Predigt zu Weihnachten am Tag 2025
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25. Dezember 2025 - St. Nikolaus, Langeoog
1.Wort
- „Im Anfang war das Wort.“ Wie die Schöpfung beginnt auch Weihnachten. Mit dem Wort. So wie Gott dich mit seinem Wort geschaffen hat, so will er auch in dir Mensch werden. Mit dem Wort.
- So wie wir verschieden sind, so verschieden klingt es für jeden von uns: das Wort. Weil Gott uns durch unser Leben auf einzigartige Weise führt, hat sein Wort für jeden von uns einen anderen Klang. Und doch ist es das eine Wort: sanft oder fordernd, still oder unüberhörbar, unbequem oder der Grund, auf dem ich baue.
- Eines ist das Wort sicher nicht: „nur” ein Wort, das beliebig dahergesagt wird, wie ein Post, der abgesetzt wird, weil man nichts Besseres zu tun hat. Zumindest wenn ich Weihnachten ernst nehme, dann ist das Wort, das im Anfang und Ursprung von allem ist, auch mein Anfang, mein Urgrund, mein Innerstes und mein Ziel. Mein Gott, der unter uns Mensch geworden ist.
2. Fleisch
- Ein Wort? „Die reden immer nur, tun aber nichts“ ist ein beliebter Spruch, stets nur über die anderen. Er verdeckt jedoch fast immer, dass derjenige, der so redet, selbst ebenfalls nur redet. Über andere redet. Gegen andere redet. Aber nirgendwo Verantwortung übernimmt. Es muss sich nur nach Protest und Wut anfühlen, mehr ist nicht nötig. Widersprüche sind egal. 'Verantwortung? Ich doch nicht!'
- Von dem Wort, das im Anfang ist, gilt: Es ist bei Gott, ja, es ist Gott – und es wird Fleisch. In diesen drei kurzen Sätzen fasst der Prolog im Johannesevangelium die gesamte Glaubenserfahrung zusammen.
- „Das Wort“, das der Anfang und Urgrund von allem ist, ist Gott selbst. Und Gott wird konkret. Er steckt hinter dem Wort, ist im Wort und hat ein eigenes, unverwechselbares Leben..
3. Wohnung
- "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt." Das "uns" in diesem Satz ist beides zugleich: ganz konkret und ganz universal. Dadurch dass Gott Mensch wird und unter uns wohnt, ist er eben nicht nur individuell, dieser eine konkrete Mensch, männlich, Israelit, Zimmermann, zu der und der Zeit mit der und der Lebensgeschichte. Sondern weil es Gott ist, der Mensch wird, verweist er uns auf das, was die Bibel ganz zu Beginn sagt: Im Anfang, im Urgrund sind wir Menschen eins, gleich geschaffen: "Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie" (Gen 1,27).
- Wir können diesen Gott nur feiern, wenn wir bekennen, dass Gott eben nicht nur für mich, für uns, für hier Mensch geworden ist, sondern "uns", alle Menschen. Dieser Universalismus ist für die Bibel zentral, gerade wenn Gott sich einzelne Menschen sucht, um diese Botschaft zu leben und zu verkünden. Deswegen ist unser Glaube ein Einspruch gegen eine Kultur, in der angebliche nur der Einzelne und sein unverwechselbares absolutes Ich zählt. Es ist zugleich der Einspruch gegen eine Ideologie, die meint es gehe in allem nur um Macht, die entlarvt werden müsse, und Gegenmacht – die Ideologie, die die eine Menschheit in Gruppen nach Rasse oder Gender, nach Hautfarbe oder Kolonialgeschichte unterteilt; die Ideologie, die nicht weit weg ist von jenen anderen, die die eigene Nation meinen wieder groß machen zu müssen oder für sich das Recht herausnehmen, sich das Nachbarland einzuverleiben.
- Gott nimmt Wohnung bei einem jeden Menschen und nur dieser Weg Gottes kann uns die Welt eröffnen, die Gott für uns alle geschaffen hat. Dieses Kind, das da im Übergang von Afrika und Asien in einem Stall geboren wird, das sind wir alle. Menschen, wie Gott uns im Anfang geschaffen hat.