Predigt zum Fest Taufe des Herrn 2002 (Lesejahr A)
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13.01.2002 - Kaiserdom, Frankfurt
("Eine Liturgische Antwort" zur Ausstellung
Blut im Museum für angewandte Kunst und der Schirn Frankfurt)
1. Bilderbetrachtung
- Ich gehe nebenan in der Schirn oder drüben im mak durch die Ausstellung "Blut" und sehe Bilder. Ich sehe Bilder und
lese dazu lange Texte. Die Texte sollen erklären. Aber ich merke, sie können selbst kaum verstehen. Auf jeden Fall
können die Texte nicht stehen für das, was sie sagen und beschreiben. Die Bilder sprechen beredt und in Farben. Sie
zeigen etwa Christus am Kreuz und einen Engel, der das Blut aus seiner Seite in einem goldenen Kelch auffängt. Sie
zeigen Christus, der in einer Weinkelter die Trauben tritt und dabei selbst mit seinem Blut den Wein gibt. Die Gemälde
zeigen das in sprechenden Bildern, und doch spüre ich, dass auch ich, als Christ, nur Beobachter und Zuschauer bin.
- Die Macher der Ausstellung haben es geschafft, mit "Blut" ein Thema zu finden, das provoziert und interessiert. Aber
die Ausstellung ist in der assoziativen Aneinanderreihung von Motiven dem Thema nicht gewachsen. Vielleicht wäre es
auch mit mehr Sorgfalt nicht möglich gewesen, über "Blut" eine Ausstellung zu machen. Denn jeder von uns spürt dort,
wo von Blut gesprochen wird, das eigene Blut, die Kraft des eigenen Lebens, und ahnt, wie bedroht dies ist.
- Es gibt den Versuch, die Rede vom Blut und das Bild vom Kreuz aus dem Leben der Kirche zu eleminieren. Es wird als
unerträglich anstößig empfunden. Das ist es. Das Evangelium aber weiß davon zu berichten, dass dies schon so war, als
Jesus selbst davon sprach, dass sein Blut ein wahrer Trank sei.
Jesus hat daran festgehalten. Er sprach vom neuen Bund in seinem Blut. In jeder Messe wird daran erinnert. Vielleicht
hilft es, die Bilder vom Blut im Museum als Provokation zu sehen, um Stellung zu beziehen. Nicht als distanzierter
Beobachter, sondern als lebendiger Mensch und Christ.
2. Taufe
- Die Taufe, so haben wir gelernt, macht den Menschen zum Christen. Die meisten von uns sind als Säuglinge getauft
worden. Gerade dann aber sind wir als erwachsene Menschen da hinein gestellt, dies auch zu leben. Es wird zur
Entscheidung, vielleicht lebensentscheidend.
Das heutige Evangelium berichtet davon, dass Jesus sich am Jordan taufen lässt. Er steigt in das Wasser und taucht darin
unter. Johannes hatte recht, als er Jesus, den Heiligen Gottes, hindern wollte, sich unter die Anderen einzureihen. Jesus
aber beharrt darauf. Darin so sagt er, erfüllt sich die Gerechtigkeit Gottes, dass sich der menschgewordene Sohn unter
die Menschen einreiht und sich taufen lässt. Darin zeigt sich die Treue Gottes zum Menschen, dass die Stimme vom
Himmel bestätigt: Dieser unter den Menschen ist Gottes geliebter Sohn.
- So besteht auch darin das Wesen unserer eigenen Taufe: dass wir unser Leben in der Taufe an die Seite Jesu stellen. Wir
tauchen in Jesus Christus ein - und finden uns gerade dadurch unter den Menschen. Die Liebe zum Menschen ist daher
das Geheimnis der Taufe.
- Eintauchen in das Leben Jesu konfrontiert uns aber unweigerlich mit dem Schicksal Jesu. Statt betrachtend zurückstehen
zu können, wird uns zugemutet, uns hineinreißen zu lassen.
Für die allerwenigsten Christen wird das blutige Wirklichkeit. Die Märtyrer sind - gottlob - die Ausnahme zu allen
Zeiten. Aber sie gehören dazu. Wollten wir sie aus der Kirche herausdefinieren, wir hätten Christus verloren.
Wenn das Blut, das Christus am Kreuz vergießt, für uns nicht lebbar ist, fallen wir aus dem Bund, von dem er sagt, dass
er in seinem Blut geschlossen ist. Weil Christus an der Liebe zum Menschen festhalten kann, weil die Gewalttäter dieser
Welt keinen Sieg davontragen, selbst wo sie Blut vergießen, deswegen ist die Liebe auch normal zu leben. Für mich und
die meisten Christen ist das Martyrium keine unmittelbare Realität. Gerade dann und für uns ist es aber trotzdem eine
Grundlage meines Glaubens. Im Blut Christi hat die Gewaltlosigkeit über die Gewalt gesiegt. Es ist nicht von Nöten, zu
den Machthabern, den Tätern und den Siegern dieser Welt zu gehören, um zu leben. Ich muss nur in die Liebe Christi
eintauchen.
3. Bluttaufe
- Die Tradition der Kirche spricht von der Bluttaufe, wo eines Menschen Liebe in Gewaltlosigkeit nicht am eigenen
festhalten muss. Eine solche Liebe taucht ein in das Leben Jesu. Es ist eine echte Taufe.
Nicht das Blut und nicht das Leiden macht die Bluttaufe, sondern die Liebe.
- Deswegen kennt die Tradition auch das Wort von der Geisttaufe. Wo Menschen vom Geist Gottes ergriffen werden, die
Kraft der Liebe entdecken, dort werden sie vom Geist Gottes getauft. Es ist eine echte Taufe. Denn sie tauchen ein in
Christus. Sie haben in ihm Gemeinschaft mit Gott.
- Die Bluttaufe der Märtyrer und die Geisttaufe derer, die Gott im Herzen ergreift und Lebenskraft verleiht, diese zwei
anderen Weisen der Taufe, sind für mich wassergetauften Christen die Konfrontation mit meiner eigenen Chance zu
leben. Ich muss nicht in der Position des distanzierten Betrachters verweilen. Ich kann die Bilder aus dem Museum
herausholen und selbst eintauchen in diese Form des Lebens. Nicht festhalten an der eigenen Überlegenheit, sondern die
Liebe wagen. Mitten unter den Menschen. Amen.