Wissenschaft und Spiritualität an
den Hochschulen: Modelle der Hochschulpastoral
Martin Löwenstein SJ, Katholische Hochschulgemeinde KHG
Frankfurt/Main
Jahrestagung des KAAD, Bonn 26. April 2007
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- Beobachtungen und Spekulationen über den Trend
- Spiritualität des Wochenendes. Auch christliche
Studierende und vielfach schon Schüler leben eine weitestmögliche
Trennung von Arbeit und Freizeit, wobei Studieren als Arbeit angesehen
wird, egal ob an der Uni oder daheim. Das Ideal wäre die 5 Tage Woche,
bei der Freitag Abend Freizeit beginnt. Statt dem Sonntag soll das Wochenende
"frei von knechtischer Arbeit" sein. Religion und Glaube gehören in
den Bereich der Freizeit.
- Spiritualität des moralischen Christentums. Das
Wesen des christlichen Glaubens wird oft im Liebesgebot gesehen. Christ
zu sein, bedeutet danach zu leben. "Dienst am nächsten war und
ist für mich immer auch Gottesdienst, wie es Jesus im neuen Testament
von uns allen fordert." (A.O. Logopädiestudentin, 23 Jahre); "Der
christliche Gaube nimmt in meinem Leben einen hohen Stellenwert als moralische
Richtlinie ein" (K.O. Biologiestudent 21 Jahre). Nicht darin besteht
der Glaube, dass geglaubt wird Gott hätte etwas für uns getan,
sondern dass ich etwas für die Nächsten tun muss.
Dem kommt die Möglichkeit entgegen, sich finanziell an der Kirche (über
die 'Mitgliedsbeiträge', diea ls Kirchensteuer gezahlt werden) zu beteiligen
und so die umfangreichen institutionellen und hauptamtlich getragenen sozialen
und internationalen Hilfswerke der Kirche mit zu tragen, obwohl man an den
Gottesdiensten kaum oder gar nicht teilnimmt.
- Spiritualität der Geborgenheit. Studierende, die
in einer 'funktionierenden' Familie und/oder christlichen Gemeinde groß
geworden sind, halten möglichst an dieser Erfahrung fest. Sie pendeln
lieber weite Wege, bevor sie diesen Lebensraum aufgeben. Glaube ist für
sie Geborgenheit, den sie bei anderen Menschen erleben und bei dem Gott
wie selbstverständlich dazu gehört. Diese Studierenden haben vielfach
eine Gebets- und Gottesdienstpraxis.
- Spiritualität der Leistung. Der weitaus größere
Teil der Kinder der 68er-Bewegung stammt von denen ab, die "nicht dabei"
waren, sondern trotz der 68er-Bewegung bürgerliche Werte zumeist still
weitergelebt haben. Von diesen haben die Kinder - heutige Studenten - gelernt,
dass Leistung zentral ist. In christlichen Familien wird das vielfach im
religiösen Bereich noch verstärkt. "Gott hat mir Gaben und
Talente gegeben. Wem viel gegeben wurde, muss auch viel erbringen".
(C.L. Medizinstudent 26 Jahre).
- Spiritualität an der Wegscheide. Die Suche nach
einem eigenen spirituellen Weg und den eigenen geistlichen Wurzeln beginnt
vielfach erst dort, wo hinter den Etappenzielen (Abitur, Prüfungen,
Studienabschluss) das Leben sichtbar wird, das keinen nahe Grenze mehr zeigt,
sondern mit der Frage konfrontiert, wie man selbst leben will. In der zweiten
Hälfte des 3. Lebensjahrzehnts erleben daher viele eine Rückkehr
(oder Neuentdeckung) des Glaubens.
- Individuelle Spiritualität. Viele fühlen sich
dem christlichen Glauben oder sogar der Kirche 'irgendwie' verbunden, legen
aber Wert auf eine Distanz, um nach eigenem Ermessen 'als Christ' zu leben.
