Predigt 1. Adventssonntag Lesejahr B 2008 (Lukas)
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30. November 2008 - Universitätsgottesdienst St. Antonius, Frankfurt
1. Dumm gelaufen
- Dumm gelaufen. Der Banker (vormals/künftig Bankier), der die phantastischen
Zinsen einer isländischen Bank seinen Kunden anempfohlen hat, muss ihnen
jetzt erklären, das es da Schwierigkeiten gibt. Die Bank selbst schreibt
Milliarden fauler Kredite ab. Dabei hätte man es schon früher sehen
können. Es gab warnende Stimmen, aber die hatten keine Chance, im lärmigen
Rausch des Booms gehört zu werden.
- Dumm gelaufen. Als das Klausurergebnis vorliegt, dämmert dem Studenten,
dass das der letzte Versuch war. Dieses Studium kann er vergessen. Er hatte -
wieder - erst auf den letzten Drücker richtig gelernt. Es hatte bei
ihm bisher immer am besten funktioniert, nur unter Druck zu lernen. Dabei hätte
er wissen können dass auch mal die Zeit knapp wird und etwas dazwischen
kommt. Aber bislang hat es doch irgendwie geklappt sich durchzumogeln. Bis jetzt.
- Dumm gelaufen. Als er an diesem Abend erst spät in der Nacht nach Hause
kommt, ist sie weg. Es war so bequem, jemand zu haben, der zur emotionalen Erbauung
und für guten Sex daheim auf ihn wartet. Sie hatte ihm oft gesagt, dass
Liebe mehr ist und Treue wichtig. Oft gesagt, aber dennoch nicht gehört.
Jetzt steht er vor dem Scherbenhaufen - allein.
2. Das Ende
- Die Bilder der apokalyptischen Reden Jesu in Jerusalem kann man knapp auf
den Punkt bringen: Dumm gelaufen. Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit
offenbar wird, dann ist die Geschichte, wie wir sie kennen, vorbei. Wenn wir
unserem Schöpfer gegenüber treten, ist das nicht einfach lustig. "Dann
wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken
kommen sehen."
- Wir leben unser Leben. Dazu sind wir geschaffen und berufen. Gott hat uns
in Freiheit erschaffen und er achtet sie. Gott hat uns nicht als perfekte Wesen
erschaffen, sondern als Persönlichkeiten, die an den Chancen, Herausforderungen
und auch Widrigkeiten des Lebens wachsen. Er erscheint in dieser Welt nur verhüllt;
sein Wort ist Mensch geworden in liebender Ohnmacht. Nur so kann er unsere Freiheit
wahren. Es ist unsere Geschichte - oder unser Durchwurschteln, weil wir uns
nicht zeitig aufraffen, Gott entgegen zu gehen.
- Advent ist Ankunft. Adventszeit ist Einladung, dem kommenden Gott entgegen
zu gehen. Die Lesungen des Ersten Advent machen aber auch ganz klar, dass Gott
in jedem Fall kommt. Spätestens, wenn uns der Sensenmann holt, ist uns
das Leben aus der Hand genommen. Dann ist Gott da und wir stehen vor ihm. Es
kann wunderbar sein, Christus in seiner Herrlichkeit zu sehen, weil Gott die
Liebe ist und in seinem Licht alles verwandelt werden kann. Aber es kann uns
auch völlig unvorbereitet treffen, dass dann der Schlüssel da ist,
aber das Schloss verklemmt und verklebt.
3. Der Anfang
- Advent ist die Einladung, dem Kommenden entgegen zu gehen. Das Problem von
"dumm gelaufen" ist die Zeitperspektive. Dumm ist es dann gelaufen, wenn Zukunft
und Gegenwart nicht zusammenpassen. Dumm ist es gelaufen, wenn ich darauf vergessen
habe, dass alles in der Zeit ein Ende hat. Dumm ist es aber auch dann gelaufen,
wenn ich nicht in der Gegenwart und für die Gegenwart lebe: Der Banker,
der auf immer steigende Kurse setzt und nicht nach dem Wert heute fragt; der
Student, der sein Studium so anlegt, gerade irgendwie durch die Prüfung
zu kommen, statt in dem Fach seine Berufung zu finden; der Mann, der die Liebe
in der Beziehung heute nicht liebt und damit nicht nur das böse Erwachen
riskiert; es entgeht ihm auch die Erfüllung und Freude heute gelebter Treue.
- Der Akzent des Evangeliums liegt auf Wachsamkeit. Wir sollen wissen, dass
"der Hausherr kommt". Wenn Christus erscheint, dann kommen die Koordianten
der Welt ins Wanken, "die Sterne werden vom Himmel fallen". Aber es
ist nur die geschaffene Sonne, die sich verfinstert, wenn das ungeschaffene
Licht erscheint. Es sind nur der Hass und die Gleichgültigkeit, die im
Erdbeben erschüttert werden. Erscheinen wird das Licht und die unfassbare,
herrliche Liebe unseres Gottes, die die Menschen aus allen Himmelsrichtungen
zusammen führt. Diese Erwartung soll das Jetzt prägen und verwandeln.
Jetzt lieben, damit uns das Offenbarwerden der Liebe Gottes nicht überrascht
wie ein Dieb in der Nacht.
- Den Tag und die Stunde brauchen wir nicht zu kennen, wann wir unverhüllt
vor Gott stehen werden. Denn nicht dann erst beginnt das Leben in Gott, sondern
jetzt und heute, wo wir unser Leben in dieser Erwartung gestalten. Das Jetzt
und Heute ist das Geschenk des kommenden Gottes - der jetzt und heute unter
uns ist. Verhüllt zwar, aber gegenwärtig dem, der wachsam glaubt und
vertraut, und der wach ist dafür, jede Stunde in Gottes Gegenwart zu leben.
Amen.