Predigt zum 2. Sonntag nach Weihnachten 2010 (Epheser)
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03.01.2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. "Et kütt, wie et kütt"
- Derzeit beglückt man sich mit Wünschen für das neue Jahr.
Glücklich, erfolgreich, zufrieden, hauptsächlich voll Gesundheit
erfüllt und vielleicht sogar gesegnet soll es sein. All das ist in der
Tat jedem zu wünschen. Es wäre nur interessant, einen Maßstab
zu haben, um am Jahresende festzustellen, ob diese Wünsche nun wahr geworden
sind.
- Daher die Frage, was denn für jeden von uns das Ziel für das neue
Jahr und die Zukunft ist. Vielleicht gilt es manchen als besonders fromm,
sich gottergeben zu zeigen: Das Jahr werde, wie Gott es gebe. "Et kütt,
wie et kütt", sagt der Rheinländer, und es bleibt dabei offen, ob
das fromm gemeint ist.
- Irgendwie dürfte es auch an uns selber liegen. Wir sind nicht ganz
aus dem Spiel, wenn es um unsere Zukunft geht. Aber daneben gibt es halt doch
eine Menge anderer Faktoren. Wir leben nicht in einer Welt und schon gar nicht
in einer Gesellschaft, wo mit eigener Leistung allen alles möglich wäre.
Das Wort von der Leistungsgesellschaft führen meist die im Mund, die
ihr hohes Einkommen rechtfertigen wollen. Aber, wie gesagt, irgendwie dürfte
es auch an uns selber liegen, an dem was wir wollen, an dem, wie wir uns entscheiden,
und an dem, was wir mit eigener Anstrengung selbst tun. Ist die Zukunft als
eine Mischung aus eignem Bemühen, gesellschaftlichen Bedingungen und
dem Zufall, "Et kütt, wie et kütt"?
2. "Gott hat uns erwählt vor Erschaffung der Welt"
- Die Bibel bezieht in der Frage Position. Im Buch Jesus Sirach kommt die
Weisheit zu Wort: "Vor der Zeit, am Anfang, hat er mich erschaffen, und
bis in Ewigkeit vergehe ich nicht." Bevor Gott mit der Erschaffung der
Welt begonnen hat, soll das heißen, hatte Gott eine Idee, worauf das
Ganze hinauslaufen soll. Gott hat einen Plan und Gott ist hartnäckig,
wenn es darum geht, diesen Plan zu verfolgen.
- Wir spielen in diesem Plan eine Rolle: Gott, schreibt der Apostel Paulus,
"hat uns erwählt vor der Erschaffung der Welt". Mit "uns"
meint er jeden von uns. So sehr es an uns liegt, mitzuwirken am Plan Gottes,
so wenig ändert es daran, dass Gott seinen Plan hat. Paulus findet das
Anlass zur "Hoffnung" und sieht darin den Reichtum, den "die
Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt". Denn mit den "Heiligen"
sind wiederum wir gemeint: die Menschen, die Gott geheiligt hat, als er selbst
Mensch wurde.
- Gott selbst nämlich spielt in dem Plan eine Rolle. Er macht keine Blaupause
der Schöpfung und schaut dann von Ferne zu. Gott ist selbst Spieler im
Weltenspiel. Mehr noch: Er lässt mit sich spielen, wo irdische Machthaber
versuchen, die Spielregeln zu ihren Gunsten umzuschreiben. Von all dem spricht
der Prolog des Johannesevangeliums: Von dem Wort, das vor der Erschaffung
der Welt ist und das Gott selbst ist. Von dem Wort, das Fleisch geworden ist
- Mitspieler in dieser Welt, "aber die Welt erkannte ihn nicht",
sie rechnete ihn unter die Verbrecher und kreuzigte ihn. "Allen aber,
die ihn aufnehmen, gibt er Macht, Kinder Gottes zu werden".
3. "Das Licht leuchtet in der Finsternis"
- Was sind wir nun? Schachfiguren mit begrenztem Freigang? Mitspieler? Von
dem allumfassenden Plan Gottes für die Welt hören wir, und tappen
doch im Finstern, was unsere eigene Berufung und Rolle sein soll. Dabei wäre
das doch ein christlicher Neujahrwunsch: Ich wünsche dir, dass du erkennst,
was Gottes Plan für dich, ist und dass du dich darin wiederfindest mit
deiner Hoffnung und deinen Wünschen.
- In Gottes Plan und Weisheit kommt jeder von uns vor. Davon bin ich überzeugt.
Das Ziel nennt Paulus "heilig und untadelig leben vor Gott (...) zum Lob
seiner herrlichen Gnade". Wir dürften anders formulieren und doch
das selbe meinen: Das Ziel ist ein gelungenes Leben, in dem etwas von dem
widerscheint, was Gottes Liebe ist. Das ist dann auch das ganz private Glück
für mich. Das muss nicht immer so sein, wie ich es mir gewünscht
und vorgestellt habe. Wo wir gesund bleiben, könnte Gott uns Kräfte
schenken, Gutes zu tun, wo wir krank werden oder Not leiden, könnte uns
das Menschen näher bringen, die uns an ihrer Seite brauchen, wo Unrecht
geschieht, könnten wir wach werden, dem Unrecht zu wehren, wo es anders
läuft, als wir es uns dachten, könnte es sein, dass Gott uns auf
einem überraschend neuen Weg schickt, mehr zu Menschen zu werden, wie
er Mensch geworden ist. Denn er "hat unter uns gewohnt" und unser
Leben gelebt und erlitten.
- Am Anfang des Jahres steht die Erinnerung daran, dass diese Welt nicht dem
Zufall überlassen bleibt. Es gibt ein Ziel für diese Schöpfung
und es gibt ein Ziel für jeden einzelnen von uns. Für manchen wird
das neue Jahr Schicksalsschläge bereit halten, vielleicht Krankheit,
vielleicht sogar Tod. Manchen wird gelingen, was sie in diesem Jahr beginnen.
Manche werden ihre ganze Kraft brauchen, um ihre Arbeit zu tun, und ihre ganze
Liebe, um in ihren Beziehungen zu wachsen. Wenn wir aber einfach tun, was
jetzt und heute möglich ist, wenn wir uns nicht kirre machen lassen in
dem, was wir an Gutem vorhaben, wenn wir nicht vorläufigen Zielen, falscher
Macht und falschem Reichtum nachlaufen, sondern uns täglich fragen lassen,
was mehr der Liebe entspricht, dann wird die Weisheit Gottes in uns wirksam,
und dann werden wir das Licht sehen, dass selbst in größter Finsternis
leuchtet. Dann wird es ein gutes neues Jahr. Amen.