Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 17. Sonntag im Lesejahr A 2023 (Matthäus)

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30. Juli 2023 - St. Peter, Sinzig

1. Happy End

  • Beim happy end im Kino wäre es ganz unpassend zu fragen: Und wie geht es morgen weiter? Das klassische happy end ist das Ende der jeweiligen Geschichte, danach geht im Saal das Licht an. Das macht den Film schön. Aber wenn wir den Saal verlassen, wissen wir, dass die Welt und unser Leben anders ist, weil es weiter geht.

  • Viele evangelikale Gemeinden und manche auch katholische Gruppen stellen Bekehrung nach dem Muster von happy end dar. Bis jetzt warst Du ein Sünder, jetzt ist alles anders. Was aber, wenn nicht alles anders wird? Wenn nach dem Höhenflug die Mühen der Ebene warten. Was, wenn auf die Bekehrung nicht Glück, Wohlbefinden und Zufriedenheit folgen, sondern uns der Glaube Zweifel und Konflikte bringt?

  • Die Gleichnisse Jesu können zu dem Missverständnis vom happy end führen: Der Kaufmann, der alles verkauft und jetzt die besondere Perle hat. Und dann? Alles verkaufen, um den einen Acker mit dem Schatz erwerben. Und dann?
    Ohne den Kontext der anderen Gleichnisse werden diese beiden schräg. Unter dem Weizen gibt es eben auch das giftige Unkraut und im Fischnetz hat sich so manches Ungenießbare gesammelt. Der Schatz und die Perle in den Gleichnissen sind eben kein fragloser Besitz ... und sie lebten glücklich bis an das Ende ihrer Tage. Happy ending.

2. Herrschaft Gottes

  • Das Evangelium und das Gleichnis reden nicht einfach nur von jenem Ende der Welt, wenn das Unkraut aussortiert wird. Das Gleichnis redet vom Himmelreich, vom Reich Gottes, also den Bereich, den ein Mensch betritt, der sich der Herrschaft Gottes anvertraut. Hier schon findet die Unterscheidung statt.

  • Was zeichnet das Himmelreich und diese Herrschaft aus? Freiheit. Genauer: Die Freiheit, alles loszulassen, um das eine, das wirklich zählt, zu haben. Und das ist wirklich einzigartig, wie der Schatz und die Perle – aber der Beginn und nicht das Ende.

  • Was beginnt und wo es beginnt hat viel mit der jeweiligen Lebenssituation zu tun. Wer Verpflichtungen eingegangen ist und für eine Familie und im Beruf Verantwortung hat, steht anders da, als ein junger Mensch, der mit seinem Leben radikal etwas neu anfangen will und den Weg Gottes dafür sucht. Und wieder anders ist es mit den nicht wenigen unter uns, die im hohen Alter stehen. Dort ist wirklich der erste Teil des Gleichnisses die Übung: loszulassen, aufzulösen, Geduld haben – und auf den Herrn hoffen, für den der Tod der Beginn des neuen Lebens ist. Jenseits der Achtzig starten die Wenigsten noch einmal durch.

3. Schätze

  • Das Haupthindernis ist oft, dass wir nicht wissen, was kommt. Die einzigartige Perle, der Schatz im Acker sind eben nicht so klar und eindeutig. Wir wollen und müssen für die Zukunft planen. Wenn wir das Alte aufgeben, werden wir gefragt werden – und uns fragen – was das Bessere ist, das kommt.

  • Oft muss ich sagen: Das weiß ich nicht, was kommt. Ich kann aber sehr wohl wissen, was jetzt das Richtige ist. Wenn ich mein Vertrauen auf Gott setze und nicht auf meine Strategien zu Erfolg und Lob, dann bin ich frei (oder zumindest: freier) zu erkennen, was jetzt das Richtige ist. Hier anzupacken, dort Nein zu sagen, da etwas zu wagen, weil sich sonst nie etwas ändert. Wenn das auf dem Prinzip und Fundament der Nachfolge geschieht, dann ist das keine rein weltliche Entscheidung. Ich schließe mich vielmehr Christus an, der sein Kreuz trägt.

  • Oft jedoch ist es gar nicht der heroische Akt, alles zu verkaufen, um den Schatz zu heben. Oft genug wird mir und uns genommen, was wir doch eigentlich behalten wollten. Solange es irgend geht, wollen wir nicht loslassen. Das ist so im Alter und ist so in einer alt gewordenen Kirche. Aber ist das nicht die eigentliche Herausforderung des Glaubens: zu vertrauen, dass Gott auch dort einen Schatz bereit hält? Das Vertrauen des Glaubens ist im Aufbruch. Aber eben auch dort, wo wir nicht mehr können. Das Ende ist in Gottes Hand. Amen.