Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt für Schülerinnen und Schüler am 7. September 2017 - Mehr abseits der Routine

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7. September 2017 - Aloisiuskolleg Bonn-Bad Godesberg

für Schülerinnen und Schüler: Mehr abseits der Routine

1. Professionell

  • Man kann alles richtig gemacht haben und trotzdem geht es schief. Es gibt im Leben keine Erfolgsgarantie. Deswegen sollte man nicht frustriert alle Bemühungen aufgeben. Deswegen muss auch nicht alles falsch gewesen sein, was man gemacht hat. Ja, man sollte kritisch schauen, ob etwas falsch oder suboptimal gemacht wurde, um das Vorgehen zu verbessern. Aber auch wenn alles richtig gemacht wurde, kann es manchmal schief gehen.
  • Das ist die Situation von Petrus und der Gruppe Fischer vom See Gennesaret. Das waren Profis. Vom See Gennesaret aus wurden Fische in das ganze Mittelmeergebiet exportiert, bis an den Hof des Kaisers. Das waren Spezialitäten und die Fischer hatten kleine Betriebe mit Angestellten. Die wussten was sie taten. Wenn Petrus sagt „wir haben die ganze Nacht gearbeitet“, dann signalisiert das: Die wussten, was sie taten, denn Fische fängt man am frühen Morgen, wenn es noch dunkel ist.
  • Und dennoch haben sie nichts gefangen. So ist das manchmal im Leben und es ist wichtig das wissen: Es ist nicht alles berechenbar, dass es gut geht. Es können Dinge schief gehen, weil man schlecht vorbereitet ist oder nicht genug Grips oder Energie reingesteckt hat. Doch hier das Evangelium ist handelt nicht davon; dafür bräuchten wir Jesus nicht.

2. Großherzig

  • Das Evangelium handelt vielmehr von der Wirklichkeit, die sich auftun kann, wenn ich weiß, dass nicht alles berechenbar und planbar ist. Eine Nacht mal nichts gefangen, wird jetzt keine Katastrophe gewesen sein. Aber es ist eine wichtige Unterbrechung. Der harmlose Vorfall löst etwas aus.
    Es sind solche Momente, in denen Gott die Chance hat, bei uns anzuklopfen. Wenn alles nur glatt läuft, läuft sich das Leben schnell zu Tode, obwohl und weil – beides! – eigentlich alles glatt läuft.
  • Deswegen nutzt Jesus die Chance und sagt dem Simon Petrus: „Fahr hinaus auf den See“. Er soll mit den anderen zusammen noch mal rausfahren, obwohl nach Handbuch professionellen Fischfangs jetzt nichts mehr zu holen ist. Aber darum geht es nicht. Es geht vielmehr um die Beziehung und das Vertrauen: Jesus fordert ihn auf und Petrus spürt bereits: In diesem Jesus sagt mir Gott: Probiere doch mal was anderes! Und Petrus vertraut diesem Gespür, dass das jetzt nicht blanker Unsinn ist, wenn sie noch mal rausfahren, sondern dass jetzt ein Moment gekommen ist, wo es um etwas anderes geht.
  • Es braucht dazu eine Großherzigkeit. Ohne die kann man Gott nicht vertrauen. Wer meint, im Leben dürfe nur vorkommen, was man berechnen kann, wird das nie verstehen. Man kann auf die Weise äußerlich sehr erfolgreich sein. Aber das Leben läuft leer dabei. Es fehlt der Aufbruch, das magis, das „mehr“ Vertrauen, „mehr“ Glauben, „mehr“ hoffen, „mehr“ lieben und in all dem mehr aus dem Leben zu machen als eine (bestenfalls) erfolgreiche Maschine. Dafür sind wir nicht geschaffen. Das magis entdecken wir nur, wenn wir großzügig sind und noch mal rausfahren auf den See – Gott, „wenn du es sagst, werde ich die Netze auswerfen“, großzügig, großherzig, risikobereit.

3. Fischfang

  • Es wäre ein tragischer Irrtum, dass das Ergebnis einfach nur wäre, dass sie jetzt halt doch mehr Fische gefangen haben, weil Jesus der Alleskönner eben doch besser weiß, wie professioneller Fischfang geht. Vielmehr sind die prall gefüllten Netze eine Theophanie, ein Erscheinen der Herrlichkeit Gottes unter den Menschen. Das ist den jungen Männern, die da mit Petrus auf dem See ist sofort klar. Sie haben nicht einfach quantitativ mehr Fische gefangen. Das wäre banal, und Wunder sind nie banal. Vielmehr wird diese Erfahrung für sie ein Augenblick, der aus ihrem Leben mehr macht.
  • Darin ist Petrus nicht der Held. Er selber spürt in der Gegenwart des Heiligen: Ich bin ein Sünder!, das bedeutet übersetzt: Ich erlebe, dass ich in vielem so fern bin von Gott und von dem Simon, wie er sein könnte, wenn er diesem Gott immer schon vertraut hätte! Deswegen reagiert Jesus sofort und sagt ihm: „Fürchte dich nicht!“ Wenn Du an dem Punkt angekommen bist, wo du nicht mehr alles in Selbstgerechtigkeit erstickst, dann ist die Chance, dass du dich Gott anvertraust und du erfahren wirst, wie viel mehr Gott aus deinem Leben machen kannst, wenn du dich ihm anvertraust.
  • Und etwas Zweites finde ich in der Szene, die uns in dem Evangelium überliefert ist. Es wird ausdrücklich berichtet, dass Petrus und Andreas die Leute aus dem zweiten Boot gerufen haben. Jetzt sind sie endgültig nicht mehr Einzelgänger. Die Erfahrung der Gegenwart Gottes führt eben nicht nur zur Einsamkeit der Erkenntnis „Ich bin ein Sünder!“ sondern fast im selben Augenblick zur Erfahrung, in einer Gemeinschaft zu sein, der Gott die Kraft gibt, etwas zu bewegen: Mehr aus sich und mehr aus dieser Welt zu machen, als nur das Berechenbare. Amen.