Christsein wird dabei nicht so verstanden, dass man Teil des Volkes Gottes
und seiner Gemeinde ist, sondern persönlich zu Gott spricht und sein
Leben aus dieser Gottesbeziehung zu gestalten versucht. Die Bausteine dieser
individuellen Spiritualität können dabei frei zusammen gesetzt
werden.
- Strategien und Projekte
- "Die Katholische Hochschulgemeinde verlangt nichts von dir".
Wer zum Gottesdienst kommt ist herzlich willkommen. Man kann nur teilnehmen
und der Gottesdienst ist recht schlicht nach katholischer Liturgie gestaltet.
Der Sonntag Abend und auch andere Gottesdienste sollen Orte der Ruhe sein.
- Events sind gut und können in der Gemeinde gelebt oder gefeiert
werden. Wir suchen und nutzen Anlässe, um daran anzuknüpfen:
Himmelfahrt auf dem Maintower, Segnung zum Valentinstag, WJT und KathoTag,
Kinostarts, Wallfahrten.
- "Du musst deinen eigenen Weg finden im Alltag zu beten und geistlich
zu leben". Begleitung in Studiensituationen und geistliche Begleitung
sind individuell. Sie sollen helfen, eigene Ressourcen zu entdecken und
zu nutzen und bieten dazu Begleitung und Unterstützung an.
- "Christsein kann man nur auf dem eigenen Niveau. Akademiker müssen
daher ihren Glauben auch verstehen". Das Christentum ist zuerst
Orthodoxie und erst dann Orthopraxie, weil wir glauben, dass grundlegend
die Erfahrung ist, dass Gott an uns gehandelt hat (Schöpfung, Menschwerdung,
Taufe, Abendmahl). Das ist die Grundlage, die uns befähigt, so zu leben,
wie es uns zuinnerst entspricht und wir es wollen: Gott liebend und den
Nächsten wie uns selbst. Daher ist Wissen über den Glauben und
die Hl. Schrift unentbehrlich, aber oft nur rudimentär vorhanden. Dem
tragen Glaubenskurse und die Art der Verkündigung im Gottesdienst Rechnung.
Die Hochschulpastoral versucht darüber hinaus, Ansatzpunkte zu suchen
oder aufzuzeigen, wie der Glaube die jeweilige Wissenschaft betrifft und
ein Mediziner, Naturwissenschaftler oder Jurist in Auseinandersetzung mit
seinem Studienfach und späteren Arbeitsgebiet spirituell leben kann.
Häufig kommt dieser Ansatz aber über fachspezifische Ethik nicht
hinaus. Ein Sonderfall ist die Theologie als Wissenschaft, die studiert
werden kann, ohne sich spirituell mit dem Glauben auseinander zu setzen
und einen eigenen Weg zu praktizieren. Über das Mentorat ist die Begleitung
dieser Studierenden ein besonderes Anliegen.
- "Du hast wenig Zeit. Nutze sie." Wenn Menschen gewohnt
sind effizient zu leben und zu arbeiten, dann werden vor allem Kirchenferne
(zunächst?) auch den Zugang zum Glauben so suchen. Durch das Konzept
des 'Crash-Kurs Glauben' versuchen wir dem entgegen zu kommen.
"Mein Glaube ist mir sehr wichtig. Schon von klein auf habe ich immer in
dem Bewusstsein gelebt, dass mein Leben in Gottes Händen liegt und er mich
trägt. Viele Male durfte ich das erfahren, ganz besonders auch in meiner
Zeit im Ausland. Es war erfüllend Menschen in Nächstenliebe begegnen
zu dürfen, Vergebung zu erfahren und zu sehen, wie Gott sowohl in meinem
als auch im Leben anderer wirken kann. Dennoch würde ich mich
als jemanden bezeichnen, der sehr viel mit Gott hadert. Auch wenn ich nie ganz
die grundsätzlichen christlichen Glaubensinhalten verneint habe, habe ich
immer wieder Zweifel an dem, wie Glaube gelebt wird und denke kritisch darüber.
Letztlich fühle ich mich aber von Gott getragen und geführt."
(T. S. Pädagogikstudentin 21 J.)
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