Predigt zu Weihnachten in der Nacht 2012
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24.12.2012 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Mensch!
- Mensch, du bist großartig! Du bist nicht ein beliebiger Haufen Materie, geworden aus dem Zufall
eines Universums, lediglich mit besserer Software, doch ohne Ursprung und Ziel. Mensch, du bist
wertvoll, wo du auch seist, bist du von Gott geliebt.
- Niemand soll schlecht über dich reden, Mensch! Du bist von Gott gewollt, nach Gottes Antlitz
geschaffen, ganz gleich wo du geboren wurdest, ob du unter den Menschen als erfolgreich giltst
oder andere meinen, dein Leben sei nicht viel wert.
- Zu Großem bist du bestimmt, Mensch! Alles, was du dazu brauchst, ist dir gegeben. Gott hat dir die
Fähigkeit gegeben, dass dein Herz klug und gerecht sein kann, tapfer, wo andere dich klein machen
wollen, und nüchtern, wenn sie dir sagen, dass du nur zählst, wenn du für alles Mögliche und
Unmögliche zahlen kannst. Du zählst, weil Gott auf dich zählt.
2. Gnade
- "Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten." In diesem Satz fasst der Titusbrief,
der zu den Lesungen der Weihnacht gehört, zusammen, was es mit Gott und Mensch auf sich hat.
Der Mensch ist geschaffen nach Gottes Antlitz, berufen göttlich zu sein. Aber dieser Ursprung und
diese Berufung ist vielfach verschüttet unter dem Schutt menschlicher Geschichte.
- Die "Gnade Gottes" ist Gott selbst, der sich schenkt. Er schenkt sich uns, wenn er uns nach seinem
Antlitz ins Leben ruft. Und er schenkt sich, wenn er trotz allem Kleingeist und aller Gewalt unter
den Menschen "erscheint" und in die Geschichte der Menschen tritt.
- Das ist das Überraschende, unglaubliche, dass dieser göttliche Ursprung und diese göttliche
Berufung, die die Größe des Menschen ausmachen, in einem Menschen erscheinen, der nach
menschlichem Maß nichts gilt: Ein Kind in Armut geboren, ein Mensch, der am Kreuz enden wird.
Gerade so zu erscheinen ist Gott offenbar so unendlich wichtig, dass er selbst im Gottessohn Jesus
Christus dieses Leben wählt. Darin liegt die Gnade, das ist Gottes Geschenk an uns.
3. Rettung
- "Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren", ruft der Engel den Hirten auf dem Feld zu.
Uns Menschen vor uns selbst zu retten ist die Gnade Gottes erschienen. Denn in der Begegnung mit
ihm liegt die Chance umzukehren vom Irrweg, den Menschen nur nach seiner Kaufkraft zu
bewerten, und den Anderen nur danach, welchen Nutzen er bringt. Zu retten vor einer nur
scheinbaren Liebe, die nicht mehr fähig ist, um des anderen selbst willen zu lieben.
Das meint der Titusbrief wenn er sagt, dass die Gnade Gottes "uns dazu erzieht, uns von der
Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen". Gott "erzieht" den Menschen, der
Weihnachtet feiert, damit er frei wird von all dem Denken in Nutzen und Interessenkalkül.
- Dabei ist die Weihnachtsbotschaft unglaublich. Wenn - um einen
gewagten Vergleich zu machen -
Angela Merkel anfangen würde als Reinigungskraft am Kleinen Michel zu
arbeiten, dann wäre das
auch unglaublich. Man würde es für eine PR-Aktion halten. (Zumindest für
den Kleinen Michel
wäre es eine gute Werbung). Würde sie das mehrere Jahre machen (und sich
nicht trotz Renteneinbußen frühpenionieren lassen, weil das doch eine
anstrengende Arbeit ist), dann wäre das schon
ein beachtliches Zeichen. Aber für Angela hätte das die Konsequenz: Sie
könnte nicht mehr
gleichzeitig Bundeskanzlerin sein.
- Das aber ist die Botschaft des Weihnachtsfestes, dass Gott ein Mensch in Armut wird und dennoch
Gott bleibt. Gott braucht sich nicht zu 'verändern', um Mensch zu werden, denn Gott ist Liebe, die
sich nicht scheut, in einem Futtertrog geboren zu werden und am Kreuz zu sterben. Gott ist so. So
wird Gott Mensch. So schafft sich Gott ein "reines Volk", das beginnt, aus dem Geheimnis dieses
Ereignisses zu leben. Amen.