod". Das ist im Eigentlichen die Sünde. Die Sünde trennt und zerstört die Liebe. "Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn." (Röm 6,23). Die Hoffnung heißt daher im Psalm 130: "Bei Gott ist die Huld, bei ihm ist Erlösung in Fülle. Ja, er wird Israel erlösen von all seinen Sünden." Gott kann uns befreien von allem, was uns trennt von ihm und untereinander. Wenn das Leben auf Erden zu Ende ist, wird uns nichts mehr trennen, denn Gott ist Liebe. Und beginnen kann dieses Glück schon hier.