Predigt 3. Adventssonntag Lesejahr C 2015 (Lukas)
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13. Dezember 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Werte
- Was für eine Idylle das wäre. Stellen Sie sich ein Land vor, in dem die Steuerbeamten nicht korrupt sind und die Soldaten sich mit ihrem Sold begnügen.
Leben wir in einem solchen Land? Vielleicht und zumindest sind es bei uns heute weniger die Steuerbeamten, die korrupt wären, und nicht die Soldaten, die sich durch Sonderleistungen ihren Lohn aufbessern. Die beiden Beispiele werden aus den Antworten berichtet, die der Täufer Johannes denen gegeben hat, die ihn fragen: "Was sollen wir tun?"
- Es ist so einfach und grundlegend, was Johannes sagt. Nicht der Egoismus des einzelnen und nicht der Egoismus der Familie oder Gruppe sollten Maßstab sein, sondern das, was ganz einfach grundlegend anständig ist. Das ist so wichtig für das Zusammenleben, wie das Wasser für das Leben grundlegend ist.
- Wenn dann über das von der Gerechtigkeit Geforderte hinaus noch etwas Hilfsbereitschaft geübt wird, dann erfüllt das wohl schon die Definitionsbedingungen dafür, was von vielen als ein 'Leben nach christlichen Werten' verstanden wird: Anständig und darüber hinaus hilfsbereit sein.
Das ist nicht wenig. Wenn daher Johannes der Täufer meint dass er nur mit Wasser taufe, dann ist das nicht falsche Bescheidenheit. Wasser ist lebensnotwendig. Aber ist das schon alles, oder kann da noch mehr kommen?
2. Feuer
- Jesus, so meint Johannes, werde mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. Das Wasser wird dadurch nicht wertlos. Es bleibt die Grundlage. Ohne Gerechtigkeit und grundlegenden Anstand wäre jede Rede von Gott Heuchelei. Aber der Täufer weiß: Nach ihm kommt einer, der führt darüber hinaus.
- Heiliger Geist und Feuer stehen für das, was eine Stunde oder einen Tag, ein Jahr oder ein ganzes Leben erst lohnend machen. Das, von dem wir instinktiv spüren: Dafür lohnt es sich zu leben. Diejenigen, die sich dazu haben verführen lassen, sich dem Terror oder dem Krieg anzuschließen, haben das tragisch verfehlt. Sie spüren richtig, dass es das gibt, wofür der Einsatz des Lebens lohnt. Es ist aber das Gegenteil von Gewalt und Terror.
- Der rechte Geist ist Heiliger Geist Gottes, wenn er einen Menschen befähigt, für andere da zu sein und darin sein Vertrauen auf Gottes Treue zu setzen. Es ist dieser Geist, der Menschen befähigt vor Gottes Allmacht zu kapitulieren und sich von einer quälenden Sucht befreien zu lassen. Es ist dieses Feuer, das in Menschen brennt, die über sich selbst hinauswachsen, sei es zu einem großen Zeichen der Liebe, sei es im Kampf gegen den eigenen, von außen ganz unscheinbaren Dämon. Es ist dieser Geist, der ebenso zur Treue befähigt wie auch zum Bruch, wo Strukturen uns in die Gewalt zwingen wollen.
Es wird nicht jeder in der gleichen Weise 'Großes' im Glauben leisten (wobei 'Leistung' das falsche Wort ist, denn das Große ist immer Geschenk). Wir sind aber eine Gemeinschaft, damit ich hier auch durch das, wozu Gott andere aus unserer Mitte befähigt, erfahre, warum auch für mich dieser Weg lohnt.
- Heiliger Geist und Feuer mein im Prinzip immer die Radikalität, Jesus auf seinem Weg nachzufolgen. Das ist das Gegenteil von Gewalt aber auch von Bequemlichkeit. Es ist das, was das Leben lohnend macht, egal ob es kurz oder lang, gesund oder in Krankheit, in Armut oder in Wohlstand ist.
3. Gemeinschaft
- Der Weg von Johannes dem Täufer zu Jesus kann als Programm für uns als Gemeinden am Kleinen Michel in Hamburg gelesen werden.
- Die Grundlage ist, dass wir in der großen Verschiedenheit und Vielfalt, die wir hier erleben, anständig mit einander umgehen. Das ist nicht wenig. Denn was Menschen anderen verweigern ist zumeist vor allem der Respekt, dann auch die Gerechtigkeit, wenn diese fremd sind, in anderen Kulturen geprägt sind, oder wenn es junge Leute und neue Generationen sind mit neuen Lebensstilen. Hier nicht von einander zu lassen, sondern mit einander Gemeinde zu sein ist nicht wenig.
- Und trotzdem: Das Projekt Kleiner Michel ist nur dann wirklich lohnend, wenn es uns auch zusammen gelingt, darüber hinaus über uns selbst hinaus zu wachsen und Kirche für einander und für die Stadt zu sein.
Ich kann als Pfarrer nicht sagen, wie das konkret aussieht. Diese Berufung müssen wir mit einander entdecken. Ich kann aber sagen, wie es sich anfühlt: Nicht unanstrengend, manchmal sogar schmerzhaft, oft spannend mit offenem Ausgang - am Ende aber die deutliche Gewissheit, dass es ein Weg ist mit Jesus gegangen, der mit Heiligem Geist und mit Feier tauft. Amen.