Predigt zum Palmsonntag im Lesejahr A 2005
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16. März 2005 - Pfarrkirche Oberschwappach/Knetzgau
1. Alles Volk
- Alles Volk jubelt. Nur das Matthäus- und das Johannes-Evangelium
erzählen,
dass außer den Jüngern das ganze Volk, die ganze Stadt, die Scharen
der Menschen Jesus bejubeln, als er in Jerusalem einzieht. In diesen
beiden
Evangelien ist der Kontrast deswegen besonders scharf: Dasselbe Volk
wird
am Karfreitag den Herrn bespucken und auf den Kreuzigungshügel
treiben.
- Sollte man nicht besser Unterschiede machen? Einige jubeln, andere
sind
skeptisch, viele gar nicht vor Ort. Eine solche Differenzierung wäre
historisch ohne Zweifel korrekter. Aber das Evangelium ist genauer
als nur
historisch genau, präziser als bloße Tatsachenpräzision. Die
Leute in Jerusalem, das Volk der Juden, repräsentieren die gesamte
Menschheit.
Sie sind das auserwählte Volk und für uns alle spielt sich das Drama
in Jerusalem ab: Jesus, die Jünger, das sonstige Volk, die Frauen,
die
Hohenpriester.
- Das Volk am Rande des Kreuzweges, das sind wir. Deswegen ist es
genauer
und besser zu schreiben: alles Volk. Denn wir sollen weder die
Jubelnden am
Palmsonntag noch die Gaffer am Karfreitag mit anderen
identifizieren. Wir
sind gemeint. Das Evangelium wird uns erst dann erreichen und
befreien, wenn
wir begreifen, dass in diesen Tagen unsere eigene Geschichte
gespielt wird.
2. Gott festlegen.
- Unsere Geschichte hat verschiedene Facetten. Wir können die
Ereignisse
von Palmsonntag bis Karfreitag aus verschiedenen Perspektiven sehen
und von
dort zum immer gleichen Kern vorzustoßen. Eine mögliche Perspektive
ist es, zu verstehen, welche Sünde das Unheil hier vorantreibt.
- Wie so oft beginnt das Unheil, wenn Gott in die Hände der Menschen
gerät. Die Sünde, die uns das Matthäus-Evangelium vor Augen
führt, ist: Bestimmen zu wollen, wo Gott gegenwärtig ist und wo
nicht.
- Zu Recht suchen wir Gott. Ich glaube fest daran, dass wir Gott in
allen
Dingen suchen sollten und finden können. Gefährlich wird es nur,
wenn wir meinen Gott festlegen zu können: hier sei Gott anwesend,
dort
nicht.
Heute, am Palmsonntag, herrscht der Jubelgott. Leicht ist es, Gott
mit der
Herrlichkeit, der Freude, der Pracht eins zu setzen. Die Menschen
jubeln Jesus
zu: "Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in
der
Höhe!" Leicht wird dabei die eigene Jubelstimmung mit einer
Gotteserfahrung verwechselt.
3. Gott im Unansehnlichen
- In der Karwoche werden wir lernen, dass Gott sich nicht festlegen
lässt
auf den Jubel. Deswegen wird heute schon, am Palmsonntag, die ganze
Geschichte
bis hin zum Kreuz gelesen. Der "heruntergekommene Gott" (Kamphaus)
wird nicht ausgespart. Mitten aus der Freude heraus kommt die
Erinnerung:
Gott hat auch andere Orte seiner Gegenwart. Diese
Erinnerung ist
keine Spielverderberei. Es soll nicht der Jubel des Palmsonntags
schlecht
gemacht werden. Aber der Jubel darf sich nicht absolut setzen.
Unsere Versuchung
ist es an den Sonnentagen zu sagen: Hier ist Gott! und im
Regen zu
klagen: Wo bleibst Du? Als wäre Gott auf Sonnentage
festzulegen.
- Heute beginnt von neuem die Übung, Gottes Gegenwart in unserer
Welt
zu entdecken. Unter den Reichen und Jubelnden, aber eben auch,
vielleicht
gar besonders unter den Armen und Unansehnlichen. Die Orte, die uns
besonders
gottesfern vorkommen, sie hat Gott gewählt, um uns dort zu begegnen.
- Am Ende der Passionsgeschichte steht der hartnäckige Versuch, das
Grab
zu versiegeln. Es soll ein für alle Mal verhindert werden, dass der
Gekreuzigte
zum Ort der Gegenwart Gottes werde: "Sie versiegelten den
Eingang
und ließen die Wache dort." Das Menschen Mögliche wird
gemacht, um Gott festzulegen. Gott sei Dank wird sich zeigen, dass
Menschen
nicht alles möglich ist. Amen.