Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt 3. Adventssonntag Lesejahr C 2018 (Lukas)

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16. Dezember 2018 - Internat des Aloisiuskollegs - Kollegsgottesdienst - Bonn Bad Godesberg

1. Freunde

  • Wenn ich mir überlege, mit wem ich gerne abends um den Block ziehe, in der Kneipe abhänge oder ins Kino gehe, dann wäre Johannes der Täufer nicht meine erste Wahl. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass ihm das Spaß machen würde, und ich möchte ja nicht, dass er das nur mir zuliebe tut. Johannes der Täufer ist einfach nicht der Typ für so etwas.
  • Es ist, wie es meist ist, wenn Gott seine Hand im Spiel hat. Charakterliche Veranlagung und Berufung dürften sich bei Johannes treffen. Er ist vom Herzen her ein Radikaler, was hier wirklich nicht gegen ihn spricht, weil es bei ihm nichts Ideologisches, sondern etwas vom Herzen Kommendes ist. Johannes der Täufer ist wahrscheinlich anstrengend, aber spannend.
  • Deswegen ist es für mich schon eine Frage - jenseits von Kino und Kneipe - ob ich gerne einen Johannes der Täufer zum Freund hätte. Und da lautet die Antwort eindeutig: Ja. Es wäre keine bequeme Freundschaft, weil er wahrscheinlich sehr klar mir meinen Lebenswandel und manche Verhaltensweise vorhalten würde. Aber es wäre eine sehr wertvolle Freundschaft. Gute Freunde können einander helfen, besser zu werden - sie helfen, das Bessere in mir zu stärken.

2. Zu einander passen

  • Ich habe ernsthaft schon Leute getroffen, die mir sagten, Gott passe nicht zu ihnen. Damit war die Frage für sie erledigt. Zumindest klang das für mich so. Ich habe lange darüber nachgedacht: Was ist das für ein Leben, wenn ich mir alles danach aussuche, ob es zu mir passt?
  • Das ist dann entweder so, dass ich mich nur mit den Leuten umgebe, die dasselbe denken, sagen und fühlen wie auch ich. Soziale Netzwerke sind so gebaut, dass man möglichst viel von dem mitbekommt, was man eigentlich ohnehin schon von sich selber kennen müsste. Aber offenbar macht es besonders viel Spaß, im Chor zu brüllen und sich in einer Gemeinschaft von Gleichartigen zu kuscheln.
  • Manche machen das nicht auf die Weise, dass sie sich Gleichartige aussuchen, sondern indem sie umgekehrt sich selbst an andere anpassen und bei den anderen mitschwimmen. Auch dann bewegt man sich nur unter Gleichartigen; aber das war es dann auch. Daraus kann nicht viel mehr kommen, als die ewige Selbstbestätigung. Das ist dann schon so ein wenig wie in der Hölle; da dreht sich auch alles um mich selbst. Alles!

3. Advent

  • Als Mensch wachse ich dort, wo ich mich von anderen berühren lasse. Wenn ich mich der Herausforderung aussetze, dass nicht schon alles zu mir passt und nicht schon alles geregelt ist, dann beginnt in mir etwas zu schwingen und in Bewegung zu kommen.
  • Weihnachten krankt häufig daran, dass schon zu viel festliegt. Gott, Weihnachten, die Kirche, alles ist festgelegt auf ein bestimmtes Bild und eine bestimmte Erfahrung. Da soll möglichst nichts sperrig und nichts überraschend sein.
    Das aber genau ist dann der Hinweis darauf, dass es auch wenig mit Gott zu tun haben dürfte. Denn Gott ist immer ganz anders. Er ist Gott. Deswegen ist Advent auch immer das Zugehen auf das Unbekannte, Überraschende, noch nicht immer so Gewesene.
  • Gemeinschaft in der Schule und erst recht im Internat ist dann gut, wenn wir in Frage gestellt werden. Freunde sind dann gut, wenn sie mich herausfordern, mehr aus meinem Leben zu machen. Ja, natürlich müssen Freunde zu mir passen. Aber das bedeutet doch nicht Gleichförmigkeit. Ja, natürlich erkenne ich Gott, mein Schöpfer daran, das in meinem Herzen etwas mitschwingt, wenn ich ihn erfahre. Aber das bedeutet ja nicht, dass Gott einfach nur dazu da ist, mich zu bestätigen.
    So ist ja am Ende des Evangeliums Johannes nicht nur einer, der dauernd Kritik übt und alles schlecht macht, sondern einer, der zeigt, dass jeder das Potential hat, in seinem Leben etwas Gutes zu bewirken - egal was die anderen von dir sagen (... zu Zöllner, du Soldat..., du ...). "Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso." Das klingt vielleicht banal. Das ist es aber nicht, wenn es ein Freund sagt, der Dir vertraut. Durch solche einfache Akte des Respektes und der Liebe geschieht Ankunft Gottes, Advent.